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# taz.de -- Migration, Bürgergeld, Schuldenbremse: Knackpunkte in Koalitionsge…
> Nach der Bundestagswahl haben Union und SPD erste Vorgespräche über eine
> Koalition geführt. Bei einigen Punkten liegen beide aber ziemlich weit
> auseinander.
Bild: Berliner Runde. Olaf Scholz und Friedrich Merz nach der Wahl in Berlin
Berlin afp | Wahlsieger und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat
Gespräche mit dem scheidenden Kanzler Olaf Scholz (SPD) geführt. Beide
kamen am Vormittag im Kanzleramt zusammen. Merz hatte am Montag
vertrauliche Gespräche mit Scholz darüber angekündigt, wie die
„Übergangsphase“ bis zum Antritt der künftigen Regierung ausgestaltet
werden könne.
Im Gespräch sind zunächst Sondierungen mit der SPD – dies wäre nach dem
Wahlergebnis die einzige mögliche Zweiter-Koalition.
Nach dem Sieg bei der Bundestagswahl hatte Merz bereits für Montag auch ein
Gespräch mit SPD-Chef Lars Klingbeil zur Übergangsphase angekündigt. Der
CDU-Chef hatte dabei gesagt, er erwarte, dass „seitens der Bundesregierung
keine Entscheidungen mehr getroffen werden, die von Dauer sind, ohne unsere
Mitwirkung“. Dies gelte auch für Personalentscheidungen.
Ob es zu Schwarz-Rot kommt, ist aber offen. Beide Seiten liegen in
Bereichen wie Migration, Bürgergeld, Klimaschutz, Reform der Schuldenbremse
oder Wahlrecht auseinander. Ein Überblick über mögliche Knackpunkte:
## Klimapolitik
Die Union [1][will das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 „im Blick“
behalten], verweist aber auf die Notwendigkeit des Erhalts der
Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Die EU-Vorgaben zur Abkehr vom
Verbrennungsmotor will sie ebenso wie das Heizungsgesetz der
Ampel-Regierung abschaffen. Zudem erwägt sie einen Wiedereinstieg in die
Nutzung der Atomkraft. Ein von der SPD gefordertes Klimageld zur Entlastung
von Bürgerinnen und Bürgern steht zwar nicht im Wahlprogramm der Union –
Merz sprach sich aber kurz vor der Wahl dafür aus.
## Migration
Die Unionsparteien [2][fordern eine deutliche Verschärfung der
Migrationspolitik], um sogenannte irreguläre Migration zu verhindern. Dazu
gehören neben dauerhaften Kontrollen an den Landesgrenzen auch ausnahmslose
Zurückweisungen an den Grenzen – auch von Asylsuchenden. Die SPD hält dies
weiter weder mit dem Grundgesetz vereinbar noch mit EU-Recht. Zudem will
die Union den Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigten, die kein
Asyl bekommen haben, aber vorerst blieben können, aussetzen. Die
Sozialdemokraten wollen dies weiter ermöglichen.
## Schuldenbremse
Aus SPD und Grünen kommen Forderungen, noch durch den alten Bundestag eine
[3][Reform der Schuldenbremse] zu beschließen, um notwendige Ausgaben vor
allem für die Bundeswehr und die Unterstützung der Ukraine zu ermöglichen.
Denn im neuen Bundestag gäbe es voraussichtlich keine Zweidrittelmehrheit
mehr für eine dazu nötige Grundgesetzänderung. Die Union ist hierzu bisher
nicht bereit und will laut Wahlprogramm an der Schuldenbremse festhalten.
Ein möglicher Kompromiss könnte ein weiteres Sondervermögen sein – ähnlich
dem 100-Milliarden-Euro-Topf für die Bundeswehr der Ampel-Regierung.
## Bürgergeld
CDU-Chef Friedrich Merz will „[4][Totalverweigerern]“, die eine
Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur ablehnen, die Bezüge komplett
streichen. Dafür nimmt Merz auch Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht in
Kauf. Den Begriff Bürgergeld will er abschaffen und durch „neue
Grundsicherung“ ersetzen. Die SPD hält hingegen am Bürgergeld fest. Sie
will aber deutlich stärker auf die richtigen Arbeitsanreize, auf mehr
Beratung und auf Kontrollen setzen, ob Arbeitsangebote auch wahrgenommen
werden.
## Mindestlohn
Die Union will [5][den Mindestlohn von derzeit 12,82 Euro pro Stunde] nicht
über eine politische Entscheidung anheben. Die Lohnuntergrenze soll
weiterhin die unabhängige Mindestlohnkommission regelmäßig anpassen, die
sich aus den Sozialpartnern zusammensetzt. Die SPD fordert hingegen eine
Anhebung auf 15 Euro spätestens ab 2026. In der SPD-geführten
Ampel-Koalition war der Mindestlohn schon einmal durch einen politischen
Beschluss auf zwölf Euro erhöht worden.
## Steuern
CDU/CSU wollen die Unternehmensteuern in mehreren Schritten auf maximal 25
Prozent senken, die SPD will Firmen hingegen durch Abschreibungen bei
Investitionen unterstützen. Bei der Einkommensteuer strebt die Union eine
Abflachung des Tarifs an und will die Einkommensgrenze für den
Spitzensteuersatz deutlich erhöhen. Außerdem soll der Soli komplett
gestrichen werden. Die SPD will ihrerseits die Einkommensteuer für 95
Prozent der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler senken, Top-Verdiener sollen
jedoch einen höheren Beitrag leisten.
## Rente
Die [6][SPD will ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent dauerhaft
garantieren]. CDU/CSU wollen Rentenniveau und Beitragssatz laut
Wahlprogramm „durch wirtschaftliches Wachstum“ stabil halten. Im Wahlkampf
hat die SPD Merz vorgeworfen, er nehme eine Kürzung der Renten in Kauf.
## Waffenlieferungen an die Ukraine
Merz hat schon lange klargemacht, dass er der Ukraine auch
Taurus-Marschflugkörper mit großer Reichweite liefern würde. Die [7][SPD
lehnt das kategorisch ab], weil sie eine Eskalation im Konflikt mit
Russland befürchtet. Ob die Frage aber in Koalitionsgesprächen eine Rolle
spielt, ist angesichts der dynamischen Entwicklungen aufgrund des Vorstoßes
von US-Präsident Donald Trump mit Kreml-Chef Wladimir Putin zu einer
Beendigung des Konflikts fraglich.
## Deutschlandticket
Die SPD will das Deutschlandticket dauerhaft zum aktuellen Preis anbieten,
ergänzt durch vergünstigte Tarife für Familien, Studierende oder ältere
Menschen. CDU-Chef Merz ist grundsätzlich für eine Weiterführung, stellt
dies aber ausdrücklich [8][unter den Vorbehalt einer möglichen
Finanzierung], die nur noch für dieses Jahr gesichert ist.
## Wahlrechtsreform
Die Union will das von der Ampel-Regierung unter SPD-Führung
[9][reformierte Wahlrecht wieder ändern]. Grund ist, dass bei der Wahl am
Sonntag 18 ihrer Wahlkreisgewinner nicht in den Bundestag kamen. Denn dies
hängt aktuell davon ab, ob auf Landesebene die Direktmandate auch durch den
Zeitstimmenanteil der Parteien gedeckt sind.
25 Feb 2025
## LINKS
[1] /Klimapolitik-unter-dem-Kanzler-Merz/!6068455
[2] /Konservative-Anti-Migrations-Plaene/!6063398
[3] /Schuldenbremse/!t5020324
[4] /Bundestag-stimmt-gegen-Unionsantrag/!6066473
[5] /Mindestlohn-feiert-10-jaehriges-Jubilaeum/!6058080
[6] /SPD-Wahlprogramm-2025/!6056448
[7] /Streit-um-Marschflugkoerper/!5995189
[8] /Bayerns-Rueckzug-aus-dem-D-Ticket/!6065120
[9] /CSU-nach-der-Wahl/!6071992
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