# taz.de -- Chinas globales Handelsnetz: Peking erfindet die Seidenstraße neu | |
> China baut an einem gigantischen eurasischen Handelsnetz unter seiner | |
> Kontrolle. Dabei spielt eine legendäre alte Route eine wichtige Rolle. | |
Bild: Seide soll die neue geopolitische Strategie beflügeln – mit ihrem gute… | |
PEKING taz | Ihren Namen erhielt sie von dem edlen Stoff, den | |
Kamel-Karawanen mehr als tausend Jahre lang vom Reich der Mitte in die | |
europäischen Mittelmeerländer transportierten: Seide, die nur in China | |
hergestellt wurde. | |
Aber Kriege in Zentralasien, das finstere Mittelalter in Europa und | |
politisch wirre Zeiten auch in China führten zum Niedergang der einst | |
längsten Handelsroute der Welt. Nun will China die legendäre Seidenstraße | |
wiederbeleben – und zwar unter seiner Kontrolle. | |
Pekings Vision geht von zwei Routen aus. Die eine erstreckt sich von China | |
über die zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, | |
Tadschikistan, Kirgistan und sogar den Iran bis nach Europa. Sie ist damit | |
ziemlich deckungsgleich mit der historischen Seidenstraße, die einst das | |
Reich der Mitte mit dem Römischen Reich verband. | |
Derzeit investiert Peking gigantische Summen vor allem in den Ausbau des | |
transkontinentalen Güterzugverkehrs. Die chinesischen Metropolen Chengdu, | |
Zhengzhou, Xi’an und Shenyang sind bereits mit Istanbul, Duisburg, Hamburg | |
oder Rotterdam verbunden. Weitere Verbindungen nach Europa sollen folgen. | |
## Gigantische Hafenanlagen | |
Die zweite, sogenannte maritime Seidenstraße führt über das Südchinesische | |
Meer, den Indischen Ozean nach Afrika und in den Nahen Osten, ans Rote Meer | |
und über den Suezkanal bis ins Mittelmeer. Diese Route gehört zwar auch | |
jetzt schon zu den am häufigsten genutzten Handelswegen der Welt. Doch die | |
meisten Umschlagplätze auf dieser Strecke befinden sich in der Hand anderer | |
Länder. China will sich seine eigenen Standorte schaffen. | |
So bauen und sponsern die Chinesen gigantische Hafenanlagen entlang der | |
Route. In Colombo etwa, der Hauptstadt Sri Lankas, hat die chinesische | |
Führung umgerechnet rund 1,1 Milliarden Euro dafür zur Verfügung gestellt, | |
die größte bisher in dem Inselstaat getätigte ausländische | |
Direktinvestition. China fördert zudem den Ausbau der Häfen in Kalkutta, | |
Yangon und Nairobi. Auch der Kauf des griechischen Hafens Piräus gehört zu | |
dem ehrgeizigen Plan. | |
Doch bei der Revitalisierung der Seidenstraße geht es der Volksrepublik | |
keineswegs nur um schnellere Handelsverbindungen nach Europa. Die | |
chinesische Führung hat auch die zentralasiatischen Länder mit ihren | |
Ressourcen im Blick. | |
Unter den Ländern mit den größten Ölvorkommen rangiert Kasachstan auf Platz | |
10. Daher hat China bereits eine rund 3.000 Kilometer lange Pipeline | |
zwischen der nordwestlichen Provinz Xinjiang und dem Kaspischen Meer quer | |
durch das rohstoffreiche Land gelegt. Weitere sind im Bau. | |
## Kampf um die Hoheit in Zentralasien | |
Zwar haben auch die Europäer und allen voran die US-Amerikaner das | |
wirtschaftliche und strategische Potenzial der zentralasiatischen Länder | |
entdeckt. Chinas größter Konkurrent ist aber nicht der Westen, sondern | |
Russland. Offiziell sind Peking und Moskau um gute Beziehungen bemüht. Doch | |
hinter den Kulissen tobt bereits seit einigen Jahren der Kampf um die | |
Hoheit in der Region. | |
Kulturell fühlen sich die meisten zentralasiatischen Länder derzeit eher | |
Russland verbunden. In den Städten leben viele Russen, es wird auch noch | |
viel Russisch gesprochen. Doch die Chinesen holen rasch auf. Kirgistans | |
Wirtschaft beruht bereits zu 15 Prozent auf den Handel mit China. | |
Ähnlich hoch liegt der Anteil in Kasachstan und Tadschikistan. „China ist | |
inzwischen der zentrale wirtschaftliche Akteur in Zentralasien“, heißt es | |
in einer [1][Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik] über „Chinas | |
neue Seidenstraßeninitiative“. | |
Es gibt jedoch einen Haken für die Chinesen. Zwar begrüßen die zumeist | |
ebenfalls autoritären Regimes in den zentralasiatischen Staaten Chinas | |
Engagement zwar, nicht aber die Bevölkerung. Sie beklagt das oft ruppige | |
Vorgehen der chinesischen Geschäftsleute. So droht China das sogenannte | |
Myanmar-Syndrom: Solange die Militärjunta das südostasiatische Land mit | |
harter Hand regierte, waren die Investoren aus dem Reich der Mitte | |
willkommen. Seitdem das Regime aber die Zügel gelockert hat, wächst der | |
Unmut der dortigen Bevölkerung gegen China. | |
1 Jan 2015 | |
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## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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