# taz.de -- Umstrittenes Pestizid Glyphosat: „Verbietet es!“ | |
> Umweltschützer schlagen Alarm wegen Krebsverdacht. Das Bundesinstitut für | |
> Risikobewertung bestreitet, sich zu sehr auf Industriestudien verlassen | |
> zu haben. | |
Bild: Imma ruff mit dit Zeuch: Pestizideinsatz in Brandenburg. | |
BERLIN taz | Nachdem Tumorforscher der Weltgesundheitsorganisation (WHO) | |
das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat als „wahrscheinlich krebserzeugend“ | |
eingestuft haben, fordern Umweltschützer ein sofortiges Verbot der | |
Chemikalie. | |
„Das Vorsorgeprinzip gebietet, dass die Behörden bereits dann tätig werden, | |
wenn der letzte Beweis für die Gesundheitsschädlichkeit eines Stoffes noch | |
nicht vorliegt“, sagte die zuständige Referentin des Bundes für Umwelt und | |
Naturschutz (BUND), Heike Moldenhauer, am Montag der taz. „Ein Verbot ist | |
umso dringlicher, als Glyphosat das meisteingesetzte Spritzmittel der Welt | |
ist und Menschen ihm nicht ausweichen können.“ Auch die Grünen verlangten, | |
die Zulassung des Ackergifts auszusetzen. | |
Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IACR) der WHO hatte das | |
Pestizid vergangene Woche in die zweithöchste ihrer fünf Kategorien für | |
Krebsrisiken eingruppiert. Es gebe „begrenzte Nachweise an Menschen“ und | |
„ausreichende“ an Tieren für das krebserzeugende Potenzial von Glyphosat. | |
Der Stoff ist zum Beispiel im Unkrautvernichter „Roundup“ des | |
US-Chemiekonzerns Monsanto enthalten und wird in der Landwirtschaft, aber | |
auch in Gärten oder Parks benutzt. | |
Sowohl der BUND als auch die Grünen kritisierten das Bundesinstitut für | |
Risikobewertung (BfR). Die Behörde hatte erst kürzlich bekräftigt, dass von | |
dem Pestizid keine Gesundheitsgefahr ausgehe. Es war erwartet worden, dass | |
die EU auf Grundlage der BfR-Einschätzung demnächst Glyphosat erneut | |
zulässt. „Das BfR hat sich zu sehr auf die von der Industrie vorgelegten | |
Studien verlassen“, monierte Aktivistin Moldenhauer. | |
## In Auftrag der Chemieindustrie | |
„In diesem Verfahren sind sämtliche Studien berücksichtigt, die überhaupt | |
zugänglich sind“ – auch die von den WHO-Experten zitierten, konterte | |
BfR-Präsident Andreas Hensel im Gespräch mit der taz. Tatsächlich würden | |
viele Untersuchungen von den Chemieherstellern in Auftrag gegeben. Sonst | |
müsste der Staat diese millionenschweren Kosten tragen. Aber die Studien | |
würden von akkreditierten Labors und nach den Richtlinien der | |
Industrieländerorganisation OECD erstellt. | |
Hensel wies darauf hin, dass das von der WHO und der UN-Agrarorganisation | |
FAO zusammengestellte Expertengremium über Pestizidrückstände (JNPR) „zu | |
einer anderen Einschätzung“ als die Krebsspezialisten des IACR gekommen | |
sei. Der Behördenchef stellte in Frage, ob die Krebsexperten alle Studien | |
zum Thema berücksichtigt hätten. Das BfR könne sich jedoch erst im Detail | |
äußern, wenn der vollständige Bericht des IACR vorliege. | |
Monsanto argumentierte, dass das „IARC nicht gleich WHO“ sei. Die anderen | |
drei WHO-Programme, die Glyphosat untersucht hätten, würden keine | |
Krebsgefahr sehen, teilte ein Firmensprecher mit. BUND-Expertin Moldenhauer | |
ficht das nicht an. Schließlich sei das IARC das „für Krebsforschung | |
entscheidende Programm der WHO“. | |
23 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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