# taz.de -- Studie über Pflanzenschutzmittel: Unkraut vergeht, der Mensch auch | |
> Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor dem | |
> Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat: Laut einer Studie ist es | |
> „wahrscheinlich krebserzeugend“. | |
Bild: So werden Pestizide ausgebracht. Glyphosat wird seit den 70ern in der Lan… | |
BERLIN taz | Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat das weltweit am | |
meisten genutzte Unkrautvernichtungsmittel, Glyphosat, als „wahrscheinlich | |
krebserzeugend bei Menschen“ eingestuft. Das ist die zweithöchste der fünf | |
WHO-Kategorien für Krebsrisiken von Wirkstoffen. Dabei hatten deutsche | |
Behörden erst kürzlich bekräftigt, dass von dem Pestizid keine | |
Gesundheitsgefahr ausgehe. | |
Die Internationale Agentur für Krebsforschung der WHO teilte nun aber in | |
der Fachzeitschrift The Lancet mit, es gebe „begrenzte Nachweise an | |
Menschen“ für das krebserzeugende Potenzial von Glyphosat. Drei | |
Vergleichsstudien zwischen Personen mit und ohne Kontakt zu der Chemikalie | |
in Kanada, Schweden und den USA hätten erhöhte Risiken für das | |
Non-Hodgkin-Lymphom gezeigt, einer Gruppe von Krebserkrankungen. | |
Nicht nur als „begrenzt“, sondern sogar als „ausreichend“ schätzen die | |
Experten die Belege dafür ein, dass die Chemikalie bei Mäusen und Ratten zu | |
Tumoren führt. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hatte | |
nach einer eigenen umfangreichen Auswertung von Studien zuletzt im Januar | |
bestätigt, dass „keine Hinweise auf eine krebserzeugende“ Wirkung durch | |
Glyphosat vorlägen. Bislang wurde erwartet, dass die EU die Zulassung für | |
den Stoff in diesem Jahr verlängert – auch auf Grundlage des BfR-Berichts. | |
Umweltschützer hatten das Fazit des BfR von Anfang bezweifelt. Das Amt habe | |
sich vor allem auf Studien gestützt, die von den Glyphosat-Herstellern in | |
Auftrag gegeben worden seien, kritisiert etwa der Bund für Umwelt und | |
Naturschutz (BUND). Es fehlten Untersuchungen, wie geringe, aber über einen | |
langen Zeitraum aufgenommene Glyphosat-Dosen auf Menschen wirkten. | |
Sollte sich Glyphosat als krebserregend herausstellen, hätte das | |
weitreichende Folgen. 92 der in Deutschland zugelassenen Pestizide | |
enthalten den Wirkstoff – allen voran der Unkrautvernichter „RoundUp“ des | |
US-Agrochemiekonzerns Monsanto. Die Substanz wird auch in privaten Gärten, | |
öffentlichen Parkanlagen oder an Bahngleisen benutzt. Da Landwirte mit ihm | |
auf dem Feld unerwünschte Pflanzen töten oder die Reifung von Getreide | |
beschleunigen, werden geringe Mengen regelmäßig in Lebensmitteln gefunden. | |
Besonders zugenommen hat der Glyphosat-Verbrauch weltweit, weil die meisten | |
gentechnisch veränderten Pflanzen gegen den Stoff resistent sind. | |
## Strengere Auflagen notwendig | |
Möglicherweise werden nun für alle diese Anwendungen wegen der | |
WHO-Einstufung strengere Auflagen erlassen. Andreas Kortenkamp, Toxikologe | |
an der Londoner Brunel University, sagte der Financial Times: „Die Behörden | |
in der EU müssen nun prüfen, ob die aktuellen Maßnahmen reichen, um | |
Verbraucher und Pestizidanwender vor Krebsrisiken zu schützen.“ Fraglich | |
ist auch, ob die Zulassung von Glyphosat wie geplant verlängert werden | |
kann. | |
Allerdings wies der europäische Zusammenschluss der Glyphosat-Hersteller | |
die WHO-Einstufung zurück. Sie stehe im Widerspruch zu den Einschätzungen | |
aller Zulassungsbehörden weltweit, erklärte die Glyphosate Task Force. Die | |
WHO habe „lediglich eine Auswahl öffentlich zugänglicher Informationen“ | |
geprüft. Die Ämter verfügten aber über mehr Untersuchungen. „Diese Studien | |
liefern den eindeutigen Nachweis, dass Glyphosat kein genotoxisches oder | |
karzinogenes Potenzial besitzt“, so die Chemieunternehmen. | |
Das BfR war am Wochenende nicht für eine Stellungnahme erreichbar. | |
23 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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