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# taz.de -- TTIP und Datenschutz: Der Kampf um die Datenhoheit
> Die USA machen mit persönlichen Daten ein Riesengeschäft. Sie versuchen,
> den Datenschutz in der EU über TTIP aufzuweichen.
Bild: Eine Demonstration gegen Vorratsdatenspeicherung und TTIP vor der Berline…
Wenn die Verhandlungen zu dem geplanten Freihandelsabkommen TTIP mit den
USA am heutigen Montag in die 10. Runde gehen, wollen die Chefunterhändler
auch über ein neues heikles Thema reden: den Umgang mit Daten, auch mit
persönlichen.
Das Verhandlungsmandat für die EU-Vertreter dürfte dabei klar sein. Denn
das Europaparlament hat sich dazu vergangene Woche explizit positioniert:
„Solange die pauschale Massenüberwachung nicht vollständig eingestellt und
eine angemessene Lösung für Datenschutzrechte der EU-Bürger gefunden wird“,
heißt es in der TTIP-Resolution, die die Abgeordneten verabschiedet haben,
sei die „Zustimmung des Europäischen Parlaments zu dem endgültigen
TTIP-Abkommen gefährdet“.
Der Schutz von persönlichen Daten ist eines der brisantesten Kapitel in dem
100-Seiten-Dokument, mit dem das Parlament der Kommission die rote Linie
vorgibt. Die Abgeordneten fordern, dass beispielsweise die Gesundheitsdaten
von EU-Bürgern nicht aus Europa heraustransferiert werden dürfen, wenn sich
die betreffenden Länder nicht an hiesige Datenschutzregeln halten. Zudem
soll TTIP eine Klausel enthalten, dass der Rechtsrahmen der EU zum Schutz
der persönlichen Daten nicht angetastet wird – „ohne jegliche Vorbedingung,
dass die Klausel mit anderen Teilen der TTIP im Einklang stehen muss“.
Der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, begrüßt
die Forderungen der Parlamentarier, warnt aber: „In der Praxis kann man
nicht klar unterscheiden, ob Datenschutzregeln oder Marktregeln greifen.“
Wenn etwa Daten, die in einer Cloud gespeichert sind, nicht in den USA
verarbeitet werden dürften, könnten US-Anbieter das als Handelshemmnis
werten – und mit diesem Argument könnten sie auf einen freien Fluss der
Daten drängen.
## Möglichst wenig Regeln
TTIP ist nicht das einzige Abkommen, in dem derzeit Regeln für den
Onlinehandel entwickelt werden: Tisa, das Trade in Services Agreement, soll
parallel den internationalen Austausch von Dienstleistungen neu regeln.
Zwei Dutzend Länder verhandeln derzeit über Finanzdienstleistungen,
Onlinehandel und andere Internetdienste. „Enthält TTIP auch nur eine
einzige Ausnahme beim Umgang mit persönlichen Daten, öffnet man damit eine
Türe, in die viele Länder hineinstürmen könnten“, warnt Weichert.
Der Handel mit Daten ist ein Riesengeschäft – vor allem für Unternehmen in
Ländern, die es mit dem Datenschutz nicht so genau nehmen, wie die USA.
Deshalb hätten US-Unternehmen, unterstützt von der US-Regierung, gerne
weltweit möglichst wenig Regeln.
Das bestätigt ein geheimes Papier aus dem Weißen Haus, das bei den
TiSA-Verhandlungen im Dezember an die Öffentlichkeit gelangte. Gut
informierten Kreisen zufolge ist dieser Kapitelentwurf identisch mit dem,
den die USA den Chefunterhändlern der EU bei den TTIP-Verhandlungen
vorgelegt haben.
Wortwörtlich heißt es darin: „Kein Unterzeichner darf einen Diensteanbieter
eines anderen Unterzeichners daran hindern, Informationen zu übertragen,
auf sie zuzugreifen, sie zu verarbeiten oder zu speichern. Das schließt
persönliche Daten mit ein, wenn der Vorgang in Zusammenhang mit der
Ausführung der Geschäfte des Diensteanbieters steht.“ Das würde einen
europäischen Datenschutz deutlich erschweren.
## Der Druck ist enorm
Jan Philipp Albrecht, Netzexperte der Grünen im Europaparlament, arbeitet
seit Jahren zum Thema Datenschutz. Ihm zufolge ist der Druck auf die
Kommission enorm. „Die USA versammeln derzeit Länder hinter sich, die ihren
Wunsch nach dem freien Datenfluss unterstützen“, sagt er.
Schon im Sommer will die USA mit asiatisch-pazifischen Ländern, die auch an
Tisa beteiligt sind, die Transpazifische Partnerschaft TPP verabschieden.
„Wenn man sich da auf eine Version einigt, bei der der Datenschutz zur
Disposition des Handels wird, dann steht die EU womöglich bei den
Tisa-Verhandlungen alleine da.“
Ihrem Mandat zufolge darf die Kommission zwar gar nicht über den
Datenschutz verhandeln – denn der ist in Europa ein Grundrecht. Doch das
Bundeswirtschaftsministerium bestätigt, dass sich Fragen der
Datenübermittlung nicht vollständig ausklammern lassen. Deshalb müsse die
Kommission jetzt „zügig handeln“, sagt Albrecht. Sie müsse in dieser
Verhandlungsrunde den Forderungen der EU-Parlamentarier nachkommen.
Schließlich seien Freihandelsabkommen und die europäische
Datenschutzgrundverordnung beide europäisches Gesetz und somit
gleichwertig. Käme es zu einer Kollision, müsste am Ende ein Richter über
den Umgang mit den Daten der EU-Bürger entscheiden.
13 Jul 2015
## AUTOREN
Julia Maria Amberger
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