# taz.de -- Vermögensdebatte: Das große Ringen um den Sozialstaat | |
> Wegen des Haushaltslochs will die Union Sozialleistungen kürzen. Die SPD | |
> will lieber die Reichen zur Kasse bitten. | |
Bild: Bärbel Bas (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales, in Berlin, … | |
Berlin dpa/afp/taz |Die schwarz-rote Koalition kann sich in der | |
Vermögensdebatte nicht einigen. [1][Kanzler Friedrich Merz] hat am Samstag | |
beim CDU-Landesparteitag in Bonn bekräftigt, das zu erwartende Loch im | |
Bundeshaushalt 2027 nicht mittels Steuererhöhungen stopfen zu wollen. | |
„Wir leben seit Jahren über unsere Verhältnisse“, sagte Merz. Den | |
[2][Sozialstaat könne man sich deshalb so nicht mehr] leisten. Das ist laut | |
SPD-Co-Chefin und Sozialministerin Bärbel Bas „Bullshit“. Es könne nicht | |
sein, so Bas auf einer Juso-Konferenz am Sonntag in Gelsenkirchen, dass | |
die, die reich sind und ohnehin nicht in die gesetzlichen Systeme | |
einzahlten, dann aber „darüber schwadronieren, dass wir uns das alles nicht | |
mehr leisten können“. | |
Reformen seien dennoch nötig, betonte sie auf einer Juso-Konferenz am | |
Sonntag in Gelsenkirchen. Für die SPD könne der Sozialstaat auch durch | |
[3][höhere Steuern für Spitzenverdienende und Vermögen] finanziert werden. | |
Dem stellt sich Merz jedoch weiter entgegen. | |
Die erwarteten 30 Milliarden, die im Haushalt fehlen sollen, will die Union | |
stattdessen unter anderem über Streichungen beim Bürgergeld wieder | |
reinholen. Die schwarz-rote Koalition plant im Herbst mehrere | |
Gesetzesvorhaben dazu. Nicht nur beim Bürgergeld, [4][sondern auch bei der | |
Rente] kündigte Merz am Wochenende Reformen an, damit „die Anreize größer | |
werden, länger im Arbeitsmarkt beschäftigt zu sein“. | |
[5][SPD-Finanzminister Lars Klingbeil] zeigte sich in der ARD-Sendung | |
„Bericht aus Berlin“ am Sonntag bereit, Verschärfungen beim Bürgergeld | |
mitzutragen. Sanktionen halte er besonders bei sogenannten | |
„Totalverweigerern“ und bei Personen, die trotz Bürgergeld schwarz | |
arbeiteten, für in Ordnung. Primär auf Kürzungen von Sozialleistungen zu | |
setzen, hält er aber für falsch, sagte Klingbeil. | |
Das Hauptargument von Kanzler Merz, das Haushaltsloch nicht über | |
„Steuererhöhungen“ für Reiche zu füllen, ist, dass Union und SPD sich im | |
Koalitionsvertrag geeinigt haben, in der aktuellen [6][Legislaturperiode | |
keine Steuererhöhungen zu beschließen]. | |
Kritik bekommen Merz, Söder und Co aus den eigenen Reihen: Dennis Radtke, | |
Europaabgeordneter und Bundesvorsitzender des CDU-Arbeitnehmerflügels, | |
forderte am Montag im Podcast Table Today, Steuerausnahmeregelungen bei | |
Erbschaft- und Schenkungssteuer zu beenden. | |
Durch diese [7][Ausnahmen würden „Milliardenvermögen verschenkt] und | |
vererbt, ohne dass ein Euro Steuern bezahlt wird“, sagte Radtke. Merz | |
„klare Kante“ gegen Steuererhöhungen habe damit gar nichts zu tun: „Das | |
wäre auch keine Steuererhöhung, sondern das Stopfen von Schlupflöchern.“ | |
Am Montag beginnt die [8][von der Regierung eingesetzte | |
Sozialstaatskommission] ihre Arbeit. Sie soll bis Ende des Jahres | |
Vorschläge für die Bereiche Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag machen. | |
Ab Anfang 2026 sollen diese umgesetzt werden, hatte das Sozialministerium | |
mitgeteilt. | |
1 Sep 2025 | |
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