| # taz.de -- Steuerdebatte zwischen SPD und Union: Keine Denkverbote | |
| > Die Koalition ringt um die Finanzierung des Sozialstaates. Dass die SPD | |
| > Steuererhöhungen für Vermögende ins Spiel bringt, ist absolut | |
| > folgerichtig. | |
| Bild: Lars Klingbeil, Bundesfinanzminister SPD und Bundeskanzler Friedrich Merz… | |
| Die schwarz-rote Regierungskoalition diskutiert gerade (streiten will sie | |
| nicht mehr), ob wir uns den Sozialstaat noch leisten können. Führende | |
| Unionsvertreter fordern „harte Einschnitte“, SPD-Spitzenkräfte nennen das | |
| „Bullshit“ und liebäugeln mit Steuern für Hochvermögende. Der Streit mut… | |
| an wie die jüngste Verkaufsstrategie eines bekannten | |
| Schokoladenherstellers: [1][bunte Verpackung, wenig Inhalt.] | |
| Denn weder führen Friedrich Merz oder Markus Söder, die rhetorisch den | |
| Kürzungshammer schwingen, an, welche Sozialleistungen sie kappen wollen. | |
| Noch erklärt Finanzminister Lars Klingbeil, wie er Milliardäre schröpfen | |
| möchte. Alle drei eint zudem die Furcht vor der eigenen Basis. Einschnitte | |
| bei der Rente – größter Posten im Haushalt? Bloß nicht, sind alles unsere | |
| Wähler:innen. Ach ja, die CSU hat den Kuchen mit der Mütterrente gerade | |
| vergrößert. Weniger Kassenleistungen für Versicherte? Auch nicht populär. | |
| Das unablässig ins Feld geführte [2][Bürgergeld] eignet sich vor allem als | |
| Fetisch, um den Frust auf eine vergleichsweise kleine Gruppe zu lenken. Bei | |
| denen allerdings keine „zweistelligen Milliardenbeträge“ zu holen sind, | |
| wie Merz noch im Wahlkampf propagierte. Denn das Verfassungsgericht hat den | |
| Staat auf Einhaltung eines [3][menschenwürdigen Existenzminimums | |
| verpflichtet]. | |
| Dass die SPD zusätzliche Einnahmen ins Spiel bringt, ist folgerichtig. Die | |
| Union jault zwar, dass im Koalitionsvertrag keine Steuererhöhungen | |
| vorgesehen sind – allerdings auch nicht ausgeschlossen. Und es wäre ja | |
| verrückt, sich ein solches Denkverbot aufzuerlegen, wenn mitten in Europa | |
| Krieg herrscht, die Weltordnung wankt, die Demokratie bedroht ist und im | |
| Haushalt bis zum Ende der Legislatur ein dreistelliges Milliardendefizit | |
| droht. | |
| Es gehört [4][zum Prinzip des deutschen Sozialstaats], dass jene, die mehr | |
| haben, mehr beitragen. Das gilt allerdings nur noch bedingt. Gerade | |
| Erb:innen von Millionen- und Milliardenvermögen zahlen kaum Steuern. | |
| Schaffte man die Ausnahmen für wenige ab, stünden der Allgemeinheit nach | |
| Berechnung des Netzwerks Steuergerechtigkeit jährlich 5 bis 10 Milliarden | |
| Euro zusätzlich zur Verfügung. Eine Steuer von unter einem Prozent auf | |
| Vermögen über einer halben Million brächte laut Oxfam sogar mehr als 70 | |
| Milliarden Euro pro Jahr. Gibt’s nur im Kommunismus? Nein, in der Schweiz. | |
| Es macht ein wenig Hoffnung, dass die SPD zaghaft auch die Reichen in den | |
| Blick nimmt und nicht nur die Armen unter Druck setzt. Aber das reicht | |
| nicht. Es braucht auch etwas mehr Inhalt. Von allen Parteien. | |
| 1 Sep 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
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