# taz.de -- Rückgabe von NS-Raubkunst: Die Freiheit der Kunst | |
> Wer wissentlich Raubkunst besitzt, soll sich bei einem Rechtsstreit nicht | |
> mehr auf eine Verjährungsfrist berufen können. Das fordert der Freistaat | |
> Bayern im Bundesrat. | |
Bild: Dieses Bild des Malers Lovis Corinth könnte NS-Raubkunst sein. | |
BERLIN dpa | Der Freistaat Bayern hat im Bundesrat eine Ende der | |
Verjährungsfristen bei Fällen von NS-Raubkunst vorgeschlagen. Nach der | |
Entdeckung der Sammlung Gurlitt in München sei deutlich geworden, dass für | |
die Eigentümer geraubter Kunstwerke und deren Erben eine rasche und | |
pragmatische Lösung notwendig sei, sagte Bayerns Justizminister Winfried | |
Bausback (CSU) am Freitag in Berlin. | |
Die Gesetzesänderung soll nur für künftige Fälle gelten. Wer wissentlich | |
Raubkunst besitzt, soll sich bei einem Rechtsstreit nicht mehr auf eine | |
Verjährungsfrist berufen können. Bisher erlischt der Anspruch auf Rückgabe | |
gestohlener Werke nach 30 Jahren. | |
„Wir haben eine Lösung gefunden, die verfassungsrechtlich möglich ist“, | |
sagte Bausback im Bundesrat. Man könne die Diskussion um Raubkunst, wie es | |
in Deutschland üblich sei, grundsätzlich angehen und zum Beispiel ein | |
Restitutionsgesetz in die Wege leiten. | |
Doch das Problem lasse sich nicht weiter hinauszögern. Die Bundesrepublik | |
stehe nach dem Schwabinger Kunstfund unter internationaler Beobachtung beim | |
Umgang mit NS-Raubkunst, sagte der Minister. | |
Nach der heutigen Gesetzeslage kann ein aktueller Besitzer von gestohlenem | |
Kulturgut eine Herausgabe nach 30 Jahren selbst dann verweigern, wenn er | |
sich die Werke auf unredliche Weise verschafft hat. Damit werde NS-Unrecht | |
auf Dauer festgeschrieben, sagte Bausback. | |
## Bösgläubigkeit anhand objektiver Umstände | |
Er zitierte dabei den Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses (WJC), | |
Ronald S. Lauder: „Die gestohlenen Werke sind die letzten Gefangenen des | |
Zweiten Weltkriegs.“ Auch Lauder hatte ein Ende der Verjährung gefordert. | |
Der heutige Besitzer eines Kunstwerks sollte sich in Zukunft nicht mehr auf | |
Verjährung berufen können, wenn er wisse, dass das Werk einem jüdischen | |
Sammler in der NS-Zeit abgepresst wurde. | |
Es gebe Möglichkeiten, eine solche Bösgläubigkeit anhand objektiver | |
Umstände nachzuweisen, hatte Bausback in einem dpa-Interview gesagt und | |
ergänzt: „Wir können niemandem den Nachweis ersparen, dass er Eigentümer | |
ist, und wir können meines Erachtens auch den Nachweis der Bösgläubigkeit | |
nicht ersparen.“ | |
Der bayerische Vorstoß wird unter den Ländern allgemein positiv | |
aufgenommen. Allerdings bestehen bei einigen Juristen Bedenken über den | |
vorgeschlagenen Weg. Darüber soll nun in den Ausschüssen beraten werden. | |
Doch es gab auch offene Kritik. Die Hamburger Kultursenatorin Barbara | |
Kisseler (parteilos) hatte den Vorstoß unangemessen genannt. Das Thema | |
eigne sich nicht für „Schnellschüsse und Skandalisierung“. | |
Die Länder wollen die Suche nach gestohlenen Werken deutlich ausbauen und | |
mit Personal ihre Sammlungen nach gestohlenen Werken durchsuchen. Bei der | |
Provenienzforschung hoffen sie dabei auf Unterstützung der neuen | |
Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Die CDU-Politikerin hatte mehr | |
Mittel dafür angekündigt. | |
14 Feb 2014 | |
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