| # taz.de -- Familiennachzug aus Afghanistan: Deutschpflicht bleibt | |
| > Beim Familiennachzug aus Afghanistan verzichtet die Bundesregierung nun | |
| > auf Sprachzertifikate. Trotzdem sollen alle vorher Deutsch lernen. | |
| Bild: Zwischenstation bei der Evakuierung in Usbekistan am 25. August: Viele mu… | |
| Berlin taz | Auch nach dem Fall Afghanistans an die Taliban will die | |
| Bundesregierung darauf bestehen, dass Antragsteller*innen [1][für den | |
| Familiennachzug] in ihrer Heimat Deutsch lernen. Das geht aus einer der taz | |
| vorliegenden Antwort des Auswärtigen Amtes (AA) auf eine schriftliche Frage | |
| der Linken-Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut hervor. Allerdings soll das | |
| bisherige strenge Visa-Regime zumindest etwas gelockert werden. | |
| Lernen kann jede oder jeder auf seine beziehungsweise ihre Weise, an einer | |
| Sprachschule, in Onlinekursen, mit Partner*in oder im Selbststudium. | |
| Bisher aber war es zwingend, dass das Sprachzertifikat an einem | |
| Goethe-Institut abgelegt werden muss, etwa in Indien, Pakistan oder | |
| Usbekistan – das Goethe-Institut in Afghanistan ist seit 2017 geschlossen. | |
| Zusätzlich erschwert wird die Antragstellung, weil auch die | |
| Konsularabteilung an der Deutschen Botschaft in Kabul 2017 nach einem | |
| Bombenanschlag geschlossen wurde, nach der Machtergreifung der Taliban ist | |
| die ganze Botschaft zu. Visa-Antragsteller*innen mussten und müssen nach | |
| Neu Delhi oder Islamabad reisen, die Wartezeiten für einen Termin liegen in | |
| der Regel bei mindestens einem Jahr. Vielfach dauert es Jahre, bis ein | |
| Visum erteilt wird – wenn überhaupt. Und auch wenn Gatte oder Gattin | |
| Deutsche*r ist. | |
| ## Deutschkenntnisse anders glaubhaft machen | |
| In ihrer Antwort an Akbulut schreibt AA-Staatssekretärin Antje Leendertse | |
| jetzt, die Bundesregierung gehe „vorbehaltlich einer grundsätzlich | |
| erforderlichen Bewertung jedes Einzelfalls“ davon aus, dass für Menschen | |
| mit Wohnsitz oder dauerhaftem Aufenthaltsort in Afghanistan eine sogenannte | |
| A-1-Prüfung – gemeint ist damit ein Nachweis über einfache Sprachkenntnisse | |
| – „derzeit grundsätzlich weder möglich noch zumutbar ist“. Weiter heiß… | |
| „Hinreichende Sprachkenntnisse können im Rahmen des Visaverfahrens daher | |
| alternativ glaubhaft gemacht werden.“ Wie genau das umgesetzt werden soll, | |
| geht aus der Regierungsantwort nicht hervor – eine Anfrage der taz dazu an | |
| das Auswärtige Amt blieb zunächst unbeantwortet. | |
| Ende August war aus dem AA auf Anfrage betont worden, „dass für die | |
| Erteilung eines Visums zum Ehegattennachzug grundsätzlich auch der Nachweis | |
| von einfachen Deutschkenntnissen erforderlich ist“. Damals bestand die | |
| Behörde noch darauf, dass dieser „in der Regel“ durch Vorlage eines | |
| „Zertifikats eines anerkannten Sprachinstituts“ wie des Goethe-Instituts | |
| erfolgen müsse. Ermessensregelungen etwa im Aufenthaltsgesetz oder im | |
| Visumhandbuch des Auswärtigen Amts wurden in den deutschen Visa-Stellen | |
| nach Darstellung der Bundestagsabgeordneten Akbulut in aller Regel nur sehr | |
| restriktiv oder gar nicht genutzt. | |
| Die Linken-Politikerin begrüßte es als „wichtige, wenn auch überfällige | |
| Klarstellung“, dass auf die Sprachzertifikate des Goethe-Instituts nun | |
| künftig verzichtet werden soll. Dass Deutsch aber nicht erst nach Ankunft | |
| in Deutschland gelernt werden kann, hält sie unter den Bedingungen der | |
| beginnenden Taliban-Herrschaft für unzumutbar und zynisch, wie sie der taz | |
| sagte: „Wie sollen insbesondere Frauen in Afghanistan, die vor Sorgen | |
| umkommen und kaum noch das Haus verlassen können, sich jetzt auf das | |
| Erlernen der deutschen Sprache konzentrieren? Das ist doch so, als ob man | |
| Ertrinkende nach ihren Deutschkenntnissen fragen würde, bevor man ihnen | |
| einen Rettungsring zuwirft.“ Akbulut fordert vom AA: „Beim Ehegattennachzug | |
| aus Afghanistan ist auf Deutsch-Nachweise zu verzichten. Punkt.“ | |
| Das Thema betrifft Tausende, mit steigender Tendenz. Im August standen auf | |
| den „Terminwartelisten“ für die Vorsprache zur Beantragung des | |
| Familiennachzugs 4173 Afghan*innen, 2760 in Islamabad und 1413 in Neu | |
| Delhi. Im Mai hatte die Zahl noch bei insgesamt 3017 gelegen. | |
| AA-Staatssekretärin Leendertse kündigte an, dass derzeit eine personelle | |
| Aufstockung der Visastellen in den Nachbarländern Afghanistans | |
| „vorbereitet“ werde. Das mag als gute Nachricht für die Betroffenen gelten. | |
| Allerdings hatte Deutschland das Personal in den Konsularabteilungen | |
| Islamabad und Neu Delhi in den vergangenen zwei Jahren erst deutlich | |
| reduziert und damit das, wie Akbulut es nennt, „Schneckentempo“ bei der | |
| Bearbeitung von Anträgen auf Familienzusammenführung erzwungen. | |
| 5 Sep 2021 | |
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| [1] /Afghanische-Ortskraefte-in-Deutschland/!5793093 | |
| ## AUTOREN | |
| Matthias Meisner | |
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