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# taz.de -- Aktuelle Nachrichten zu Afghanistan: Widerstandskämpfer geben nich…
> In Kabul wird gewaltsam eine Frauen-Demo aufgelöst. Die UN plant eine
> Hilfskonferenz im September. Und im Pandschir-Tal gibt es Widerstand
> gegen die Taliban.
Bild: Widerstandskämpfer bei einer Trainingsübung in der Provinz Pandschir
## Zusammenstöße bei Frauen-Demo in Kabul
Bei einer Demonstration für Frauenrechte in der afghanischen Hauptstadt
Kabul ist es zu Zusammenstößen gekommen. Mindestens eine Frau sei dabei
verletzt worden, berichteten lokale Journalisten am Samstag. Sie teilten
das Video einer Frau, der Blut vom Kopf läuft.
Rund zwei Dutzend Frauen hatten zunächst friedlich in der Nähe des
Präsidentenpalastes demonstriert. Sie hielten Schilder in der Hand, auf
denen etwa „Wir sind nicht die Frauen von vor 20 Jahren“ stand oder
„Gleichheit – Gerechtigkeit – Demokratie!“. Auf Videos ist dann zu sehe…
wie die Frauen von Sicherheitskräften der Taliban umzingelt sind und sich
Schreiduelle mit Taliban liefern.
In einem Video von Aktivistinnen, etwas abseits der Demo aufgenommen, sagt
eine Frau, Frauen hätten sich gebildet, um in hochrangigen
Regierungspositionen zu arbeiten. „Was ist unsere Schuld, dass sie uns
heute ins Abseits drängen?“, fragt sie. Die Frau, die filmt, sagt weiter,
der friedliche Protest von Frauen sei wieder von den Taliban mit
Warnschüssen und Tränengas unterdrückt worden.
Die Videos und Angaben konnten zunächst nicht unabhängig verifiziert
werden. Auch der Sender CNN berichete über den Frauenprotest. Zuvor hatten
bereits am Freitag mehrere Frauen in Kabul für Frauenrechte demonstriert.
Während des Taliban-Regimes zwischen 1996 und 2001 durften Frauen in
Afghanistan nicht mehr arbeiten und nur noch verschleiert in Begleitung
eines männlichen Familienmitglieds das Haus verlassen. In der
Öffentlichkeit war für sie lautes Sprechen oder Lachen verboten. Mädchen
wurden auch vom Schulunterricht ausgeschlossen. Viele Frauen befürchten,
dass die Taliban wieder ähnliche Regeln für sie einführen werden. (dpa)
## Widerstandsfraktion kämpft um die Provinz Pandschir
Der Anführer einer Widerstandsfraktion gegen die militant-islamistischen
Taliban in Afghanistan will weiter kämpfen. „Wir werden den Kampf für Gott,
Freiheit und Gerechtigkeit niemals aufgeben“, teilte Achmad Massud am
Samstag auf seiner Facebookseite mit. Seit mittlerweile fünf Tagen gibt es
Gefechte zwischen Taliban und Kämpfern der Nationalen Widerstandsfront um
Pandschir, [1][die einzige Provinz im Land, die die Taliban bisher nicht
kontrollieren.]
Ursprünglich hatte es von beiden Seiten geheißen, man wolle die offene
Machtfrage durch Verhandlungen lösen. Ein Sprecher der Nationalen
Widerstandsfront schrieb diese Woche auf Twitter, die Taliban hätten Massud
einen Posten in der künftigen Regierung angeboten und den Schutz seines
Eigentums. Dieser habe aber abgelehnt und dies damit begründet, dass er
keine persönlichen Interessen verfolge. Von den Taliban gab es dazu bisher
keine Aussagen.
Die Kämpfe begannen am Dienstag mit Taliban-Angriffen auf Kontrollposten am
Eingang zum Pandschir-Tal. Beide Seiten gaben an, das sie der jeweils
anderen Seite heftige Verluste zugefügt hätten. In der Nacht zu Samstag
verbreiteten Taliban-Unterstützer auf Twitter Gerüchte, Pandschir sei
gefallen und die Führung des Widerstands geflohen.
Dies dementierte der bisherige Vizepräsident Amrullah Saleh, der selbst in
Pandschir sein soll, umgehend. Die Situation sei schwierig, aber „wir haben
unser Land verteidigt“, sagte er. Pandschir konnte von den Taliban auch
während ihrer ersten Herrschaft zwischen 1996 und 2001 nicht erobert
werden. Das lag neben dem Widerstand der Nordallianz auch an der
geografischen Lage – der Eingang zum Tal ist eng und gut zu verteidigen.
(dpa)
## Nichtregierungsorganisationen sprechen mit Taliban
Als UN-Generalsekretär António Guterres vor einer „humanitären Katastrophe…
am Hindukusch warnte, hatten die Alarmglocken bei den
Nichtregierungsorganisationen längst geschrillt. 18 Millionen Afghanen
leben bereits unter katastrophalen Bedingungen – ihre Zahl könnte sich laut
UNO bald verdoppeln.
Bei den Hilfsorganisationen herrscht Ungewissheit über [2][das künftige
Vorgehen der Taliban.] Viele NGOs bemühen sich darum, von den Islamisten
Garantien für die Fortsetzung ihrer Arbeit zu erhalten. „Unsere Teams vor
Ort haben in vielen Provinzen bereits Gespräche mit den Taliban
aufgenommen“, sagt Michelle Delaney vom Norwegischen Flüchtlingsrat. „Jedes
Mal wurden wir aufgefordert, unsere Arbeit fortzusetzen.“ Auch andere NGOs
berichten von Gesprächen mit den Taliban über Sicherheitszusagen und die
Fortführung ihrer Arbeit.
2019 hatten die Taliban in den von ihnen kontrollierten Gebieten der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem Internationalen Komitee vom Roten
Kreuz (IKRK) die Arbeitserlaubnis zeitweise entzogen. Damals ging es darum,
dass sich die Taliban vor allem gegen die Polio-Impfung wandten. Sie sahen
darin unter anderem eine angebliche Verschwörung des Westens zur
Sterilisierung muslimischer Kinder. Derzeit ist Afghanistan außer Pakistan
das letzte Land der Welt, in dem die Kinderlähmung noch verbreitet ist.
Heute ist die Lage verheerend: Corona, Dürre, Verletzte in den
Krankenhäusern, hunderttausende Flüchtlinge. Das von vier Jahrzehnten Krieg
verwüstete Land, eines der ärmsten der Welt, ist weitgehend von
ausländischer Hilfe abhängig.
Auch was die Frauenrechte anbelangt, herrscht große Unsicherheit bei den
NGOs. „Alle fragen sich, was geschehen wird“, sagt Marianne O'Grady,
Vize-Direktorin der Hilfsorganisation Care Afghanistan. Bisher sei die
Arbeit der Organisation, die sich für die Autonomie von Frauen einsetzt,
nicht behindert worden.
Die Sicherheit der Helfer ist eine weitere Herausforderung in dem Land, das
als eines der gefährlichsten weltweit für Mitarbeiter von
Hilfsorganisationen gilt. Am 3. Oktober 2015, inmitten der Kämpfe zwischen
Taliban und afghanischen Regierungstruppen, hatte ein US-Militärflugzeug
ein Krankenhaus der Organisation Ärzte ohne Grenzen in Kundus bombardiert.
Dennoch lassen sich die Hilfsorganisationen, vor allem die, die bereits in
Taliban-Gebiet gearbeitet haben, nicht entmutigen.
Das Land könnte in den nächsten Monaten vor einem Mangel an medizinischem
Material stehen, warnt Felipe Ribeiro von Ärzte ohne Grenzen. Vor allem
angesichts der mangelhaften Maßnahmen gegen die Coronapandemie: Kaum ein
Prozent der Bevölkerung ist geimpft.
Verstärkt wird das Problem durch die im Ausland eingefrorenen nationalen
Reserven und durch die gestrichene Entwicklungshilfe für Afghanistan.
O'Grady von Care gesteht: „Die Frage, die wir uns alle stellen, ist, wie
die Zukunft der humanitären Hilfe in diesem Land wohl aussehen wird.“ (afp)
## UN-Hilfskonferenz findet am 13. September statt
Zur humanitären Hilfe für Afghanistan findet Mitte September eine
UN-Konferenz in Genf statt. UN-Generalsekretär António Guterres werde das
hochrangige Treffen am 13. September leiten, teilte sein Sprecher am
Freitag mit. Die Konferenz soll zum einen auf eine „rasche Erhöhung der
Finanzierung“ hinwirken, „damit lebensrettende humanitäre Einsätze
fortgesetzt werden können“, erklärte Dujarric. Zum anderen gehe es darum,
einen „vollständigen und ungehinderten humanitären Zugang“ zu Afghanistan
zu erhalten, damit die Afghanen weiterhin versorgt werden könnten.
Guterres' Sprecher machte deutlich, dass die Hilfen für Afghanistan an
Bedingungen geknüpft werden sollen. Die bisherigen Entwicklungsfortschritte
in dem Land müssten geschützt werden, erklärte Dujarric. Außerdem seien
Frauenrechte ein „wesentlicher“ Faktor für Afghanistans Stabilität in der
Zukunft.
Afghanistan war bereits vor der Machtübernahme der Taliban in hohem Maße
von humanitärer Hilfe aus dem Ausland abhängig. Rund 40 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes werden aus dem Ausland finanziert.
Die USA dürften die UN und andere Organisationen bei ihren
Afghanistanhilfen weiter unterstützen, verlautete es aus Kreisen der
Demokraten. [3][Die Partei von US-Präsident Joe Biden halte mit großer
Wahrscheinlichkeit an Hilfszusagen fest,] sagte ein Berater der Demokraten
im Senat. Die Unterstützung einer neuen Regierung unter den Taliban sei
dagegen praktisch ausgeschlossen.
Die UNO hat nach eigenen Angaben humanitäre Flüge in Teile Afghanistans
wieder aufgenommen. Die Vereinigten Arabischen Emirate schickten am Freitag
ein Flugzeug mit dringend benötigten medizinischen Hilfsgütern und
Lebensmitteln nach Afghanistan. (afp/rtr)
4 Sep 2021
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