# taz.de -- Zukunft des 29-Euro-Tickets in Berlin: Ein Zankapfel für 29 Euro | |
> Franziska Giffeys SPD will, dass alle BerlinerInnen auch weiterhin für 29 | |
> Euro den ÖPNV in der Stadt nutzen können. Den Grünen schmeckt das nicht. | |
Bild: Fährt nicht wirklich, hätte beim Verkehr aber gerne das Steuer in der H… | |
BERLIN taz | Die Frage, ob BerlinerInnen innerhalb der Stadtgrenzen auch | |
langfristig für 29 Euro im Monat mit Bus und Bahn unterwegs sein können, | |
hat das Zeug zum Wahlkampfthema. Nach der [1][Einigung von Bund und Ländern | |
über ein deutschlandweites 49-Euro-Ticket] am Donnerstag hat die Regierende | |
Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sich dafür ausgesprochen, auch nach | |
dessen Einführung im kommenden Jahr ein billigeres Angebot für alle im | |
Tarifbereich AB vorzuhalten. Die Grünen, im Senat zuständig für Mobilität, | |
tun sich mit dieser Idee dagegen schwer. | |
Am Donnerstag hatten sich die Regierungschefs der 16 Bundesländer und | |
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf eine Finanzierung des | |
Nahverkehrstickets für 49 Euro verständigt, das in allen Verkehrsverbünden | |
und im Regionalverkehr Gültigkeit haben soll. Das sogenannte | |
Deutschlandticket soll „schnellstmöglich im Jahre 2023“ einführt werden, | |
Bund und Länder wollen die bei den Verkehrsunternehmen entstehenden | |
Mehrkosten je zur Hälfte tragen. Ob die dafür veranschlagten 3 Milliarden | |
Euro pro Jahr ausreichen, ist offen. Auch ist unklar, ob es das Ticket | |
schon ab April oder erst ab Mai geben wird. | |
Als Überbrückung zwischen dem 9-Euro-Ticket vom Sommer und dem künftigen | |
Deutschlandticket finanziert Rot-Grün-Rot in Berlin derzeit eine | |
[2][Monatskarte für den Tarifbereich AB zum Preis von 29 Euro im | |
Abonnement]. Auf die Zukunft dieses Tickets angesprochen, sagte Giffey am | |
Freitagmorgen im rbb-Inforadio, man müsse sich „das ganze Tarifgefüge | |
anschauen“. Sie wolle aber „weiterhin in der Innenstadt Mobilität für ein… | |
Euro am Tag ermöglichen“ – was für die Beibehaltung eines 29-Euro-Abos | |
innerhalb Berlins spräche. | |
Zwar sei die gesamte Reform auf Bundes- und Landesebene „nicht trivial“, | |
und ohnehin müsse eine Einigung am Ende im Verkehrsverbund Berlin | |
Brandenburg (VBB) erfolgen, sagte die Regierende Bürgermeisterin. Der große | |
Erfolg des 29-Euro-Abos spreche aber für sich. Zudem, so Giffey, brauche es | |
„in der Metropole, die zu einer klimaneutralen Stadt werden will, | |
vielleicht eine andere Lösung als in der Fläche“. | |
Die Grünen haben dagegen noch nie viel vom sozialdemokratischen | |
Lieblingsprojekt eines dauerhaften „365-Euro-Tickets“ gehalten, das somit | |
wieder im Raum steht. Fragt man in der Partei herum, fällt auch jetzt | |
schnell das Wort vom „Gießkannenprinzip“. Auf taz-Anfrage wollte sich der | |
Kampagnenleiter von Spitzenkandidatin Bettina Jarasch jedoch nicht zu dem | |
Thema äußern – er verwies auf Jaraschs Behörde, die für Mobilität | |
zuständige Senatsverwaltung. | |
Von dort heißt es in der Antwort auf eine taz-Anfrage: „Wir tun alles | |
dafür, dass die 29-Euro-Überbrückungslösung für Berlin AB bis zur | |
Einführung des Deutschlandtickets fortgesetzt werden kann.“ Jarasch selbst | |
lässt sich zudem damit zitieren, dass sie sich über die Einigung von Bund | |
und Ländern freue. „Mit dem Deutschlandticket sichern wir für die | |
Bürger*innen dauerhaft kostengünstige klimaschonende Mobilität in ganz | |
Deutschland“, so die Senatorin, „in Berlin knüpfen wir damit an unser | |
29-Euro-Abo an, mit dem wir bundesweit Vorreiter waren.“ | |
## Billiger nur für manche? | |
Heißt dann wohl: Das eine Ticket soll das andere nicht ergänzen, sondern | |
ablösen. Wobei es innerhalb der Grünen auch die Forderung gibt, das | |
49-Euro-Ticket zumindest für einkommensschwache Gruppen | |
herunterzusubventionieren. Konkrete Aussagen fehlen dazu allerdings | |
bislang. Unklar bleibt auch, was mit dem Sozial-Ticket „S“ geschieht, das | |
von Januar bis März lediglich 9 statt wie bisher 27,50 Euro kosten wird. | |
Dabei dürften die Forderungen des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), | |
die der Landesverband am Freitag verbreitete, in dieselbe Richtung gehen. | |
Statt den Preis des Monatsttickets für alle Kundinnen zu reduzieren, sei es | |
sinnvoller, die knappen Mittel des Landes „auf Preisreduzierungen oder | |
Ausweitungen des Berechtigtenkreises von bereits ermäßigten Abos, wie | |
Seniorentickets, Azubi-Tickets und Seniorentickets zu konzentrieren“, so | |
Geschäftsführer Tilmann Heuser. Gleichzeitig müssten zusätzliche Gelder | |
„für den überfälligen Ausbau des ÖPNV bereitgestellt werden“. | |
Heuser verwies darauf, dass ArbeitnehmerInnen ohnehin weniger als 29 Euro | |
im Monat zahlen müssten, wenn sie ein steuer- und abgabenfreies | |
Firmenticket für 49 Euro im Rahmen einer sogenannten Gehaltsumwandlung in | |
Anspruch nähmen. Allerdings müssten dazu im Bund erst eine einheitliche | |
Regelung für die steuerliche Anrechnung von ÖPNV-Tickets sowie ein | |
entsprechender Anspruch für die ArbeitnehmerInnen geschaffen werden. | |
Derweil gab die BVG am Freitag bekannt, dass das Unternehmen zum ersten Mal | |
mehr als eine Millionen Abo-KundInnen habe – fast 200.000 StammkundInnen | |
mehr als Ende 2021. Dafür sei auch das 29-Euro-Angebot verantwortlich. | |
Gleichzeitig sei noch nicht die Nutzungszahlen vor der Corona-Pandemie | |
erreicht, teilte das Unternehmen mit. Im laufenden Jahr rechne man mit rund | |
950 Millionen Fahrten – über 200 Millionen mehr als 2020 und 2021, aber | |
immer noch weniger als 2019. Damals waren es 1,1 Milliarden Fahrten. | |
9 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Bund-und-Laender-einig-bei-49-Euro-Ticket/!5902205 | |
[2] /29-Euro-Ticket-in-Berlin/!5885028 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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