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# taz.de -- Einigung mit Bund und Bayern: Gurlitt will Raubkunst zurückgeben
> Der Kunstsammler Cornelius Gurlitt hat seine Meinung geändert. Er will
> die umstrittenen Bilder untersuchen lassen und Raubkunst an die Erben
> abtreten.
Bild: In Gurlitts Salzburger Haus wurden 180 Bilder gefunden, die im Raubkunst-…
BERLIN taz | Wie Bund, der Freistaat Bayern und der Kunstsammler Cornelius
Gurlitt am Montag mitteilten, will der Kunsterbe weitere Forschungen zu den
Bildern aus der Hinterlassenschaft seines Vaters zulassen, um dem Verdacht
auf NS-Raubkunst nachzugehen.
Im vergangenen November wurde bekannt, dass bereits 2012 in der Schwabinger
Wohnung von Cornelius Gurlitt, Sohn des in den 50er Jahren verstorbenen
Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt, rund 1.400 Kunstwerke beschlagnahmt
wurden.
Wie Kulturstaatsministerin Monika Grütters dem 3sat-Magazin „Kulturzeit“
sagte, verpflichte er sich zur freiwilligen Rückgabe der infrage kommenden
Raubkunstbilder. „Wir sind sehr froh, dass wir mit Herrn Gurlitt und seinen
Anwälten einen Vertrag abschließen konnten, unabhängig vom laufenden
Strafverfahren.“ Das darf man ihr gern glauben, denn das gegen Gurlitt
eingeleitete Verfahren wegen angeblicher Verkürzung der Einfuhrumsatzsteuer
wird in der Sache nicht weiterführen.
Wie der Anwalt von Cornelius Gurlitt, Christoph Edel, am Montag in München
mitteilte, fordert nun ein weiterer Antragsteller das Gemälde „Sitzende
Frau“ von Henri Matisse aus der Sammlung Gurlitt zurück.
Eigentlich stand die Rückgabe des Bildes an die Erben des jüdischen
Kunsthändlers Paul Rosenberg kurz bevor – jetzt wird sie sich zumindest
verzögern. Er sehe sich vor diesem Hintergrund rechtlich verpflichtet, vor
Herausgabe des Bildes erst die Ansprüche des neuen Anspruchstellers zu
überprüfen, betonte Edel. Täte er es nicht, machte er sich als gerichtlich
bestellter Betreuer persönlich schadenersatzpflichtig, sollte das Bild
irrtümlicherweise nicht herausgegeben werden.
## Gurlitt lässt forschen
Wie die Meldung des Tages zeigt, stehen ganz andere Fragen im Raum.
Provenienzforschung, also die Klärung, in wessen Besitz ein Kunstwerk zu
einem bestimmten Zeitpunkt war, steht ganz oben auf der Rangliste. Eine von
der Bundesregierung beauftragte Taskforce will diese Herkulesarbeit
innerhalb eines Jahres leisten. Die Kosten dafür teilen sich die
Bundesregierung und der Freistaat Bayern je zur Hälfte.
Gurlitt, der inzwischen selbst Provenienzforscher beauftragt hat, seine in
Salzburg aufgefundenen rund 180 Kunstwerke zu erforschen, darf einen
Wissenschaftler in die bislang 14 Mann starke Taskforce entsenden. Er
dürfte auch seine Salzburger Bilder von der Taskforce überprüfen lassen und
somit Kosten sparen. Mit der jetzt getroffenen Vereinbarung wird die
Beschlagnahmung seiner Bilder aufgehoben. Was mit dem Kunstschatz passiert,
wenn er jetzt an Cornelius Gurlitt zurückgeht, ist noch nicht klar. Die
Überlegungen gehen dahin, dass der schwerkranke 81-Jährige eine Stiftung
gründet oder die Kunstwerke an ein Museum gibt.
Insofern der Fall Gurlitt Forderungen nach neuen Gesetzen provoziert hat,
darf man jetzt entspannter reagieren. Die Kunstsammlung, die Cornelius
Gurlitts Vater Hildebrand, ein mit den Nazis liierter Kunsthändler vor
allem während der NS-Zeit aufgebaut hatte, musste bei ihrer Entdeckung 2012
den Verdacht wecken, auch NS-verfolgungsbedingt entzogene Kunstwerke zu
beinhalten.
Da Cornelius Gurlitt sich zunächst weigerte, darüber ins Gespräch zu treten
und als Privatperson nicht der Washingtoner Erklärung unterlag, die eine
Verpflichtung zur Zurückgabe während der NS-Zeit unrechtmäßig entwendeter
Kunstwerke vorsieht, meinte man, das Problem von Raubkunst in Privatbesitz
über Gesetzesänderungen, etwa der Verjährungsfristen, angehen zu können.
Allem Ermessen nach ist das aber gar nicht nötig.
Wie der Fall Gurlitt zeigt, sind Privatsammler bzw. deren Erben durchaus
gewillt, den Forderungen der Washingtoner Erklärung nachzukommen, sofern
sie richtig angesprochen und in die Diskussion eingebunden werden. Nicht
unbedingt aus moralischen, eher aus pragmatischen Gründen: Als Raubkunst
identifizierte oder verdächtigte Kunstwerke - und also solche müssen
zunächst alle Kunstwerke der klassischen Moderne und der Avantgarde gelten,
ohne einen nachvollziehbaren Provenienznachweis - kann der Markt inzwischen
nicht mehr vermitteln.
7 Apr 2014
## AUTOREN
Brigitte Werneburg
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Kunstbetrieb
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