# taz.de -- Messe in Detroit: E-Autos erobern den Markt | |
> Mit immer mehr Modellen wollen die Konzerne dem Elektroauto zum | |
> Durchbruch verhelfen. China übernimmt nun eine Vorreiterrolle. | |
Bild: Die Autohersteller stellen nach und nach ihre Produktion auf E-Fahrzeuge … | |
„Hast du Akku?“ Diese Frage, von Smartphone-Besitzern derzeit häufig | |
gestellt, ist zwar falsches Deutsch, aber sie ist inhaltlich nicht | |
unbegründet. Denn in diesen kalten Tagen in Deutschland sinkt die | |
Leistungsfähigkeit elektrischer Batterien rapide. Jeder Autofahrer kennt | |
die Sorge, ob er nach einer sibirisch kalten Nacht den Motor noch starten | |
kann. | |
Für Elektroauto-Besitzer kommt es noch dicker: Weil die Batterie nicht nur | |
zum Starten, sondern auch für den Antrieb und die Heizung gebraucht wird, | |
nimmt die Reichweite der Fahrzeuge rapide ab. Reichweiten von 400 und mehr | |
Kilometern, die manche Hersteller für reine Elektroautos angeben, lassen | |
sich derzeit ohnehin nur im Labor erzielen – beim offiziellen Test, der im | |
Zuge des Dieselabgas-Skandals zu Recht in Misskredit geraten ist. | |
Dennoch ist mittel- und langfristig die Zukunft des Autofahrens elektrisch; | |
davon sind zumindest die Politik und die Konzerne überzeugt. Auf der ersten | |
wichtigen Automesse des Jahres in Detroit, die derzeit läuft, kündigen die | |
großen Hersteller an, immer mehr E-Autos auf den Markt zu bringen. Dabei | |
haben sie nicht nur Privatkunden im Visier, sondern auch Behörden. So plant | |
beispielsweise Ford, zwei neue Polizeimodelle mit Hybrid-Antrieb auf den | |
Markt zu bringen. Das ist konsequent: Wenn bei der rasanten Verbrecherjagd | |
die Batterie schneller als erwartet leer ist, hilft ein Benzinmotor. | |
Weiterer Trend auf der Messe in Detroit: das autonome Fahren. Besonders | |
hart umkämpft ist dieser Markt in den USA, wo manche Bundesstaaten autonom | |
fahrenden Autos weitgehend freie Fahrt lassen. Neben dem Internetkonzern | |
Google haben auch große Autohersteller bereits Prototypen produziert. Aber | |
ihr Marktdurchbruch geht nicht von heute auf morgen. | |
„Es wird noch ungefähr zwei Autogenerationen dauern“, schätzt Autoexperte | |
Andreas Keßler. „Aber in 15 bis 20 Jahren werden autonom fahrende Autos | |
keine Seltenheit mehr sein.“ Im Nutzfahrzeugbereich werde dies schneller | |
gehen. „Gerade für Standardfahraufgaben bringt das autonome Fahren ohne | |
Zweifel Vorteile.“ | |
## Nahezu emissionsfrei | |
Zunächst aber steht der Wechsel hin zu mehr Fahrzeugen mit Elektroantrieben | |
im Vordergrund. Der umweltpolitische Vorteil von E-Autos liegt auf der | |
Hand: Die Antriebsenergie lässt sich regenerativ erzeugen, und im Betrieb | |
fahren sie nahezu emissionsfrei, wenn man einmal von Feinstaub durch | |
Reifenabrieb und Staubaufwirbelung absieht. Vor allem für große Städte und | |
Ballungsräume sind sie daher interessant. | |
In Großstädten wie London, Paris, Madrid oder Mexiko-Stadt sind Verbote für | |
Diesel und Benziner bereits in Planung; zudem hat China, wo in vielen | |
Städten extremer Wintersmog herrscht, bereits eine Quote für E-Autos | |
angekündigt. Und in Norwegen, das ein Großteil seines Wohlstands dem | |
Verkauf fossiler Brennstoffe verdankt, wird bereits ein generelles Verbot | |
von Verbrennungsmotoren ab 2025 gefordert. Schon jetzt ist das | |
skandinavische Land, das keine Rücksicht auf eine heimische Autoindustrie | |
nehmen muss, führend bei der Auto-Elektromobilität in Europa. | |
Die Unternehmensberatung Roland Berger hat die Elektroautostrategie der | |
sieben führenden Automobilnationen Deutschland, Frankreich, Italien, USA, | |
Japan, China und Südkorea verglichen. „Insgesamt zeigt unsere Marktanalyse, | |
dass alle Länder intensiv an der Elektrifizierung des Automobils arbeiten, | |
wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten“, sagt Analyst Alexander | |
Busse. „Der Preisverfall bei Lithium-Ionen-Batterien und die Einführung | |
neuer Zellgenerationen bewirken, dass die Autohersteller ihr Angebot um | |
E-Autos mit höherer Reichweite ergänzen und so mittelfristig ihren | |
Modellmix in diese Richtung verschieben.“ | |
Unter den großen Auto-Nationen ist China dabei am weitesten – dank | |
staatlicher Förderung, dem politischen Druck aus den smogverseuchten | |
Ballungszentren und dem Zugang zu den nötigen Rohstoffen. Neben 95 Prozent | |
der weltweiten Grafit-Reserven liegen auch weitere wichtige Rohstoffe zur | |
Batterieproduktion in China. | |
„Der chinesische Markt für E-Mobilität wird zu über 90 Prozent mit | |
Lithium-Ionen-Zellen aus lokaler Fertigung bedient“, sagt | |
Roland-Berger-Analyst Wolfgang Bernhart. „Hier wirkt sich aus, dass China | |
die lokale Produktion staatlich fördert, während ausländischen | |
Zellherstellern meist noch die Zulassung für eine lokale Produktion fehlt.“ | |
Deshalb besetzten chinesische Zellhersteller Spitzenplätze, auch beim | |
Anteil an der globalen Fertigung von Batteriezellen. | |
Eine Folge davon ist schon zu sehen: In China hat sich der Absatz von | |
E-Autos im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. | |
Insgesamt übersteigt der Marktanteil von E-Autos in den großen | |
Auto-Nationen, die voranschreiten müssten, bislang aber nur in China und | |
Frankreich die 1-Prozent-Marke. | |
## Verpflichtende Quote | |
Bleibt also noch viel zu tun. Insbesondere in Deutschland, wo nach dem Ziel | |
der Bundesregierung im Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf den Straßen | |
unterwegs sein sollen. Zwar fördert die Bundesregierung den Kauf von | |
E-Autos seit einem halben Jahr mit einer Prämie. Dieses staatliche Geschenk | |
wurde bisher aber nur 9.000-mal angenommen. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr | |
wurden mehr als 3,3 Millionen Pkws neu zugelassen. | |
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) bringt deshalb eine | |
verpflichtende Quote ins Gespräch. „Die Quote wird die Hersteller auch dazu | |
bewegen, endlich Modelle anzubieten, die für Normalverdiener erschwinglich | |
sind.“ Damit legt Hendricks den Finger in die Wunde: Für die meisten | |
Verbraucher stimmt einfach das Preis-Leistungs-Verhältnis der E-Autos noch | |
nicht. Nicht nur im Winter. | |
10 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
Daniel Böldt | |
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