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# taz.de -- Evakuierung aus Afghanistan: Alle Wege führen über die Taliban
> Zehntausende Menschen warten in Afghanistan noch auf ihre Evakuierung.
> Außenminister Maas lotet derzeit aus, wie das gehen kann.
Bild: Die Taliban übernehmen die Kontrolle des Flughafens – und viele warten…
Berlin taz | Mehr als 40.000 Menschen in Afghanistan haben zwar eine
Aufnahmezusage der Bundesregierung bekommen, aber keinen Platz in einem
Evakuierungsflug aus Kabul. Ein Sprecher des Innenministeriums nannte die
Zahl am Montag kurz vor [1][dem Ende der US-Luftbrücke].
Unter den 40.000 befinden sich sowohl ehemalige afghanische
Mitarbeiter*innen deutscher Stellen als auch andere Afghan*innen, die
die Bundesregierung als besonders gefährdet einstuft. Auch enge
Familienangehörige der beiden Personengruppen sind in die Zahl mit
eingerechnet.
Was nach dem Ende der Luftbrücke aus ihnen wird, ist unklar. Außenminister
Heiko Maas setzte am Montag seine Reise durch Nachbarländer Afghanistans
fort, auf der er künftige Wege zur Ausreise auslotet. Eine Option sind
zivile Flüge aus Kabul, dafür müssten die Taliban aber ausländische Hilfe
beim Weiterbetrieb des schwer beschädigten Flughafens zulassen.
Eine andere Option ist die Ausreise über den Landweg in die Nachbarländer
und von dort per Flugzeug weiter nach Deutschland. Neben den Nachbarländern
selbst müssten aber auch hier wieder die Taliban mitspielen. Der deutsche
Diplomat Markus Potzel führt dazu in Katar Verhandlungen mit
Taliban-Vertretern, seine Erfolgsaussichten sind unklar.
## Auswärtiges Amt in der Kritik
Der Zählerstand der deutschen Rettungsbemühungen bleibt somit zunächst bei
4.587 stehen. So viele Menschen sind nach Angaben des Innenministeriums im
Rahmen der Evakuierungsaktion der vergangenen beiden Wochen nach
Deutschland gekommen. 403 der Personen seien deutsche
Staatsbürger*innen und 634 ehemalige Ortskräfte beziehungsweise deren
Familienmitglieder.
Dass nicht noch mehr Menschen ausgeflogen wurden, obwohl sie auf der
Evakuierungsliste stehen, stößt auf zum Teil heftige Kritik. So schrieb die
stellvertretende [2][Grünen-Vorsitzende Jamila Schäfer auf Twitter], dass
die Bundesregierung „vielen hochgefährdeten Personen die letzte Rettung
blockiert“ habe.
Sie berichtet, dass sie sich persönlich für Menschen eingesetzt habe, die
auf der deutschen Liste stehen, aber trotzdem keinen Zugang zum Flughafen
erhalten haben. Eine Kontaktperson im US-Parlament habe ihr zugesagt, den
Personen Schriftstücke zu besorgen, mit denen sie die Kontrollen am
Flughafentor passieren könnten.
Das Auswärtige Amt hätte dafür nur per Mail bestätigen müssen, dass die
Menschen auf der deutschen Evakuierungsliste stehen. Laut Schäfer hat das
Ministerium eine solche Mail trotz ihrer Bitte nicht geschrieben.
## Der Weg zum Flughafen
Tatsächlich hat die Bundesregierung in den vergangenen Tagen nach
taz-Informationen nur Namen von rund 300 Personen an die US-Amerikaner
übermittelt. Es handelt sich um die Passagiere zweier Buskonvois auf dem
Flughafen, die von der DHL und der privaten Initiative Luftbrücke Kabul
organisiert wurden.
Nach dem Abzug der Bundeswehr am Donnerstag wurden den US-Vertretern in
Kabul zudem Muster von deutschen Reisepässen und anderen deutschen Papieren
übergeben. So konnte das US-Militär an den Flughafentoren Menschen mit
gültigen deutschen Dokumenten kontrollieren und einlassen.
Wegen der Terrorgefahr hatte die Bundesregierung zwar davon abgeraten,
direkt zum Flughafen zu kommen. Ein paar Dutzend deutsche Staatsbürger
probierten es am Wochenende trotzdem und hatten Erfolg.
Die meisten der Ortskräfte und anderen Schutzbedürftigen auf der deutschen
Evakuierungsliste haben aber noch gar keine deutschen Aufenthaltspapiere.
Auf eigene Faust konnten sie es also nicht mehr auf den Flughafen schaffen.
31 Aug 2021
## LINKS
[1] /Aktuelle-Nachrichten-zu-Afghanistan/!5796899
[2] https://twitter.com/jamila_anna/status/1431645058315530246
## AUTOREN
Tobias Schulze
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