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# taz.de -- Carsharing mit Elektroautos: Der Kampf gegen die Akku-Angst
> Ein Elektroauto fährt mit einer Akkuladung nur gut 130 Kilometer. Neue
> Ladestationen im Umland von Erfurt sollen das ändern.
Bild: Vier Sitze, eine Batterie: ein Citroën C-Zero in Flinkster-Lackierung.
ERFURT taz | Die beiden rot-weiß-grau lackierten Citroën C-Zero am
Haupteingang zur Tiefgarage vor dem Erfurter Hauptbahnhof gehören zum
„e-Flinkster“-System der Deutschen Bahn. Dieses bietet an 800 Bahnhöfen,
Flughäfen und Verkehrsknotenpunkten Carsharing mit Elektroautos an.
Was man den beiden Flitzern mit dem 49-kW-Elektromotor nicht ansieht, ist
ihre Einbindung in ein spezielles Thüringer Pilotprojekt namens
„Elektromobiles Thüringen in der Fläche“, kurz Emotif. Es geht um
elektrische Anschlussmobilität in die Umgebung von Städten vor allem für
Besucher und Touristen.
Das Projekt hat mehrere Eltern. „Wir haben schon vor vier oder fünf Jahren
ein besonderes Interesse an der Elektromobilität entwickelt“, berichtet
Ingenieur Sebastian Sommer vom Institut Verkehr und Raum an der
Fachhochschule Erfurt. Hier wird Emotif koordiniert.
Das Interesse der Hochschule traf sich mit der Elektromobilitätsstrategie
der Bundesregierung, bis 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen zu
platzieren. Das Bundesverkehrsministerium fördert das Thüringer Projekt mit
720.000 Euro. Entwickelt wurde das Projektkonzept zusammen mit dem
Thüringer Verkehrsministerium.
## Was für Idealisten
Das auf zwei Jahre angelegte Forschungsvorhaben startete eigentlich schon
am 1. Oktober 2012. Nach der Vorbereitungsphase wurde erst ein Jahr später
der Carsharingbetrieb aufgenommen, und ein halbes Jahr vor Auslaufen des
Projekts kann Sebastian Sommer über erste, allerdings ambivalente
Erfahrungen berichten.
Erklärte Absicht ist es vor allem, die Nutzung des Elektroautos über die
Städte hinaus auf das in Thüringen gar nicht so flache Land zu erweitern.
Zu erfahren, „wie weit sich die Nutzer von der Steckdose wegtrauen“, wie
Sommer sagt. Darüber gibt es bislang wenige Erkenntnisse, weite Strecken
mit dem Elektroantrieb seien bislang eher „etwas für Idealisten“. Animieren
will man dazu Touristen, Technikinteressierte und Neugierige.
Dazu stehen an den Bahnhöfen von Erfurt, Weimar, Jena und Eisenach jeweils
zwei Flinkster-Fahrzeuge vom Kooperationspartner DB bereit. Allzu weit
kommt ein voll aufgeladener C-Zero nicht. Bei ökonomischer Fahrweise sind
es etwa 130 Kilometer. Manche wollen aber auch mit 130 Kilometern pro
Stunde über die autobahn donnern und fürchten dann, der Akku würde nicht
weit reichen.
Diese „Reichweitenangst“ kennt Jörn Flaig, ein Kollege von Sommer an der
Fachhochschule, eigentlich nicht. Denn er nutzt das relativ kleine Fahrzeug
wie ein gewöhnliches Carsharingauto eben auf der Kurzstrecke. Im
Mittelpunkt stand bei ihm allerdings die Neugier auf das neue Fahrgefühl.
Die sehr unmittelbare Reaktion des Wagens auf das Gaspedal gehört dazu,
auch das Überlegenheitsgefühl beim scharfen Start an der Ampel, geschaltet
werden muss nicht.
## Nun kommen Ladestationen mit Gratisstrom
Das Reichweitenproblem will Emotif mit einem Anreiz verknüpfen. An viel
besuchten Attraktionen wie der Leuchtenburg oder dem Burgenensemble der
„Drei Gleichen“ an der A 4 sollen Ladestationen eingerichtet werden. Den
prinzipiellen Nachteil des Elektroautos aber können auch sie nicht
beseitigen.
Ein voller Ladezyklus für den Lithium-Ionen-Akku mit 16 kWh Kapazität
dauert bis zu acht Stunden. Spezielle Schnellladestationen mit 400 Volt
Gleichspannung und 125 Ampere Ladestrom gibt es kaum. Attraktiv ist, dass
die Stromkosten bei diesem Projekt vom Betreiber gezahlt werden. Dem Kunden
bleiben die Mietpreise, die nach Stunden abgerechnet werden. Beim Citroën
sind das nachts 1,50 Euro, tags 5 Euro.
Die Stromkosten werden laut Betreiber nach Ökotarif abgerechnet. Doch Ralf
Göring vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Thüringen hat
darüber in keiner Quelle bislang etwas gefunden. Ihn stört auch die
umständliche Erstanmeldung. „Das kann eine Stunde dauern, bis man über das
Internet oder vom richtigen Beamten am Schalter eine Bestätigung erhalten
hat“, sagt er aus Erfahrung. Wer keine Bahncard besitzt, zahlt dafür
außerdem 50 Euro. Das ist für spontan entschlossene Reisende nicht gerade
attraktiv. „Ist man einmal Kunde, sitzt man aber spätestens nach zehn
Minuten im Auto“, weiß Jörn Flaig.
Die ersten Monate seit Oktober 2013 liefen sehr langsam an, was
Projektbetreuer Sebastian Sommer der Winterflaute zuschiebt. Auch Werbung
wie durch die Erfurt Tourismus und Marketing GmbH braucht ihre Zeit. Jetzt
steigen die Nutzerzahlen, aber die Auslastung des Angebots liege noch bei
ausbaufähigen 10 Prozent, räumt er ein. Das sei aber bei der Konkurrenz von
rund 20 „Teil-Auto“-Stationen in Erfurt normal. Durchschnittlich vier
Stunden wird ein Elektroauto genutzt. Jeder Fahrer wird gebeten, einen
Fragebogen auszufüllen. Im Herbst dieses Jahres wird die Fachhochschule
Erfurt auswerten können, ob sich das Projekt gelohnt hat und ob die
Akzeptanz der Elektromobilität damit ein Stückchen gewachsen ist.
Testfahrt und Kalkulation zum Citroën C-Zero: bei [1][Heise Autos].
28 Apr 2014
## LINKS
[1] http://www.heise.de/autos/artikel/Citroen-C-Zero-Fahreindruecke-von-dem-E-A…
## AUTOREN
Michael Bartsch
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