| # taz.de -- Fridays for Future in Berlin: Die Luft ist gerade raus | |
| > Der erste Schulstreik im neuen Jahr ist nur mäßig besucht. Die neue | |
| > Strategie der Berliner FFF-Führung kommt bei TeilnehmerInnen nicht so gut | |
| > an. | |
| Bild: Zwei Mädchen schreiben am Invalidenplatz eine Botschaft aufs Pflaster (M… | |
| Berlin taz | Vor der Bühne ist viel Platz. Die DemonstrantInnen füllen ihn | |
| nicht. „Es sind weniger als sonst“, bemerkt eine Frau im Rentenalter. „Wir | |
| waren aber auch noch nie so früh da“, entgegnet ihr Begleiter. Die Uhr | |
| zeigt 12.01 Uhr. | |
| Es ist der erste Schulstreik für Klima nach sechs Wochen Pause. Vor 16 | |
| Tagen standen Fridays for Future vor dem Siemensgebäude. Vergebens, | |
| vergebens. [1][Der Konzern hält an dem umstrittenen Kohleförderprojekt | |
| Adani in Australien fest]. Vielleicht ist das einer der Gründe, wieso sich | |
| nur so wenige DemonstrantInnen am Invalidenplatz versammelt haben. Weil die | |
| Luft gerade einfach raus ist. | |
| Und man kann sie verstehen. Seit über einem Jahr gehen die SchülerInnen auf | |
| die Straße und fordern eine drastische Wende in der Klimapolitik. Was sie | |
| bekommen, ist ein schwaches Klimapaket und einen Aufschub des | |
| Kohleausstiegs. | |
| Deshalb [2][wollen die Berliner AktivistInnen jetzt ihre Strategie ändern]: | |
| Protestiert werden soll vor allem vor großen Konzernen und in den Kiezen, | |
| nicht mehr jede Woche im Invalidenpark gegen die Bundesregierung. Die | |
| AktivistInnen wollen lieber in einzelne Bezirke gehen, sich lokalpolitisch | |
| besser einsetzen. Das müssen sie auch. Denn dass das Konzept Demonstration | |
| nicht ewig funktionieren wird, zeigt auch das Geschehen im Invalidenpark. | |
| ## Es fehlt ein „How dare you?“ | |
| Dort verliest eine Rednerin aktuelle Zahlen zur Lebensmittelverschwendung. | |
| Dann prangert sie das Verbot an, von Supermärkten weggeworfene Lebensmittel | |
| zu „containern“, alle jubeln, danach ein paar Sprechchöre. Auf der Bühne | |
| steht die Band Brass Riot, die die Schülerproteste schon seit einem Jahr | |
| immer wieder musikalisch einheizt. Doch es fehlt an neuen Inhalten, es | |
| fehlt an mitreißendem „How dare you?“ | |
| Es bleibt abzuwarten, ob die AktivistInnen ihre Ziele mit der neuen | |
| Strategie erreichen können. Dafür müssten sie erst einmal ihre eigenen | |
| Leute überzeugen. Doch im Invalidenpark wissen viele TeilnehmerInnen gar | |
| nichts davon. Andere sind skeptisch. | |
| „Ich finde das ein bisschen unsinnig“, sagt Milla Weber (13). „Wenn wir | |
| nicht mehr regelmäßig zusammen streiken, ändert sich auf keinen Fall was. | |
| Dann sind wir auch weniger. Viele Leute in unserer Schule kommen nur zu den | |
| großen Demos.“ Ihre Freundin Milanka Bubenik (13) fügt hinzu: „Die wollen | |
| ja, dass wir in die Schule gehen. Wir fordern die Veränderung. Wenn wir | |
| nicht mehr alle jede Woche streiken, geben wir nach.“ | |
| ## „Die wollen ja, dass wir in die Schule gehen“ | |
| Jörg Finus (53) begleitet die Demonstration als Ordner. Er fürchtet, dass | |
| die neue Strategie zu regional sein könnte. „Einerseits ist es wichtig, | |
| dass die Fridays in Schulen gehen und dort Arbeit leisten. Gleichzeitig | |
| besteht die Gefahr, dass wir als Bewegung noch weniger wahrgenommen | |
| werden.“ | |
| Um 12.30 Uhr schätzt die Polizei die Zahl der DemonstrantInnen auf 200 bis | |
| 300. Der Platz ist ein bisschen voller geworden. Vor einem Jahr waren es | |
| 10.000 TeilnehmerInnen beim Großstreik, bei der [3][letzten Demonstration | |
| 2019, als die Bewegung ihr einjähriges Jubiläum feierte, immerhin 500]. | |
| Verständlich, dass die Bewegung nach einer neuen Strategie sucht. „Wir | |
| streiken, bis ihr handelt“ funktioniert nicht mehr. | |
| 24 Jan 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sara Wess | |
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