| # taz.de -- Rettung aus Afghanistan: Die private Luftbrücke | |
| > Von Berlin aus versuchen Aktivist*innen, Menschen aus Afghanistan zu | |
| > retten. Von der Bundesregierung fühlen sie sich ausgebremst. Haben sie | |
| > damit recht? | |
| Das Hauptquartier der Luftbrücke Kabul befindet sich in einer Wohnung in | |
| Berlin. Weil sich Feinde macht, wer Menschen aus Afghanistan nach | |
| Deutschland holt, gehen wir nicht näher darauf ein, wo sie liegt. Wir | |
| können aber beschreiben, dass am Klavier im Wohnzimmer ein Stadtplan von | |
| Kabul lehnt. Gelbe Stecknadeln markieren die Standorte von | |
| Taliban-Checkpoints. Ein Plan des Airports hängt an der Glastür zur Küche. | |
| Ein Bildschirm auf dem Küchentisch zeigt im Vollbildmodus zwei Uhrzeiten | |
| an: Berlin und Afghanistan. | |
| Sieben Aktivist*innen, die meisten um die 30, sind am Montagabend hier. | |
| Normalerweise sind sie unter anderem in der Seenotrettung aktiv. In den | |
| letzten zwei Wochen haben sie diese Wohnung kaum verlassen. Das sieht man | |
| ihnen an: Sie wirken euphorisch und gleichzeitig ausgelaugt. Sie haben | |
| tagelang kaum geschlafen, um Menschenleben gebangt und immer wieder | |
| telefoniert – mit Soldaten, mit Ministerinnen, sogar mit dem Weißen Haus. | |
| Sie haben von hier aus Buskonvois auf dem Weg durch Kabul beobachtet. Sie | |
| haben erlebt, wie Transporte scheitern. Aber auch, wie 207 Menschen [1][mit | |
| Hilfe ihrer privaten Evakuierungsaktion] aus dem Land gekommen sind. | |
| Und dann sind sie auch noch wütend. „Wir hätten Hunderte evakuieren | |
| können“, sagt Mattea Weihe, die normalerweise Pressearbeit für Sea-Watch | |
| macht und jetzt für die Luftbrücke spricht. „Aber in den deutschen Behörden | |
| gab es eine Blockadehaltung. Irgendjemand wollte nicht, dass wir als Gruppe | |
| aus der Zivilgesellschaft etwas schaffen, das die Regierung nicht | |
| hinbekommt.“ Dass die Opposition im Bundestag angekündigt hat, nach der | |
| Wahl einen Untersuchungsausschuss zum Abzug aus Afghanistan einzusetzen, | |
| findet sie richtig. Es müsse aufgeklärt werden, wer die Evakuierung | |
| sabotiert habe. | |
| Wenige Kilometer entfernt, im Krisenreaktionszentrum des Auswärtigen Amtes, | |
| sieht es in diesen Tagen wahrscheinlich ähnlich aus. Trotz der Vorwürfe: | |
| Viele Mitarbeiter*innen haben in den Tagen der Evakuierung viel | |
| gegeben, das sagen selbst die Aktivist*innen der Luftbrücke. Das | |
| Ministerium, chronisch unterbesetzt, hat Personal aus der ganzen Welt | |
| zusammengezogen und fast seinen gesamtem Attaché-Lehrgang ins Callcenter | |
| gesetzt. Die Diplomat*innen haben mit Tausenden Menschen gesprochen, | |
| die in Afghanistan in Lebensgefahr sind und nicht aus dem Land kommen. | |
| Im Ministerium wirken viele deshalb etwas angefasst ob der Kritik, die ihr | |
| Haus abbekommt: Den Sturz der Regierung nicht vorausgesehen, die Ortskräfte | |
| im Stich gelassen, jetzt auch noch private Rettungsflüge sabotiert? Der | |
| PR-Apparat des Außenministeriums wehrt sich gegen die Vorwürfe. „Wir haben | |
| diese Initiative von Anfang an unterstützt. Das war eine Entscheidung von | |
| Außenminister Maas, der sich auch selbst aktiv immer wieder eingebracht | |
| hat“, sagte ein Sprecher am Montag in der Bundespressekonferenz. Die | |
| Anschuldigungen will man nicht auf sich sitzen lassen. Aber was stimmt? | |
| ## Der Privatjet | |
| Auf dem Balkon der Berliner Wohnung erzählt Mattea Weihe am Montagabend, | |
| wie vor mehr als zwei Wochen alles anfängt. Die Aktion beginnt, kurz bevor | |
| Kabul in die Hände der Taliban fällt. Theresa Breuer, Journalistin aus | |
| Berlin, hat eine Weile in Afghanistan gelebt und als Reporterin von dort | |
| berichtet. Jetzt will sie zwölf afghanischen Bekannten aus dem Land helfen. | |
| Breuer bittet Ruben Neugebauer um Hilfe, auch er sitzt zwei Wochen später | |
| auf dem Balkon und erzählt. Neugebauer kennt sich in der Luftfahrtbranche | |
| aus. Vor ein paar Jahren hat er [2][einen Pilotenschein gemacht und eine | |
| Maschine besorgt], mit der er für Sea-Watch Aufklärungsflüge über dem | |
| Mittelmeer geflogen ist. Jetzt soll er wieder ein Flugzeug organisieren. | |
| „Eigentlich wollten wir nur einen kleinen Privatjet chartern, um die Leute | |
| dort rauszuholen. Das Angebot an Chartermaschinen war zu dem Zeitpunkt auch | |
| noch groß“, sagt er. | |
| In der Nacht vom 15. auf den 16. August stünde der Jet eigentlich bereit. | |
| Aber wenige Stunden zuvor sind die Taliban schon in Kabul einmarschiert. | |
| Die USA, die noch den Flughafen kontrollieren, lassen nur noch | |
| Militärflugzeuge landen. Der Flug wird gestrichen. | |
| Gleichzeitig stellt sich raus: Ein kleiner Jet reicht nicht. Breuer und | |
| Neugebauer kommen mit deutschen Medienhäusern ins Gespräch, mit | |
| Hilfsorganisationen, mit Fridays for Future. Alle wollen Leute aus | |
| Afghanistan holen und sich dafür nicht auf die Flüge der Bundeswehr | |
| verlassen. Wen die Bundesregierung überhaupt auf diese Flüge lässt, ist zu | |
| diesem Zeitpunkt unklar. In den kommenden 14 Tagen wird das | |
| Innenministerium in ständigen Abstimmungen mit den anderen Ressorts zwar | |
| über 40.000 Menschen zusagen, nach Deutschland zu dürfen. Die Bundeswehr | |
| wird aber nur einen Bruchteil tatsächlich ausfliegen. | |
| Drei Tage nach dem Fall von Kabul, am 18. August, bezieht das Kernteam der | |
| Luftbrücke sein Hauptquartier in der Berliner Wohnung. Knapp ein Dutzend | |
| sind sie hier. Noch mal doppelt so viele Unterstützer*innen sitzen in | |
| den Institutionen, die sich der Aktion angeschlossen haben. | |
| ## Das Rufzeichen | |
| Neugebauer findet einen Charteranbieter in Ägypten, der einen Airbus A320 | |
| zur Verfügung stellen würde. Nachdem die Luftbrücke ihre Pläne öffentlich | |
| macht und um Spenden bittet, gehen ihren Angaben zufolge deutlich über 1 | |
| Million Euro ein. Das würde reichen, um das Flugzeug eine Woche lang nach | |
| Afghanistan ein- und ausfliegen zu lassen. | |
| Weiterhin dürfen zivile Flugzeuge aber nicht ohne Weiteres in Kabul landen. | |
| Der Flieger braucht ein militärisches Rufzeichen der Nato, das ihn im | |
| Funkverkehr als Regierungsmaschine kennzeichnet. Nach Angaben des | |
| Außenministeriums meldet sich die Luftbrücke das erste Mal am 20. August, | |
| dem Freitag, mit der Bitte, ein solches Call Sign bei der Nato zu | |
| beantragen. Das Ministerium hilft. Das Anliegen geht durch mehrere Stellen | |
| in Ministerien, Bundeswehr und der Nato. Die Initiative erhält am Ende das | |
| Rufzeichen, und das Auswärtige Amt deutet das heute als Beleg dafür, die | |
| Evakuierungsaktion unterstützt zu haben. | |
| Neugebauer klagt aber: „Das war ein ewiges Hin und Her. Die wollten uns | |
| erst erklären, dass wir das Call Sign gar nicht bräuchten. Wir mussten drei | |
| Mal nachhaken, bevor man uns geglaubt hat.“ Die Kommunikation lief über das | |
| Auswärtige Amt; Neugebauer kann sich aber vorstellen, dass das Problem beim | |
| Innenministerium, Kanzleramt oder Militär lag. Von „Multiorganversagen“ | |
| spricht er. Erst nach Tagen sei das Rufzeichen dagewesen. | |
| Belege liefern die Aktivist*innen für diesen und andere Vorwürfe nicht. | |
| Sie könnten alles beweisen, behaupten sie. Nur: nicht jetzt. Aus ihren | |
| Mail- und Chatverläufen müssten sie die Nachweise erst noch raussuchen. | |
| Dazu seien sie während der laufenden Evakuierung nicht gekommen. | |
| ## Der Flug | |
| Als das Rufzeichen endlich da ist, gibt es ein neues Problem: Die | |
| ägyptischen Behörden wollen den Airbus nicht starten lassen. Warum, kann im | |
| Nachhinein keiner der Beteiligten genau sagen. Irgendetwas kommt den | |
| Ägyptern wohl suspekt vor. Es ist jetzt Dienstag, der 24. August, und | |
| zumindest über das, was jetzt geschieht, sind sich alle einig: Heiko Maas | |
| persönlich schickt eine SMS an den ägyptischen Außenminister. Dann ist das | |
| Problem erledigt. | |
| Die Anekdote zeigt, wozu die Luftbrücke fähig ist: Die Aktivst*innen | |
| telefonieren einfach alle ihre Kontakte ab. Viele von ihnen sind schnell | |
| von der Sache überzeugt und wählen sich wiederum durch ihr Telefonbuch. | |
| Irgendwann ist schließlich jemand beim Bundesaußenminister angekommen. „Es | |
| war ein Schneeballeffekt“, sagt Mattea Weihe. „Zig Leute haben telefoniert | |
| und plötzlich hat jeder Hörer auf der ganzen Welt geklingelt. Alle haben | |
| ihre Kontakte genutzt. Wenn man nur will, kann man sich über die Grenzen | |
| hinwegbewegen, die die bürokratische Ordnung vorgibt.“ | |
| Man kann davon ausgehen, dass sich nicht jeder Angerufene über diese | |
| Grenzverschiebung freut. Die Luftbrücke verursacht Arbeit. Manchmal bringt | |
| sie Abläufe durcheinander. Ihr Charterflugzeug kann aber abheben und landet | |
| am 25. August, einem Mittwoch, in Kabul. | |
| ## Die Liste | |
| Ein Flugzeug nach Kabul zu bringen ist das eine. Die [3][Passagiere in den | |
| Flughafen zu bekommen das andere]. Um überhaupt in die Nähe des Airports zu | |
| gelangen, muss man es durch den Kabuler Verkehr und Taliban-Checkpoints | |
| schaffen. Danach muss man noch durch eines der Flughafentore gelangen, die | |
| geschlossen oder streng bewacht sind, meist durch das US-Militär. Selbst | |
| wer auf der Evakuierungsliste der Bundesregierung steht, hat es hier | |
| schwer. | |
| Die Luftbrücke kümmert sich daher schon am Wochenende, bevor das Flugzeug | |
| überhaupt startklar ist, um einen Konvoi. Die Aktivist*innen bitten um | |
| Unterstützung im Außenministerium von Katar. Das Emirat, wegen | |
| Menschenrechtsverletzungen in der Kritik, ist in den Tagen der Evakuierung | |
| gefragt. Wegen guter Beziehungen zu den Taliban schaffen es katarische | |
| Sicherheitskräfte immer wieder, Busse mit Passagieren an den Checkpoints | |
| vorbei in den Flughafen zu lotsen. | |
| Auch den Aktivist*innen der Luftbrücke sagen sie Unterstützung zu. Die | |
| Bedingung: Das Auswärtige Amt solle der Regierung Katars die Passagierliste | |
| schicken, samt einer formellen Bestätigung, dass die Bundesrepublik diese | |
| Menschen aufnehmen und im Zweifel auch selbst ausfliegen werde. | |
| 170 Personen will die Luftbrücke in einem ersten Konvoi zum Flughafen | |
| bringen. Auch die Bundesregierung stuft diese Menschen als Schutzpersonen | |
| ein. Theoretisch dürften sie nach Deutschland fliegen. Es gibt aber das | |
| nächste Problem. | |
| „Unser Plan war: Wir reichen die Liste beim Auswärtigen Amt ein, die | |
| approven sie schnell, schicken sie an die Kataris und wir bekommen von | |
| denen einen Slot für die Eskorte“, sagt Mattea Weihe. „Das AA hat aber ewig | |
| gebraucht, um die Liste zu bestätigen. Als dann am Mittwoch der Konvoi | |
| starten sollte, haben uns die Kataris abgesagt. Später haben wir | |
| mitbekommen, dass sie zwar die Namensliste bekommen haben, aber ohne Letter | |
| of Approval. Daran ist es gescheitert.“ Belege legt die Luftbrücke auch für | |
| diesen Vorwurf nicht vor. | |
| Klar ist: Untätig war das Auswärtige Amt wirklich nicht. Nach Informationen | |
| der taz haben hochrangige deutsche Diplomaten spätestens am Montag vor dem | |
| geplanten Konvoi die Passagierliste auf mehreren Wegen an verschiedene | |
| Stellen im katarischen Außenministerium übergeben. Beigelegt war ein | |
| Schreiben von Heiko Maas, in dem er um Unterstützung bittet. Am Nachmittag | |
| des geplanten Konvois selbst ging noch mal eine Mail mit der Passagierliste | |
| aus dem deutschen an das katarische Außenministerium. | |
| Woran der Konvoi am Ende gescheitert ist, lässt sich nicht mit Sicherheit | |
| sagen. Kamen die E-Mails nicht an der richtigen Stelle an? Erfüllte das | |
| Maas-Schreiben nicht die katarischen Anforderungen? Oder hatte es mit all | |
| dem gar nichts zu tun, sondern eher mit dem allgemeinen Chaos in der Stadt? | |
| Dass eine fehlende Mail schuld sei, heißt es aus dem Auswärtigen Amt, sei | |
| „völlig an der Realität vorbei“. Das katarische Außenministerium antwort… | |
| auf eine taz-Anfrage nicht. | |
| ## Die 18 Passagiere | |
| Das Resultat, so oder so: Das Flugzeug ist da, die Passagiere fehlen. Mit | |
| dem Charterflug sind Journalisten von Spiegel, Zeit und Süddeutscher | |
| Zeitung nach Kabul gekommen. Sie wollen aus der Stadt berichten und | |
| veröffentlichen später Texte über die Stunden nach der Landung. [4][Die | |
| Berichte zeigen nur einen Ausschnitt] der Geschichte, allerdings einen | |
| glaubwürdigen. | |
| Die Aktivist*innen wollen demnach nicht, dass der Airbus leer | |
| zurückfliegt. Sie organisieren sich ad hoc 18 Ersatz-Passagier*innen: | |
| afghanische Ortskräfte der portugiesischen Regierung, die es schon auf den | |
| Flughafen geschafft haben, aber bisher keinen Platz in einem der | |
| Militärflugzeuge bekommen haben. Die 18 Passagiere steigen in die Maschine | |
| ein – und sollen kurz danach auf Anweisung eines US-Soldaten wieder | |
| aussteigen. | |
| Den Berichten zufolge sagt dieser, die deutschen Offiziellen am Flughafen | |
| hätten angeordnet, dass keine Passagiere in dem Charterflugzeug mitfliegen | |
| dürfen. Ein Bundeswehrsoldat bestätigt das den Journalisten einige Minuten | |
| später und sagt, die Anweisung käme von einem Vertreter des | |
| Außenministeriums. Von dort heißt es später, aus dem Auswärtigen Amt habe | |
| es keine solchen Weisungen gegeben. Wie es zu den Aussagen in Kabul kam, | |
| kann man nicht erklären. | |
| Immerhin: Vor Ort ist das Problem irgendwann vom Tisch, die Passagiere | |
| dürfen sitzen bleiben. Jetzt stellt sich die Frage, wohin die Maschine | |
| fliegen soll. Auf keinen Fall nach Deutschland, sagt ein Diplomat den | |
| Aktivist*innen. Für portugiesische Ortskräfte gebe es keine deutsche | |
| Aufnahmezusage, ein Transport dorthin sei strafbar. Eine eindringliche | |
| Warnung, deren Ursprung Mattea Weihe nicht unbedingt im Außenministerium | |
| vermutet. Die Gruppe hatte zwei Wochen lang mit diversen deutschen Stellen | |
| zu tun, sie hat Vergleichswerte. „Unser Eindruck war in solchen Momenten | |
| oft, dass eher das Innenministerium dahinter steckt“, sagt Weihe. | |
| Letztendlich fliegt der Airbus nach Tiflis in Georgien. Von dort holt | |
| später ein portugiesisches Militärflugzeug die Passagiere ab. Der | |
| Charterflieger kehrt danach nicht noch mal nach Kabul zurück. | |
| ## Die Amerikaner | |
| Im Hauptquartier der Luftbrücke probieren die Aktivist*innen aber immer | |
| noch, Konvois in den Flughafen zu organisieren. Theresa Breuer ist am | |
| Airport geblieben und hilft von dort aus mit. Für die ersten 170 Passagiere | |
| hofft die Luftbrücke weiterhin auf eine katarische Eskorte, bis zum Schluss | |
| ohne Erfolg. Für weitere 189 Menschen suchen die Aktivist*innen | |
| parallel einen anderen Weg. Mit Erfolg: Mit ihrem Schneeballsystem | |
| organisieren sie sich Hilfe der Amerikaner. | |
| Das US-Militär sagt der Luftbrücke zu, dafür zu sorgen, dass die Taliban | |
| die Busse durch ihre Checkpoints lassen. Dahinter würde dann eine | |
| US-Eskorte für den Weg durch die Tore warten. Auch diesmal ist eine | |
| Bedingung, dass das Auswärtige Amt eine Passagierliste mit Aufnahmezusage | |
| übermittelt. Das klappt diesmal. Aber natürlich wartet das nächste Problem. | |
| Allein die Odyssee der nächsten drei Tage wäre eine Verfilmung wert. Die | |
| Hauptfigur: Jordan B., ein Australier, Filmemacher, trans, der in Kabul | |
| lebt und die fünf Busse des Konvois durch die Stadt lotst. Per Handy und | |
| Headset ist er oft in die Berliner Wohnung geschaltet. Dort können Mattea | |
| Weihe und die anderen live zuhören, wie er an Checkpoints Smalltalk mit den | |
| Taliban führt. „Ein Zauberer“, sagt Weihe. | |
| Aber auch Magie stößt in diesen Tagen an Grenzen. Allein am ersten | |
| Checkpoint steht der Konvoi acht Stunden, am zweiten Checkpoint ist kein | |
| Durchkommen. Nach 48 Stunden gibt die Luftbrücke den Konvoi am | |
| Samstagmittag auf. Alle Passagiere raus. Ein paar Stunden später melden | |
| sich die Amerikaner noch mal. Jordan lädt alle wieder ein. In der Nacht auf | |
| Sonntag rauscht der Konvoi durch die Checkpoints und in den Flughafen. Im | |
| Film kämen jetzt Tränen in den Bussen, Jubel in Berlin, Abspann und Ende. | |
| ## Die Fortsetzung | |
| In der Realität ist aber noch nichts vorbei. Im Berliner Hauptquartier | |
| läuft die Arbeit am Montagabend noch immer. Die 189 Menschen aus dem Konvoi | |
| wurden nach wenigen Stunden mit zwei Militärmaschinen ausgeflogen, die | |
| einen nach Doha, die anderen nach Riad. Die Aktivist*innen bemühen sich | |
| darum, sie von dort nach Deutschland zu lotsen. Noch zwei Tage später | |
| werden sie damit beschäftigt sein. Eine Gruppe wird es bis dahin nach | |
| Spanien verschlagen haben, eine andere auf die US-Air-Base Ramstein, die | |
| sie vorerst nicht verlassen darf. | |
| Parallel bereiten die Aktivist*innen eine Pressekonferenz vor. „Lasst | |
| uns das vor dem Innenministerium machen. Ich hab zwei Pavillons“, ruft | |
| Neugebauer vom Balkon ins Wohnzimmer. Am Mittwoch wird die Gruppe dort vor | |
| Kameras fordern, dass die Bundesregierung für Fluchtwege aus Afghanistan | |
| sorgt und weiteren Menschen die Aufnahme zusagt. | |
| Dann kümmern sich die Aktivist*innen aus der Ferne weiter um die 170 | |
| Menschen, die mit dem Charterflieger kommen sollten, die aber den Flughafen | |
| nicht erreicht haben. Sie sitzen immer noch in Afghanistan fest. | |
| 1 Sep 2021 | |
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| [2] /Polit-Aktivist-Ruben-Neugebauer/!5321886 | |
| [3] /Ende-der-Afghanistan-Luftbruecke/!5796421 | |
| [4] https://www.spiegel.de/ausland/afghanistan-eine-nacht-in-kabul-a-d3fc3cca-c… | |
| ## AUTOREN | |
| Tobias Schulze | |
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