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# taz.de -- TTIP-Abstimmung im Europa-Parlament: Die Industrie jubelt
> Das Gremium hat sich für die Klagerechte von Investoren im
> Freihandelsabkommen ausgesprochen. Die Kritiker sind empört.
Bild: Bei der Abstimmung im Parlament waren so einige dagegen
Berlin taz | Das Europäische Parlament hat sich am Mittwoch mit großer
Mehrheit für das geplante TTIP-Handelsabkommen zwischen EU und USA
ausgesprochen. Damit hat sich das Parlament auch zugunsten der besonders
umstrittenen Klagemöglichkeiten für Investoren positioniert. Die Industrie
freut das, TTIP-Skeptiker sind empört.
Über das Abkommen verhandeln Vertreter der EU-Kommission und der USA seit
2013. TTIP soll den mit 800 Millionen VerbraucherInnen größten
Wirtschaftsraum der Welt schaffen. Das Europäische Parlament wird in die
Verhandlungen nicht einbezogen. Es muss aber über den fertigen Vertrag
abstimmen. 447 Abgeordnete stimmten für die Resolution, 229 dagegen, 30
enthielten sich.
Ein zentraler Punkt der TTIP-Skeptiker ist die vorgesehene Möglichkeit für
Investoren, Staaten auf Schadensersatz zu verklagen, wenn Gesetze ihre
Gewinnaussichten einschränken. Diese privaten Schiedsgerichte zum
Investorenschutz (ISDS) hatten das Parlament über Monate beschäftigt, weil
viele Abgeordnete diese Klagemöglichkeiten für Anleger ablehnen – vor allem
Grüne und Linke, aber auch Sozialdemokraten. Konservative befürworten den
Investorenschutz dagegen energisch. Die ursprünglich für Juni vorgesehene
Abstimmung über die Resolution hatte Parlamentspräsident Martin Schulz
(SPD) kurzfristig verschoben, weil den Befürwortern der Schiedsgerichte
eine Niederlage drohte.
In der vergangenen Woche hatte Schulz mit Blick auf die Konservativen einen
Vorschlag vorgelegt, um eine Mehrheit in dieser Frage zu erreichen. Darin
wird zwar auf die privaten Schiedsgerichte verzichtet. Aber Investoren
sollen weiterhin Klagemöglichkeiten bekommen. Dafür soll ein „neues System�…
eingeführt werden. Für den Vorschlag von Schulz stimmten 436 Abgeordnete,
241 stimmten dagegen, 32 enthielten sich.
## Der DGB ist dafür
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht die Resolution als „Schritt in
die richtige Richtung“ an, fordert aber Nachbesserungen am
Investorenschutz. Voll und ganz zufrieden sind weite Teile der Industrie.
„Das Parlament ist der Vernunft gefolgt“, sagte Thilo Brodtmann,
Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau.
Die Grünen hatten mit einem eigenen Kompromissvorschlag vergebens versucht,
eine Mehrheit gegen die Schiedsgerichte und gegen Investorenklagen zu
bekommen. „Der Formelkompromiss des Parlamentspräsidenten führt die
Öffentlichkeit an der Nase herum“, sagte die grüne Europaabgeordnete Ska
Keller. Das „neue“ System, das vorgeschlagen wird, sehe weiterhin eine
einseitige Paralleljustiz nur für Investoren vor. „Es bleibt somit ISDS,
auch wenn es Martin Schulz im neuen Gewand präsentiert“, sagte sie. „Das
ist mehr Satire als Politik.“
Auch bei Organisationen und Naturschutzverbänden stößt die Resolution auf
Ablehnung. „Das ist ein schwarzer Tag für die europäische Demokratie“,
teilte Matthias Flieder von Greenpeace mit. Das Parlament habe sich für
Sondergerichte ausgesprochen, die sich jeder demokratischen Kontrolle
entzögen. Gleichzeitig würde durch die Klagemöglichkeit Druck auf
politische Entscheidungen ausgeübt. „Die heutige Entscheidung stellt
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit infrage“.
Auch TTIP-kritische Bündnisse sind enttäuscht. „Wir fordern die
Sozialdemokraten auf, in Zukunft keine schlechten Kompromisse mehr mit den
konservativen und neoliberalen Konzernfreunden im Parlament einzugehen“,
sagte Peter Fuchs von TTIPunfairHandelbar. Bemerkenswert sei aber, dass
einige sozialdemokratische Abgeordnete – unter anderem aus den
Niederlanden, Belgien, Frankreich, Österreich und Großbritannien – den
Schulz-Vorschlag abgelehnt hätten.
8 Jul 2015
## AUTOREN
Anja Krüger
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Freihandel
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