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# taz.de -- Umkämpfter Wald in Hamburg: Der „Völli“ ist gerettet
> Der Vollhöfner Wald, ein wilder Wald in Hamburg, fällt nicht dem Hafen
> zum Opfer, sondern wird Naturschutzgebiet. Ein Erfolg für die
> Bürgerbewegung.
Bild: Erfolgreich die Koalitionsverhandlungen beeinflusst: Protest für den Wal…
Kurz vor dem Ende der Legislaturperiode hat es doch noch geklappt: Der
rot-grüne Hamburger Senat hat den „Völli“, also den [1][Vollhöfner Wald,…
seiner dienstäglichen Sitzung als Naturschutzgebiet ausgewiesen – das 38.
des Stadtstaates]. Das sei „ein großer Erfolg für den Naturschutz“,
kommentierte der Vorsitzende des Hamburger Naturschutzbundes (Nabu) Malte
Siegert, nicht zuletzt weil hier „die Natur erstmals Vorrang vor der
Hafenentwicklung“ habe.
Der Nabu, der BUND und eine Bürgerinitiative hatten fast zehn Jahre lang
darum gekämpft, dass das 74 Hektar große Areal, das zum Erweiterungsgebiet
des Hafens gehörte, nicht für Lagerhallen plattgemacht wird. Über 60 Jahre
hatte sich auf dem ehemaligen Spülfeld für Hafenschlick ein Wald entwickelt
– weitgehend ungestört vom Menschen.
Nach Bekanntwerden der Pläne der städtischen Hafenbehörde HPA
veranstalteten Umweltschützer Protestspaziergänge im Wald. 15.000 Menschen
unterstützten einen Aufruf des Nabu an Hamburgs Ersten Bürgermeister Peter
Tschentscher (SPD), den Wald nicht anzutasten. Auf dem Höhepunkt des
Protests bauten Aktivisten ein Baumhaus im Dickicht, das die Polizei
allerdings nach einer Woche räumte.
Bei den [2][Koalitionsverhandlungen Anfang 2020 vereinbarten die Grünen mit
der SPD, dass der Wald erhalten bleiben sollte]. Im Gegenzug gaben sie
ihren Widerstand gegen die geplante A26 Ost quer durch den Hamburger Süden
auf. Sie soll die A7 mit der A1 verbinden.
## Die zwei Kompromisse der Grünen
Um das Gebiet zu schützen, mussten sich die Grünen auf weitere Kompromisse
einlassen: Am Rande des Gebiets werden zwei Windkraftanlagen errichtet;
außerdem wird wildes Grün in ähnlichem Umfang auf dem Gebiet des ehemaligen
Fischerdorfes Altenwerder für eine Erweiterung des dortigen
Containerterminals freigegeben.
Es sei keine Kleinigkeit gewesen, den Vollhöfner Wald aus dem Hafengebiet
herauszulösen, sagte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne). „Wir haben vom
ersten Tag der Koalition daran gearbeitet.“ Die Flächen direkt am
Containerterminal dagegen wären wohl über kurz oder lang ohnehin dessen
Erweiterung zum Opfer gefallen, spekulierte der Senator.
Der Erfolg auf den letzten Metern vor der Bürgerschaftswahl in zwei Wochen
war eine Art Abschiedsgeschenk des Senators – Kerstan tritt nicht wieder an
– und zugleich ein Geburtstagsgeschenk an sich selbst, denn er wurde am Tag
der Verkündung 59 Jahre alt.
Kerstan zeigte sich zufrieden, dass es ihm in seiner zehnjährigen Amtszeit
gelungen sei, fünf neue Naturschutzgebiete in Hamburg auszuweisen und sechs
andere zu erweitern. Damit habe Hamburg mehr als 10 Prozent seiner
Landesfläche unter Naturschutz gestellt – der Spitzenwert unter allen
Ländern, allerdings dadurch begünstigt, dass zu Hamburg auch ein Teil des
Nationalparks Wattenmeer gehört.
## Frei von menschlichen Eingriffen
Der Nabu-Vorsitzende Siegert nannte die Unterschutzstellung ein Beispiel,
an dem zu sehen sei, wie bürgerschaftliches Engagement zu guten
Entscheidungen führe. Der Vollhöfner Wald sei das erste Prozesschutzgebiet
Hamburgs – die Röhrichte, Laub- und Auwälder mit ihren vielen Höhlen und
dem vielen toten Holz können sich weitgehend frei von menschlichen
Eingriffen wie etwa der Forstwirtschaft entwickeln. Ausnahmen gibt es für
bestehende Anlagen wie ein Spülrohr der HPA und Arbeiten für die künftigen
Bahngleise in der Nähe des Gebiets.
Ohne wesentliche Eingriffe sollte das Gebiet mit zunehmendem Alter
[3][immer wertvoller im Sinne des Naturschutzes und der Artenvielfalt]
werden. Schon heute bewohnen acht in Hamburg gefährdete Fledermausarten die
Bäume in dem Gebiet. In der Gewässersohle der angrenzenden Alten Süderelbe
gräbt sich der ebenso gefährdete Schlammpeitzger gerne ein und in den
Ufergehölzen nistet die Beutelmeise.
Die Biologen fanden auch zwei „Urwaldrelikt-Arten“: den Stutzkäfer Abraeus
parvulus, der im Mulm unter der Baumrinde lebt, und den Kurzflügler Quedius
trunicicola. Dem [4][Entwurf der Schutzgebietsverordnung] zufolge gehören
sie zu „den bundesweit anspruchsvollsten Alt- und Totholzbewohnern“.
18 Feb 2025
## LINKS
[1] /Waldbesetzung-lohnt-sich/!5949642
[2] /Koalitionsverhandlungen-in-Hamburg/!5687252
[3] /Geplante-Hafenerweiterung-im-Voelli/!5674540
[4] https://www.hamburg.de/resource/blob/999728/8a479d64f1967c765fd625e35bbb995…
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
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