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# taz.de -- Evakuierung aus Afghanistan: Luftbrücke wieder aufgebaut
> Die „Kabulluftbrücke“ evakuiert in einem Charterflug 148 Menschen aus
> Afghanistan. Der Bundesregierung wirft sie Untätigkeit vor.
Bild: Flughafen in Kabul, hier startete am Wochenende ein von Kabulluftbrücke …
Berlin taz | 148 Menschen hat [1][die private Initiative „Kabulluftbrücke“]
am Wochenende aus Afghanistan evakuiert. Zum ersten Mal seit dem Abzug der
letzten westlichen Truppen im August charterte die Gruppe ein Flugzeug. Am
Samstagmorgen hob es aus Kabul nach Islamabad ab. An Bord befanden sich
neben einer deutschen Familie ehemalige Ortskräfte deutscher Stellen und
andere bedrohte Afghan*innen, die alle bereits eine Aufnahmezusage der
Bundesregierung erhalten hatten und die nach Deutschland weiterreisen
werden.
Über die Evakuierung informierte die Initiative am Dienstag [2][auf einer
Pressekonferenz], an der auch mehrere Partnerorganisationen teilnahmen.
Kritik übten die Gruppen an den Evakuierungsbemühungen der Bundesregierung,
die aus ihrer Sicht bei Weitem nicht ausreichen. „Wir haben diesen
Charterflug auch aus Frust organisiert, weil die Bundesregierung ihre
Möglichkeiten nicht genutzt hat, und das wollten wir aufzeigen“, sagte
Luftbrücke-Sprecher Ruben Neugebauer. Die Mitglieder der Initiative würden
die Evakuierungen größtenteils ehrenamtlich in ihrer Freizeit organisieren
und über Spenden finanzieren. Man erfülle damit eine Aufgabe, für die
eigentlich der Staat zuständig sei.
Während der militärischen Luftbrücke nach dem Fall Kabuls im August hatte
die Bundesregierung rund 5.300 Menschen in Sicherheit gebracht. Wie viele
Menschen noch in Afghanistan oder einem Nachbarstaat festsitzen, und eine
Aufnahmegenehmigung für Deutschland haben, ist schwer zu sagen. Aus Kreisen
der Bundesregierung wird die Zahl auf über 20.000 geschätzt.
Die Mehrheit dieser Leute steht [3][auf der sogenannten Ortskräfteliste],
die das Innenministerium und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
gemeinsam führen. Diese Menschen haben für deutsche Institutionen in
Afghanistan gearbeitet. Die Liste wird weiter fortgeschrieben, die
Anerkennung als Ortskraft läuft laut Betroffenen aber oft schleppend.
Daneben führt das Auswärtige Amt eine Liste mit besonders gefährdeten
afghanischen Staatsangehörigen. Darunter befinden sich Journalistinnen,
Richter, Menschenrechtsaktivisten – Menschen also, die für die Demokratie
in Afghanistan gekämpft haben und unter den Taliban als besonders gefährdet
gelten. Auf dieser Liste befinden sich gut 2.500 Namen. Sie wurde trotz
heftiger Kritik von Menschenrechtsorganisationen Ende August geschlossen,
es kommen also keine weiteren Namen mehr darauf.
## Landweg und Charterflüge
Die Bundesregierung hatte im August zugesagt, sich auch nach dem Ende der
militärischen Evakuierung um Ausreisemöglichkeiten für die anerkannten
Menschen zu kümmern. Nach Angaben des Außenministeriums ist seitdem 2.500
weiteren Menschen die Ausreise auf dem Landweg gelungen und 700 seien auf
Charterflügen evakuiert worden, die die Bundesregierung oder Partnerstaaten
organisiert hatten. Die Kabulluftbrücke hatte nach eigenen Angaben vor
ihrem eigenen Charterflug vom Wochenende mehr als 600 Menschen in
Sicherheit gebracht, vor allem über den Landweg und auf Linienflügen.
Ungewöhnlicherweise nahm an der Pressekonferenz am Dienstag auch ein
Vertreter der Gegenseite teil: Die Kabulluftbrücke hatte Außenamtssprecher
Christofer Burger eingeladen und dieser stellte sich der Kritik. „Kritik
muss man sich als Regierung immer gefallen lassen. Ich nehme das alles
mit“, sagte er, bat aber auch um Verständnis für die unterschiedlichen
Rollen. Organisationen aus der Zivilgesellschaft könnten manchmal mehr
Risiken auf sich nehmen als die Bundesregierung. „Wir können es uns nicht
leisten, Brücken abzubrennen.“
So müsse die Bundesregierung den Transitstaaten versichern, dass sie nur
Menschen ausfliegt, denen sie tatsächlich die Aufnahme zugesagt hat und die
somit auch nach Deutschland weiterreisen werden. In der Vergangenheit seien
in Flügen anderer Staaten oder Organisationen aber auch andere Personen
mitgeflogen – sie hatten offenbar das Bodenpersonal bestochen. Die
Bundesregierung habe erst ein Verfahren organisieren müssen, dass
Korruption am Boden ausschließt. Jetzt, wo das System stehe, wolle man
schnell weitere Flüge organisieren.
Theresa Breuer von der Kabulluftbrücke wollte das so aber nicht stehen
lassen. Ob auf dem Land- oder auf dem Luftweg: Ihre Initiative habe bisher
nur Menschen aus dem Land geholfen, die tatsächlich eine Aufnahmezusage
hatten. „Wir haben keine einzige falsche Person jemals evakuiert“, sagte
sie. „Wir haben dieses System schon wirklich lange.“
16 Nov 2021
## LINKS
[1] /Rettung-aus-Afghanistan/!5792997
[2] https://www.twitch.tv/kabulluftbruecke/videos
[3] /Schicksal-einer-Ortskraft-in-Afghanistan/!5804025
## AUTOREN
Tobias Schulze
Anne Fromm
## TAGS
Schwerpunkt Afghanistan
Ortskräfte
Luftbrücke
Kabul
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Lesestück Recherche und Reportage
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