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# taz.de -- Gesetzentwurf zu E-Mobilität: E-Autos mit Ladehemmung
> 2020 sollen eine Millionen E-Autos durch Deutschland fahren – derzeit
> sind es 23.000. Die Regierung will jetzt mehr Anreize schaffen. Es wird
> kaum klappen.
Bild: Laden statt tanken – und dann noch auf der Busspur fahren
BERLIN taz | Die Bundesregierung will noch im Sommer ein
Elektromobilitätsgesetz beschließen. Ab dem 1. Februar 2015 könnten
Kommunen aufgrund der geplanten Neuregelung Elektrofahrzeugen im Verkehr
Privilegien einräumen. Das geht aus einem Referentenentwurf des Verkehrs-
und des Umweltministeriums hervor, der der taz vorliegt.
Einen Zuschuss für den Kauf von E-Mobilen oder anderweitige substanzielle
finanzielle Anreize sieht das Papier nicht vor. Dafür dürfen Kommunen
künftig Busspuren für saubere Autos freigeben. Damit sind neben E-Mobilen
auch Hybridfahrzeuge gemeint, die von außen aufgeladen werden können, sowie
Autos mit Brennstoffzellenantrieb.
Dieser Vorzug ist jedoch umstritten. So befürchtet der Verband Deutscher
Verkehrsunternehmen (VDV) dadurch gravierende Nachteile für den
öffentlichen Nahverkehr. „Mehr Verkehr auf den Busspuren würde die
Leistungsfähigkeit des Nahverkehrs beeinträchtigen“, warnt
Verbandssprecherin Rahime Algan. Seine Ablehnung hat der VDV bereits per
Brief an die beiden zuständigen Minister übermittelt.
Noch deutlicher wird die Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Sigrid
Nikutta. Sie benannte vor Kurzem auf einer Tagung zwei gravierende
Nachteile der Elektroautos. „Sie brauchen freie Straßen und Parkplätze“, …
Nikutta, „von beidem haben wir in Berlin zu wenig.“ Schon jetzt sind die
100 Kilometer messenden Busspuren in der Bundeshauptstadt laut BVG oft
durch den Fahrradverkehr überlastet. Damit ist Berlin nach Einschätzung des
VDV kein Sonderfall. Algan ist sicher: „Viele Kommunen werden eine eher
kritische Haltung einnehmen.“
## Freie Fahrt ohne Abgase
Neben einer freien Fahrt auf Busspuren sieht der Gesetzesentwurf der beiden
Ministerien weitere, weniger umstrittene Privilegien vor. Städte und
Gemeinden dürfen Parkplätze an Ladesäulen für die abgasfreien Autos
reservieren oder kostenlose Parkplätze anbieten. Dort, wo die Durchfahrt
für herkömmliche Fahrzeuge verboten ist, um die Anwohner vor Abgasen oder
Lärm zu schützen, dürfen E-Mobile, die weder Abgase hinterlassen noch
Motorengeräusche erzeugen, freie Fahrt erhalten. Die Entscheidung darüber
soll in den jeweiligen Kommunen getroffen werden.
Damit die Begünstigungen auch einzig den Fahrern von sauberen Fahrzeugen
zugutekommen, soll ein gesondertes Kennzeichen für E-Mobile eingeführt
werden. Im Ausland zugelassene Elektroautos sollen eine Plakette erhalten,
die sie als umweltfreundlich ausweist. So können die Beschäftigten der
Ordnungsämter schnell erkennen, ob das Auto auf dem E-Parkplatz auch
tatsächlich dort stehen darf.
Die Zahl der Betroffenen ist dabei zumindest bisher sehr überschaubar: Von
den 53 Millionen Kraftfahrzeugen, die derzeit in der Bundesrepublik
zugelassen sind, würden gerade einmal 23.881 unter die Begriffsbestimmung
des Gesetzentwurfs fallen. Darunter sind fast 6.000 Motorräder, 15.000
Autos, 3.000 Lastkraftwagen sowie gut 100 Busse und einige Zugmaschinen.
Zwei Drittel der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge gehören
Gewerbebetrieben.
## Fehlende Anreize zum Kauf
Trotz dieser nach wie vor geringen Verbreitung von Elektromobilen hält die
Bundesregierung an ihren bisherigen Plänen zur Verbreitung dieser Art von
Autos fest. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen 1 Million saubere
Kraftfahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs sein. Es sei zu erwarten,
„dass die Anzahl an Neuzulassungen mit elektrischem Antrieb in den
kommenden Jahren überproportional ansteigen wird“, heißt es im Text des
Gesetzentwurfs. Rechnerisch geht das Bundesverkehrsministerium von 140.000
Neuzulassungen in jedem Jahr bis 2020 aus.
Diese Zuversicht teilen allerdings weder Umweltschützer noch die
Wirtschaft. „Das ist ein wichtiger Schritt“, so der Chef des Verbandes der
Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, „weitere müssen rasch folgen.“
Die Autobauer fordern für den Kauf von E-Mobilen zwar keinen direkten
Zuschuss mehr – doch ohne weitere Anreize für die Anschaffung der teureren
Fahrzeuge werde das Ziel, Leitmarkt für diese Technologien zu werden, nicht
erreicht. Vor allem Firmenkunden will der VDA durch steuerliche Anreize zum
Kauf anspornen, indem die Abschreibungsbedingungen für neue Elektromobile
besonders günstig gestaltet werden.
Sehr enttäuscht von den Regierungsplänen zeigt sich der Verkehrsclub
Deutschland (VCD). Die Inhalt des Referentenentwurfs entsprächen mehr
blindem Aktionismus als einem strategisch überlegten, an Klimaschutzzielen
ausgerichteten Handeln. „Zusätzlich Fahrzeuge verstopfen Busspuren und
halten in der Folge die Menschen davon ab, den umweltfreundlichen
Nahverkehr oder das Fahrrad zu nutzen“, erklärt der verkehrspolitische
Sprecher des Verkehrsclubs, Gerd Lottsiepen. Zudem kritisiert der Verband,
dass Privilegien wie reservierte Parkplätze nur für Elektromobile statt
auch für Car-Sharing-Autos gelten sollen. Gerade Letztere seien aber
ökologisch sinnvoll.
5 Aug 2014
## AUTOREN
Wolfgang Mulke
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