| # taz.de -- Bundestag stimmt gegen Unionsantrag: Friedrich Merz scheitert mit s… | |
| > Trotz Warnungen wollte der CDU-Chef sein „Zustrombegrenzungsgesetz“ durch | |
| > das Parlament bringen. Doch Union, FDP, BSW und AfD verfehlten die | |
| > Mehrheit. | |
| Bild: Merkel ist nicht weit: Bei der Debatte am Freitag liegt ihr Buch auf der … | |
| Berlin taz | Als die stellvertretende Bundestagspräsidentin Petra Pau das | |
| Ergebnis der namentlichen Abstimmung vorliest, jubelt von der linken Seite | |
| des Bundestags ein Abgeordneter laut auf: „Ja!“ Es braucht einen Moment, | |
| bis das einsickert, was die Präsidentin da sagt: „Mit Ja haben 338 | |
| Abgeordnete gestimmt, mit Nein 350 Abgeordnete gestimmt, fünf Abgeordnete | |
| haben sich enthalten“, liest Pau vor. „Der Gesetzentwurf ist abgelehnt.“ | |
| Die Gruppe der Linken applaudiert, CDU-Chef Friedrich Merz blickt fragend | |
| um sich. Der Spuk, der das Parlament die vergangenen 48 Stunden umgetrieben | |
| hatte, ist vorerst abgewendet: Die Union kann ihr geplantes Gesetz zur | |
| Verschärfung der Einwanderungspolitik in Deutschland trotz den Stimmen des | |
| BSW und der AfD nicht durchbringen. [1][Die taz berichtete in einem | |
| Live-Ticker.] | |
| Zu viele Abweichler*innen aus der Union und der FDP machen dem CDU-Chef | |
| einen Strich durch die Rechnung. Immerhin 12 Abgeordnete aus der | |
| CDU/CSU-Fraktion verweigern dem Kanzlerkandidaten ihre Gefolgschaft für | |
| sein „Zustrombegrenzungsgesetz“ und geben keine Stimmen ab. | |
| Kurz darauf tritt Merz vor die Kameras, er wirkt gefasst: „Ich bin mit mir | |
| sehr im Reinen, dass wir es wenigstens versucht haben“, sagt er. Merz | |
| bemüht sich um eine eigene Interpretation der Ereignisse der vergangenen | |
| Stunden: Er selbst und die Union gingen gestärkt aus dem Tag hervor. „Der | |
| deutsche Parlamentarismus ist der einzige Sieger. Die heftige Debatte hat | |
| uns allen genützt.“ Eine eigenwillige Sichtweise. | |
| Die Debatte war nicht nur heftig, der Tag war vor allem durch zahlreiche | |
| Wendungen und lange Phasen der Unklarheit geprägt. Über mehr als drei | |
| Stunden liefen die Abgeordneten zwischen dem Plenarsaal und den | |
| Fraktionssälen im dritten Stock des Hauses hin und her. Die | |
| Fraktionsvorsitzenden von FDP, Grünen und SPD versuchten, den CDU-Chef dazu | |
| zu bringen, die Abstimmung zu seinem Gesetzentwurf aufzuschieben – | |
| vergeblich. | |
| Wie das Ergebnis zeigte, waren vor allem bei der FDP die Zweifel daran | |
| gewachsen, dass sie sich beim „Zustrombegrenzungsgesetz“ auf dem richtigen | |
| Weg befindet. Obwohl die Liberalen bereits Anfang der Woche ihre Zustimmung | |
| zu dem Vorhaben signalisiert hatten und Parteichef Christian Lindner am | |
| Mittwoch im Bundestag mit heftigen Worten für eine restriktive Asylpolitik | |
| geworben hatte, sind am Freitag 23 von insgesamt 90 FDP-Abgeordneten nicht | |
| auf Parteikurs: 16 beteiligen sich nicht an der Abstimmung, 5 enthalten | |
| sich und zwei stimmen sogar gegen den Gesetzentwurf. | |
| ## Der FDP steckt der Mittwoch noch in den Knochen | |
| Mit diesem Stimmungsbild muss FDP-Fraktionschef Christian Dürr bereits am | |
| Morgen konfrontiert gewesen sein: Um 9.30 Uhr kündigt er an, einen Antrag | |
| einzubringen, um das Gesetz in den Ausschuss zu verweisen und dort aus der | |
| „demokratischen Mitte“ an einem Kompromiss zu arbeiten. Den | |
| FDP-Abgeordneten steckte da wohl die Entscheidung zwei Tage zuvor in den | |
| Knochen. | |
| Am Mittwoch hatte die Union mit Hilfe der FDP und um die Zustimmung der AfD | |
| wissend, einen Antrag durch den Bundestag gebracht, mit dem die Regierung | |
| etwa aufgefordert wurde, flächendeckend Grenzkontrollen an den deutschen | |
| Grenzen einzuführen und Asylsuchende pauschal zurückzuweisen. Der Aufschrei | |
| war groß: Die Union war als Initiatorin des Antrags mit dem Vorwurf | |
| konfrontiert, die Brandmauer gegen die AfD eingerissen zu haben. | |
| Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Bernd Baumann, wähnte sich | |
| bereits „in einer neuen Epoche“ – und hoffte auf mehr Macht, indem seine | |
| Partei nun dem Gesetzentwurf der Union zu einer notwendigen Mehrheit | |
| verhelfen sollte. An der AfD lag es denn auch nicht, dass dieses Vorhaben | |
| der Union am Freitag keine Mehrheit erhielt. Bis auf einen Abwesenden | |
| stimmte die extrem rechte Partei geschlossen für den Gesetzentwurf der | |
| Unionsfraktion. | |
| Parteichefin Alice Weidel machte ihren Rückhalt für die Pläne der Union | |
| nach der verlorenen Abstimmung erneut deutlich: „Die AfD steht geschlossen. | |
| Es gibt keine Abweichler, die einem berechtigten Anliegen in den Rücken | |
| fallen“, sagte sie. Dem CDU-Chef warf sie vor, seine Partei nicht im Griff | |
| zu haben. Sie fragte, wer die CDU aktuell führe: „Ist es immer noch Frau | |
| Merkel oder ist es Herr Merz?“ | |
| ## „Kehren Sie um“ | |
| Damit bezog sie sich auf die Erklärung der ehemaligen Bundeskanzlerin, mit | |
| der sie am Donnerstag den CDU-Chef scharf dafür kritisiert hatte, mit | |
| seinem Wort gebrochen zu haben und entgegen früherer Ankündigungen | |
| Mehrheiten mit der AfD gefunden zu haben. Inwieweit es diese Worte von | |
| Merkel waren, die am Freitag bei den Abweichler*innen verfingen, ist | |
| unklar. | |
| Deutlich war jedoch, dass es ein deutliches Unbehagen zumindest bei einigen | |
| in der Unionsfraktion gegenüber den Plänen von Merz gab, die Abstimmung zum | |
| Zustrombegrenzungsgesetz durchzudrücken. Mehr als 20 Minuten tagte sie am | |
| Freitagmittag hinter geschlossenen Türen, nachdem klar war, dass Merz SPD | |
| und Grüne nicht für sein Vorhaben gewinnen würde, den Entwurf im Bundestag | |
| zu unterstützen. Als die Unionsabgeordneten danach in den Plenarsaal | |
| zurückkehrten, gaben sie sich dennoch geschlossen, es auf die Abstimmung | |
| ankommen zu lassen. | |
| Daran änderten auch weitere Interventionen nichts, diesmal von SPD und | |
| Grünen. „Ich kann Ihnen nur sagen Kollege Merz, kehren Sie um“, sagte | |
| SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in der Debatte. Aus der Gruppe der Linken | |
| erinnerte deren parlamentarischer Geschäftsführer Christian Görke die Union | |
| nochmal an „unsere Kanzlerin Angela Merkel“ und ihre Mahnung. Als SPD und | |
| Grüne die Zurückstellung des CDU-Entwurfs in den Ausschuss beantragen, | |
| gehen auch die Hände bei den Linken in die Höhe. | |
| Doch eine Mehrheit aus Union, FDP, AfD und BSW: stimmt geschlossen dafür, | |
| zur Abstimmung über das Unionsgesetz zu schreiten. Damit schien Friedrich | |
| Merz freie Bahn für sein Vorhaben zu haben, sich notfalls auch am rechten | |
| Rand der Stimmen zu bedienen. Doch schließlich kam es anders. Nicht einmal | |
| die Zustimmung von Sahra Wagenknechts BSW, das sich am Mittwoch noch | |
| enthalten hatte, hat gereicht. Fraglich ist jedoch, ob dieses Scheitern | |
| eine nachhaltige Wirkung auf die Union haben wird. | |
| 31 Jan 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Cem-Odos Güler | |
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