# taz.de -- Proteste gegen Kohlekraftwerk: Datteln, der neue Hambi? | |
> Trotz des Kohleausstiegs soll mit Datteln 4 ein neues Kohlekraftwerk ans | |
> Netz. Wird die Gemeinde zum Protestort? | |
Bild: Das neue Kohlekraftwerk läuft zurzeit im Testbetrieb | |
So viele Menschen sind in Datteln selten auf der Straße: Rund 500 Menschen | |
ziehen am Freitagmittag mit bunten Plakaten und Transparenten durch die | |
35.000-Einwohner-Stadt im nördlichen Ruhrgebiet. „Kohle stoppen, Klima | |
retten“ steht darauf. „Datteln 4 – nicht mit mir“, skandieren sie. „L… | |
uns der Kohlelobby widerstehen“, ruft Dario-Roman Otte von Fridays for | |
Future ins Mikrofon. „Es ist unsere Zukunft.“ Auch für die | |
nordrhein-westfälische Grünen-Vorsitzende Mona Neubaur steht fest: „Datteln | |
4 darf nicht ans Netz.“ | |
Junge Klimaschützer*innen von Fridays for Future, aber auch von Extinction | |
Rebellion, Ortsgruppen von Grünen und Linken und der Umweltverband BUND | |
haben für die Demo geworben. Von dem, was in den nächsten Monaten auf | |
Datteln zukommen dürfte, davon vermittelt dieser Freitagmittag trotzdem nur | |
einen Vorgeschmack. | |
Dass Datteln so viel Aufmerksamkeit [1][bekommt, ist neu]. In den letzten | |
Jahren war das Steinkohlekraftwerk, das dort gebaut wurde, eher von lokalem | |
Interesse. Doch nun wird das Großkraftwerk in der Kleinstadt zu einem | |
bundesweiten oder sogar internationalen Symbol für eine verfehlte | |
Klimapolitik. Und damit zu einem möglichen Kristallisationspunkt für | |
Proteste, ähnlich wie Brokdorf und Gorleben für die alte Anti-Atom-Szene | |
oder der Hambacher Forst für die junge Klimabewegung. | |
## „Für uns wird Datteln der neue Hambacher Wald“ | |
Dieser Wald am Rande des Braunkohletagebaus Hambach ist nach hartnäckigem | |
Widerstand – in Baumhäusern, vor Gericht und auf der Straße – schließlich | |
davor gerettet worden, vom Energiekonzern RWE abgebaggert zu werden. An | |
diesen Erfolg wollen die Umweltschützer*innen jetzt anknüpfen. Für | |
Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser steht fest: „Für uns wird Datteln | |
der neue Hambacher Wald.“ Und auch Kathrin Henneberger, Sprecherin des | |
Protestbündnisses „Ende Gelände“, das in den vergangenen Jahren mit | |
Massenaktionen zivilen Ungehorsams vor allem Braunkohle-Tagebaue blockiert | |
hat, sagt: „Datteln 4 kann durchaus ein zweiter Hambi werden, was die Größe | |
des Protests angeht.“ | |
Der Soziologe Simon Teune forscht an der Technischen Universität Berlin zu | |
sozialen Bewegungen. Mit Blick auf Datteln 4 sagt er: „Es ist ein Exempel, | |
an dem man die falsche Energiepolitik deutlich machen kann. Wenn da wieder | |
lokale und überregionale Akteure zusammenkommen und viel Energie | |
reinstecken, kann das durchaus groß werden.“ | |
[2][Neben Demos von Fridays for Future und Umweltverbänden] wie an diesem | |
Freitag sind auch Aktionen zivilen Ungehorsams geplant. Mitstreiter*innen | |
von Ende Gelände diskutieren bereits intensiv über eine Blockade des neuen | |
Kraftwerks. Im Hambacher Wald denken einige Bewohner*innen der dortigen | |
Baumhäuser darüber nach, Flöße zu bauen, um den Kanal zu blockieren, auf | |
dem die Steinkohle nach Datteln geschafft werden soll. Der ist schließlich | |
nicht mal 100 Kilometer entfernt. | |
Auslöser für die neuen Proteste ist die Entscheidung der Bundesregierung, | |
dass Datteln 4 trotz des beschlossenen Kohleausstiegs in Kürze in Betrieb | |
gehen darf. Die Kohlekommission, die vor fast genau einem Jahr ihr Konzept | |
zum Ausstieg aus der Kohlenutzung in Deutschland vorstellte, empfahl zwar | |
das Gegenteil. Doch auch um mögliche Schadenersatzforderungen von rund 1 | |
Milliarde Euro zu vermeiden, setzte sich die Große Koalition darüber | |
hinweg. Im Sommer soll der Regelbetrieb beginnen. | |
Danach hat es lange nicht ausgesehen. Das neue Kraftwerk in Datteln mit | |
seinem 180 Meter hohen Kühlturm überragt die Landschaft, selbst aus dem | |
rund 20 Kilometer entfernten Bochum ist es zu erkennen. Doch viele Jahre | |
lang stieg daraus kein Dampf auf. | |
Gestritten wird um Datteln 4 seit mehr als 15 Jahren. 2005 klagten der | |
Umweltverband BUND und ein Landwirt, dessen Hof in Sichtweite des | |
Kohleblocks liegt, gegen den geplanten Neubau. Eon, der Vorgänger des | |
jetzigen Betreibers Uniper, schuf derweil Fakten – und ließ das Kraftwerk | |
ab 2007 für 1,5 Milliarden Euro hochziehen. | |
Zwei Jahre später folgte eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts | |
Münster: Datteln 4 stehe am falschen Platz, urteilten die Richter, es | |
verstoße damit gegen den Landesentwicklungsplan. Der sah einen etwa 5 | |
Kilometer entfernten Standort vor, doch Eon hatte stattdessen neben seinen | |
alten – heute teilweise abgerissenen – Steinkohleblöcken 1 bis 3 gebaut. | |
Denn die liegen direkt am Dortmund-Ems-Kanal, über den auch die Kohle für | |
den neuen Block 4 angeliefert werden soll. | |
Eine „Kraftwerkserweiterung oder ein Ersatzkraftwerk für das bereits | |
bestehende Kraftwerk mit 300 Megawatt“ sei der neue Block 4 mit seinen | |
1.052 Megawatt trotzdem nicht, urteilte das Oberverwaltungsgericht Münster. | |
Erstmals verknüpften die Richter zudem eine Kraftwerks-Baugenehmigung mit | |
dem Klimaschutz. Kraftwerksplanungen könnten „nur realisiert werden, wenn | |
damit in der CO2-Bilanz und bei anderen klimarelevanten Stoffen ein | |
Fortschritt erreicht wird“, heißt es in dem Urteil von 2009. | |
Einen „Schwarzbau“ nennt der BUND Datteln 4 seitdem. Widerwillig verhängte | |
die zuständige Bezirksregierung Münster nach dem Urteil einen Baustopp. Die | |
Anwohner*innen hofften, dieser Zustand könnte von Dauer sein – schließlich | |
hatte das Gericht zusätzlich gerügt, die von der traditionell | |
kohlefreundlichen SPD geführte Dattelner Stadtverwaltung habe „das | |
Gefährdungspotenzial des Kraftwerks und den Schutz der Bevölkerung“ nicht | |
ausreichend berücksichtigt. | |
## 480 Meter weiter steht das Kraftwerk | |
Aus dem Küchenfenster von Rainer Köster ist der riesige Kühlturm gut zu | |
sehen. Er wohnt in der Dattelner Meistersiedlung des schon 1972 | |
stillgelegten Bergwerks Emscher-Lippe. Der ehemalige Polizist klagt selbst | |
gegen Datteln 4, er ist auch Sprecher der Interessengemeinschaft, mit der | |
sich die Bewohner*innen der Zechenhäuser wehren. Zwischen der | |
Meistersiedlung und dem Kraftwerk liegen nur 480 Meter – das ist weniger | |
als halb so viel wie der Abstand, den die Bundesregierung künftig zwischen | |
Wohnhäusern und Windrädern vorschreiben will. | |
Schon heute verdunkeln Dampfwolken den Himmel über dem Kraftwerk, das sich | |
hinter Kösters Garten erhebt. Denn trotz der Klagen und gewonnenen | |
Gerichtsverfahren läuft Datteln 4 seit einigen Wochen in einer Art | |
Testbetrieb. Laut Angaben der Strombörse EEX darf das Kraftwerk vom 21. | |
Januar bis zum 12. Februar mit halber Leistung arbeiten. | |
„Die Politik hat uns verarscht“, sagt Köster. Nach dem wegweisenden Urteil | |
aus Münster habe die schwarz-gelbe Regierung des damaligen | |
Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) den Landesentwicklungsplan | |
einfach im Sinne von Eon und Uniper geändert. Das rot-grüne Kabinett von | |
Nordrhein-Westfalens Regierungschefin Hannelore Kraft (SPD) habe das zwar | |
wieder zurückgedreht – den Weiterbau von Datteln 4 dann aber durch eine | |
Ausnahmegenehmigung doch legalisiert, sagt Köster. Ihn ärgert das, er ist | |
seit 1969 selbst Sozialdemokrat. | |
„Unsere Klagen gegen Datteln 4 ruhen, bis ein als Musterprozess geltendes | |
Verfahren in Lünen abgeschlossen ist“, erklärt der 72-Jährige. Denn Datteln | |
ist nur einer der vielen Steinkohleblöcke, die im nördlichen Ruhrgebiet | |
aufgereiht sind: Wer auf der Autobahn 2 von Ost nach West fährt, kann die | |
Kühltürme und Schornsteine der Kraftwerke etwa in Hamm-Uentrop, Bergkamen, | |
Herne, Gelsenkirchen-Scholven oder Duisburg-Walsum nicht übersehen. | |
Verheizt werden sollten hier Millionen Tonnen aus den Bergwerken des | |
einstigen Steinkohlereviers. Doch mit Prosper-Haniel in Bottrop hat die | |
letzte Zeche Ende 2018 dichtgemacht. Der Dattelner Block 4, der | |
ursprünglich schon im Jahr 2011 Strom produzieren sollte, ist aus der Zeit | |
gefallen. | |
Ans Netz soll er trotzdem. Köster fürchtet deshalb nicht nur Schwefel und | |
Quecksilber, die mit der Kohleverbrennung auf Datteln, das Ruhrgebiet und | |
das Münsterland niederregnen. Besondere Sorge bereiten ihm auch die 10 | |
Prozent Petrolkoks, die Uniper der Kohle wohl beimischen dürfte. Die | |
Raffinerieabfälle enthalten die Schwermetalle Nickel und Vanadium, die in | |
hohen Dosen als krebserregend gelten. Trotzdem werden sie etwa in Lünen, | |
Herne und Eschweiler in Kraftwerken verbrannt: Petrolkoks ist billiger als | |
Kohle – und hat einen höheren Brennwert. | |
Auch auf Drängen ihres Genossen Köster fordert mittlerweile die Dattelner | |
SPD-Ratsfraktion einen Verzicht auf die Raffinerieabfälle. „Von der | |
Stadtverwaltung ist aber nichts zu hören“, sagt er. SPD-Bürgermeister André | |
Dora redet lieber von den Gewerbesteuern, die Datteln 4 in die Stadtkasse | |
spülen soll. Wie hoch die sein werden, will er nicht sagen – Uniper hat | |
bereits steuerbefreiende Verluste von rund 500 Millionen Euro auf sein seit | |
neun Jahren stillliegendes Kraftwerk abgeschrieben. | |
Neben dem juristischen Kampf gegen das Kraftwerk haben die Anwohner*innen | |
es auch mal mit Protest vor Ort versucht. Unter dem Motto „Heimleuchten“ | |
gingen sie 2012 auf die Straße. „Wir sind mit Fackeln vor das Kraftwerk | |
gezogen“, erzählt Köster. Ganz einfach sei es nicht gewesen, in einer | |
ehemaligen Bergbaustadt gegen ein Kohlekraftwerk zu mobilisieren. Er hofft | |
nun auf die angekündigten Proteste der jungen Leute von Fridays vor Future | |
und Ende Gelände. „Wir in der Interessengemeinschaft“, sagt Köster, „ko… | |
aus dem 20. Jahrhundert. Jetzt sind Menschen des 21. Jahrhunderts gefragt.“ | |
Die dürften es angesichts des praktisch fertigen Kraftwerks aber auch | |
schwer haben, glaubt Protestforscher Simon Teune. „Anders als bei vielen | |
anderen Projekten, gegen die mobilisiert wurde, ist man hier schon am Ende | |
eines Verfahrens“, sagt er. „Es wird nicht leicht, konkrete Erfolge zu | |
erzielen.“ Andererseits ist das Protestpotenzial größer als bisher, denn | |
jetzt stehen weniger die regionalen als vielmehr die globalen Auswirkungen | |
von Datteln 4 im Fokus. | |
Wenn das neue Kraftwerk in den Regelbetrieb geht, würde es im | |
Volllastbetrieb jeden Tag etwa 8.000 Tonnen Steinkohle verfeuern und damit | |
pro Jahr bis zu acht Millionen Tonnen CO2 produzieren, kritisieren Fridays | |
for Future und Ende Gelände. | |
Zum einen ist für sie die Herkunft der Kohle ein großes Problem. Denn seit | |
die letzten deutschen Zechen geschlossen wurden, importiert Deutschland die | |
Steinkohle – etwa als „Blutkohle“ aus Kolumbien. Dort sorgt der 69.000 | |
Hektar große Tagebau El Cerrejón nicht nur für massive Umweltzerstörung, | |
Luftverschmutzung und Wassermangel: Anwohner*innen klagen über Vertreibung | |
ohne ausreichende Entschädigung. Aktivist*innen berichten von | |
gewalttätigen Anschlägen bis hin zu Mord. Solche Menschenrechtsverletzungen | |
seien Konzernen wie Uniper offenbar egal, kritisiert | |
Ende-Gelände-Sprecherin Kathrin Henneberger am Freitag am Rande der | |
Demonstration. „Das ist koloniales Gehabe.“ | |
Vor allem aber wäre die Inbetriebnahme von Datteln 4 „Gift für den | |
Klimaschutz“, kritisiert die Klima-Allianz, zu der sich zahlreiche | |
Umweltverbände zusammengeschlossen haben. Ob durch den Start von Datteln 4 | |
aber tatsächlich mehr CO2 freigesetzt wird, darüber gehen die | |
Einschätzungen auseinander. | |
Der Kohleausstiegsfahrplan der Regierung nennt für verschiedene Jahre | |
jeweils eine Maximalleistung für alle Kohlekraftwerke, die noch betrieben | |
werden dürfen. Wenn mit Datteln 4 ein neues Kraftwerk mit einer Leistung | |
von gut 1.000 Megawatt ans Netz geht, müssen also zwangsläufig andere, | |
ältere Kraftwerke mit gleicher Leistung vom Netz gehen. | |
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) behauptete | |
deshalb sogar, durch die Inbetriebnahme von Datteln würden die Emissionen | |
nicht steigen, sondern sinken. „Ich gehe davon aus, dass, wenn Datteln 4 | |
ans Netz geht, mehr CO2 eingespart wird, als wenn es nicht ans Netz geht“, | |
sagte er vergangene Woche. | |
Umweltschützer*innen bestreiten das entschieden. Der BUND in | |
Nordrhein-Westfalen erwartet, dass durch die Inbetriebnahme von Datteln 4 | |
jedes Jahr 2 bis 4 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich in die Atmosphäre | |
gelangen. Bis zum Ende der Kohleverstromung im Jahr 2038 rechnet der | |
Verband mit 50 bis 70 Millionen Tonnen. | |
Denn der Umweltverband geht davon aus, dass Datteln 4 als modernes, | |
effizientes Kraftwerk fast permanent unter Volllast laufen wird, während | |
die im Gegenzug stilllgelegten alten Meiler bisher weitaus geringer | |
ausgelastet waren. „Datteln 4 würde nicht nur ältere Kohlekraftwerke aus | |
dem Markt drängen, sondern wesentlich klimafreundlichere Gaskraftwerke“, | |
folgert der stellvertretende Landesvorsitzende des BUND, Thomas | |
Krämerkämper. | |
Diese Gaskraftwerke waren wegen ihrer höheren Kosten lange Zeit nicht | |
wirtschaftlich. Durch die steigenden Preise für CO2-Emissionen, die Kohle | |
stärker verteuern als Gas, hat sich das geändert: Gaskraftwerke konnten im | |
vergangenen Jahr erstmals wieder mit Kohlekraftwerken konkurrieren. | |
Dieser Effekt könnte durch die geringeren Kosten beim effizienteren | |
Datteln-Kraftwerk zunichte gemacht werden, fürchtet auch Felix Matthes, | |
Energieexperte am renommierten Öko-Institut. Die zusätzlichen Emissionen | |
durch die Datteln-Inbetriebnahme schätzt er allerdings insgesamt deutlich | |
geringer ein als der BUND. Eine Berechnung, die Matthes im Auftrag des | |
Bundesumweltministeriums durchgeführt hat, kommt nach taz-Informationen | |
über die gesamte Laufzeit auf etwa 14 Millionen Tonnen CO2. | |
Auch die Bundesregierung räumt inzwischen ein, dass zusätzliche Emissionen | |
entstehen, wenn im Gegenzug für die Datteln-Inbetriebnahme nur alte | |
Kohlekraftewerke mit gleicher Gesamtleistung vom Netz genommen werden. Als | |
Ergebnis mehrerer Berechnungen geht man dort von zusätzlich 10 Millionen | |
Tonnen CO2 aus. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums sollen diese nun | |
aber durch weitere Stilllegungen älterer Kraftwerke komplett kompensiert | |
werden. „Es wird durch die Inbetriebnahme von Datteln 4 daher keine Tonne | |
CO2 zusätzlich zum vereinbarten Ausstiegspfad ausgestoßen“, sagt ein | |
Sprecher. | |
Auch Datteln-Betreiber Uniper, dessen neuer Mehrheitseigner Fortum aus | |
Finnland auf seiner Webseite „entschlossenes und schnelles Handeln“ gegen | |
den Klimawandel fordert, sieht keinen Grund für Proteste. Es handele sich | |
um „eines der modernsten Kohlekraftwerke“, sagte Uniper-Chef Andreas | |
Schierenbeck jüngst im Handelsblatt. Datteln 4 sei Teil der | |
Konzernstrategie, „den CO2-Ausstoß zu senken“. | |
Das Unternehmen betont, dass das Kraftwerk besonders effizient sei. Neben | |
einer elektrischen Leistung von 1.052 Megawatt, mit der knapp zur Hälfte | |
Strom für die Bahn produziert werde, könne Datteln 4 auch noch 100.000 | |
Haushalte mit Fernwärme versorgen. Der Gesamtwirkungsgrad liege damit bei | |
über 60 Prozent – deutlich höher als bei anderen Kohlekraftwerken. | |
Doch solche Zahlen und politischen Zusagen überzeugen selbst die | |
Wissenschaftler*innen nicht, die in der Kohlekommission mitgearbeitet | |
haben. „Datteln ans Netz zu nehmen, ist ein völlig falsches Signal“, sagt | |
etwa die ehemalige Co-Vorsitzende der Kommission, Barbara Praetorius. „Das | |
kann man weder national noch international vermitteln.“ Auch Felix Matthes | |
vom Öko-Institut, der auch andere Länder zum Kohleausstieg berät, | |
kritisiert die Entscheidung. „Die Arbeit der Kohlekommission ist | |
international mit viel Interesse verfolgt worden. Der positive | |
Ausstrahlungseffekt wurde mit dieser Entscheidung schwer beschädigt.“ | |
Und die Anti-Kohle-Demonstrant*innen lassen sich von Zugeständnissen im | |
Detail sowieso nicht aufhalten. Wichtiger als die konkreten | |
Klimaauswirkungen sei das Symbol, dass in Deutschland im Jahr 2020 noch ein | |
neues Kohlekraftwerk ans Netz gehen soll. Trotz der Erderwärmung noch | |
mindestens 18 Jahr Kohle zu verbrennen, sei „mit nichts“ zu rechtfertigen, | |
sagt Greenpeace-Kampagnerin Lisa Göldner am Freitag bei ihrer Rede in | |
Datteln. | |
Mit dieser Haltung steht der Widerstand gegen das neue Kraftwerk übrigens | |
ganz in der Tradition früherer Umweltproteste: Auch in Wyhl, Gorleben und | |
dem Hambacher Wald ging es nicht primär um den konkreten Standort – sondern | |
vor allem um die dahinterstehende Technologie. | |
24 Jan 2020 | |
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