# taz.de -- Nach dem Afghanistan-Desaster: Diskussion um EU-Eingreiftruppe | |
> Lehren aus Afghanistan? Die EU-Verteidigungsminister:innen debattieren | |
> Pläne für eine Interventionseinheit. Doch es gibt Widerstand. | |
Bild: Deutsche Soldaten nach ihrer Rückkehr aus Usbekistan in Wunstorf am 27. … | |
KRANJ/KABUL dpa | Die militärische Abhängigkeit von den USA beim | |
[1][Evakuierungseinsatz in Afghanistan] befeuert in der EU die Diskussion | |
über den Aufbau einer schnell einsatzfähigen Eingreiftruppe. Bei einem | |
Verteidigungsministertreffen in Slowenien warben am Donnerstag zahlreiche | |
Teilnehmer dafür, Konsequenzen aus den Ereignissen der vergangenen Wochen | |
zu ziehen und die europäischen Verteidigungsfähigkeiten auszubauen. Eine | |
Idee ist es dabei, zügig eine Initiative für eine mindestens 5.000 Soldaten | |
starke Interventionseinheit umzusetzen. | |
„Die nüchterne Wahrheit zu Afghanistan ist: Wir Europäer haben gegen die | |
[2][Entscheidung der Amerikaner zum Abzug] kaum Widerstand geleistet, weil | |
wir mangels eigener Fähigkeiten keinen leisten konnten“, kommentierte | |
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Aus der | |
Abhängigkeit von den USA müssten nun die richtigen Schlüsse gezogen werden. | |
Die Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan sei | |
eine „schwere Niederlage“. | |
Zugleich warnte die CDU-Politikerin davor, nur über eine neue | |
Militäreinheit zu reden. „Die europäische Debatte darf nicht in der Frage | |
stehenbleiben, ob wir eine ‚europäische Eingreiftruppe‘ wollen oder nicht�… | |
kommentierte sie. Die Frage sei gar nicht, ob man eine extra EU-Truppe | |
aufbaue, sondern wie man vorhandene militärische Fähigkeiten endlich | |
gemeinsam nutzen könne. Konkret schlug Kramp-Karrenbauer vor, dass | |
„Koalitionen von Willigen“ nach einer gemeinsamen Entscheidung aller | |
EU-Staaten vorangehen könnten. Diese wäre nach Artikel 44 des EU-Vertrags | |
möglich. | |
Zudem sollte aus Sicht der deutschen Ministerin geprüft werden, ob die | |
EU-Staaten nicht „regionale Verantwortungen für Sicherheit“ festlegen | |
könnten. Ziel wäre es dann, gemeinsam Spezialkräfte zu trainieren und | |
wichtige Fähigkeiten wie den strategischen Lufttransport gemeinsam zu | |
organisieren. | |
Kramp-Karrenbauer reagierte mit den Äußerungen offensichtlich auf den | |
Widerstand gegen die von Frankreich stammenden Eingreiftruppen-Pläne. | |
Staaten wie Polen und Litauen halten die Initiative angesichts der | |
existierenden Fähigkeiten der Nato für überflüssig und befürchten eine | |
mögliche Schwächung des transatlantischen Verteidigungsbündnisses. | |
Der lettische Verteidigungsminister Artis Pabriks sagte am Donnerstag: „Es | |
geht nicht um Truppen, es geht um politischen Willen.“ Auf EU-Ebene sollte | |
man erst einmal die Frage beantworten, wo denn die Battlegroups zuletzt | |
gewesen seien. | |
Pabriks spielte damit darauf an, dass die EU schon lange | |
Krisenreaktionskräfte hat, die allerdings noch nie eingesetzt wurden. Die | |
bisherigen Überlegungen zu der neuen Einheit sehen vor, die Battlegroups in | |
die neue Truppe zu integrieren. Sie bestehen in der Regel aus zwei | |
Einheiten mit je mindestens 1.500 Soldaten, die wechselnd von | |
unterschiedlichen EU-Staaten zur Verfügung gestellt werden. Die neue | |
Eingreiftruppe könnte nach Angaben des slowenischen EU-Ratsvorsitzes auch | |
deutlich größer werden und bis zu 20.000 Soldaten umfassen. | |
Auf jeden Fall soll sie so stark sein, dass sie theoretisch einen | |
Militäreinsatz wie den der Amerikaner zur Sicherung des Flughafens in Kabul | |
übernehmen könnte. Die Vereinigten Staaten hatten nach der Machtübernahme | |
der Taliban Mitte August mit rund 6.000 US-Soldaten Evakuierungsflüge | |
ermöglicht. Wegen ihres Abzugs mussten die Europäer dann allerdings ihre | |
Rettungsflüge für schutzbedürftige Menschen früher als eigentlich gewünscht | |
einstellen. | |
Die Notwendigkeit zusätzlicher europäischer Verteidigungsfähigkeiten sei | |
nie so deutlich gewesen wie heute, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep | |
Borrell in Slowenien. Er hoffe darauf, dass man nach den Ereignissen | |
engagierter konkrete Ergebnisse und Entscheidungen anstreben werde. Im | |
Idealfall könnten Beschlüsse bereits in der ersten Hälfte des kommenden | |
Jahres im Rahmen der Verabschiedung eines neuen Strategie-Konzepts für die | |
EU-Verteidigung gefasst werden, hieß es aus dem Auswärtigen Dienst der EU. | |
2 Sep 2021 | |
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