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# taz.de -- Freihandelszone Iskandar in Malaysia: Von Chinesen für Chinesen
> Die malaysische Freihandelszone ist ein gigantisches Zukunftsprojekt mit
> Modellstadt und Fun-Parks. Wer hat was davon?
Bild: „Und wir wohnen dann oben in dem Termitenhaufen“: Chinesische Tourist…
Singapur taz | Was kommt dabei heraus, wenn chinesische Baukonzerne eine
Stadt der Zukunft an eine der jetzt schon führenden Städte dieser Welt
anbauen? Antwort: Forest City.
Wo noch malaysische Mangrovenwälder wuchern, rammen bereits Hunderte
Baukräne gigantische Fundamente in den tropischen Untergrund, der nur einen
Steinwurf vom Stadtstaat Singapur entfernt ist. Dort werden bald schon eine
knappe Million chinesischer Mittelschichtsbürger in einer futuristischen
Wohntürmelandschaft mit hoher Golfplatzdichte residieren.
Umgerechnet insgesamt rund 87 Milliarden US-Dollar sollen in das gesamte
Projekt fließen. „Das kurbelt die Wirtschaft an und schafft Arbeitsplätze�…
versprach Malaysias Premier Najib Razak im Dezember am Rande wichtiger
Vertragsunterzeichnungen mit beteiligten Unternehmen in Johor Bahru.
## Chinesische Besucher nonstop
Den Bau begann die chinesische Megabaufirma Country Garden vor knapp einem
Jahr. 8.000 Wohnungen, allesamt in Top-Lage mit Blick auf Singapur, sind
bereits verkauft. Natürlich nicht an Malayen, denen hierfür meist das
Kapital fehlt. Verkaufsbroschüren, Werbeplakate und das nötige
Entertainment kommen allesamt aus China und richten sich an Chinesen.
Nahezu täglich füllen Touristen aus dem Reich der Mitte den
messehallengroßen Showroom. Eine malaysische Billig-Airline fliegt die
meisten von ihnen vom chinesischen Guangzhou nonstop ins südmalaysische
Johor Bahru.
Bei Ankunft werden sie vom privaten Sicherheitspersonal der Firma
militärisch salutiert. Chinesisch sprechendes Personal geleitet sie zu
einem gigantischen Modell der Stadt. Der Verkaufsraum ist bestückt mit
Apple-Laptops und Formularen für den sofortigen Kauf von Luxuslofts. Die
Wohnungen kosten nur ein Fünftel dessen, was für gleichwertige Wohnungen in
Singapur fällig würde.
Forest City ist nur ein Element im Masterplan für die malaysische
Freihandelszone Iskandar Malaysia. Vorlage für dieses Megaprojekt ist der
Stadtstaat Hong Kong und die ihn umgebende erfolgreiche chinesische
Freihandelszone Shenzhen. Iskandar Malaysia umgibt den Inselstaat Singapur
und hat das Dreifache von dessen Fläche.
Mittendrin, in Johor Bahru, soll ein Terminal für Hochgeschwindigkeitszüge
entstehen. Ab 2026 wird dann eine 375 Kilometer lange Trasse Singapur, den
zweitgrößten Hafen der Welt, mit Kuala Lumpur, der malaysischen Hauptstadt,
verbinden. Fahrtzeit 90 Minuten. Wenn dann auch die Beijinger Planungen für
die „Eiserne Seidenstraße“ umgesetzt sind, können Reisende aus Singapur
nonstop über die chinesische Hauptstadt zum Rest des eurasischen
Kontinentes rollen.
## Urbane Zukunftsträume
Zum Investitionsplan gehören einige neue Großstädte, Vergnügungsparks sowie
neue Industrie- und Serviceregionen. Manche Unternehmen, wie Legoland aus
Dänemark, haben bereits ihre Tore geöffnet.
Die urbanen Zukunftsträume treiben lokalen Investoren und Marktbeobachtern
langsam den Angstschweiß auf die Stirn. Zunächst investierten malaysische
und singapurische Unternehmer mit Verve in die Wohnungsbauten. Nun aber
sehen sie sich von der chinesischen Konkurrenz an die Wand gespielt. Die
sucht nach dem Ende des Baubooms in China neues Land und drängt mit gut
gefüllten Taschen und reichlich Know-how für Großprojekte nun ins
asiatische Ausland.
Laut dem Nationalen Eigentumsinformationszentrum Malaysia sollen weitere
350.000 Wohnungen gebaut werden. Das ist mehr als alle in Singapur jemals
privat erbauten Wohnungen. Diese chinesische Marketingstrategie sorgt nun
für einen Preissturz in der Region. In Johor alleine verloren Wohnungen
letztes Jahr 32 Prozent an Wert, in Singapur bis zu 40 Prozent. Denn noch
ist unklar, wer genau dieses Überangebot in Anspruch nehmen wird.
Der Preisverfall kommt nicht einmal den Einwohnern der Region zugute. Sie
können sich die Luxuswohnungen trotz der fallenden Preise nicht leisten.
Cynthia Chai, eine Frau mittleren Alters, die ihr Leben mit dem Verkauf von
malaysischen Pancakes auf einer Autobahnraststätte verdient, meint sogar,
dass die Einheimischen die Verlierer dieses Geschäftes sind. „Wir wissen,
dass wir einiges opfern müssen, wenn wir Entwicklung wollen“ sagt sie.
„Aber das hier ist nicht gut für uns. Denn der Staat beschlagnahmt unseren
Besitz und zahlt nicht einmal das, was er wert ist.“
Malaysische Politiker dagegen sind zufrieden. Ibrahim Ismail, der Sultan
von Johor, teilte der malaysischen Zeitung The Star selbstsicher mit, dass
die Singapurer in Johor wohnen und in Singapur arbeiten würden, sobald die
Verkehrsverbindungen zwischen Iskandar Malaysia und Singapur
funktionierten. Das sei die Zukunft.
7 Jan 2017
## AUTOREN
Cem Sey
## TAGS
Seidenstraße
China
Malaysia
Immobilien
Freihandel
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Freihandel
Peking
Malaysia
Architektur
Schwerpunkt Klimawandel
Freihandel
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Reichtum
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