# taz.de -- Waldbesetzung lohnt sich: Hamburger Senat stoppt Hafenfraß | |
> Der Vollhöfner Wald ist endgültig dem Hamburger Hafen entzogen. Ein | |
> später Sieg für die Besetzer*innen von damals – doch mit einer | |
> Schattenseite. | |
Bild: Die Waldbesetzer*innen im Vollhöfner Wald haben jetzt ihr Ziel erreicht | |
HAMBURG taz | Der Hamburger Hafen ist ein gefräßiges Tier. Er nimmt eine | |
riesige Fläche mitten in der Stadt ein, auf der ein Sonderrecht gilt, | |
sodass die Planer großzügig von Auflagen befreit, schalten und walten | |
können. Neben diesem eigentlichen Hafenareal gibt es ein | |
Hafenerweiterungsgebiet – Flächen, die für eine künftige Expansion des | |
Hafens freizuhalten sind. | |
Nach jahrelangen Protesten ist es Naturschützern jetzt gelungen, eine | |
dieser Flächen den langen Fingern des Hafens und seiner Lobbyisten zu | |
entwinden. Der Vollhöfner Wald, „Völli“, wie ihn die Aktivistenszene nenn… | |
soll das 38. Hamburger Naturschutzgebiet werden. SPD und Grüne setzen damit | |
eine Vereinbarung aus ihrem Koalitionsvertrag vom Juni 2020 um. | |
Die Geschichte beginnt [1][2015, als die Hamburg Port Authority (HPA) ihre | |
„Hafenplanungsverordnung Altenwerder-West“ öffentlich auslegte]. Damit | |
sollte das offiziell „Vollhöfner Weiden“ genannte Gebiet Teil des Hafens | |
werden. Alternativen dazu gebe es nicht, beschied die Hafenbehörde, weil es | |
keine ähnlich großen zusammenhängenden Flächen mehr im Hafen mit guter | |
Verkehrsanbindung gebe. | |
Die Umweltverbände Nabu und BUND klagten dagegen 2016 vorm | |
Verwaltungsgericht. Der BUND wies darauf hin, dass es um „eine der wenigen | |
Waldstrukturen im Biotopverbund des Süderelberaums“ gehe. Auf der insgesamt | |
74 Hektar großen Fläche gibt es Röhricht, Laub- und Auwälder. Hier gedeihen | |
Rote-Liste-Pflanzen wie das [2][Fluß-Greiskraut] und die | |
[3][Sumpf-Gänsedistel]. In den Baumhöhlen wohnen gefährdete Fledermäuse wie | |
der Große Abendsegler und im Weidengebüsch baut die Beutelmeise ihre | |
Nisthöhlen. | |
## „Friedlich, aber bestimmt“ | |
Drei Jahre später – in Sachen Klage hatte sich noch nichts getan – rückten | |
Arbeiter an, um den Baugrund zu untersuchen. Die Umweltverbände schlugen | |
Alarm. Das Kommunalparlament des Stadtteils Harburg sprach sich für den | |
Erhalt des Waldes aus. Die „Klimaschutzinitiative Vollhöfner Wald“ | |
protestierte mit Sonntagsspaziergängen „friedlich, aber bestimmt“ gegen die | |
Vernichtung des Waldes. | |
Schließlich einigten sich der SPD-nahe Wirtschaftssenator und der grüne | |
Umweltsenator auf ein mehrmonatiges Fällmoratorium bis zur nächsten | |
Bürgerschaftswahl. Einigen Aktivisten erschien das nicht sicher genug: Sie | |
bauten ein Baumhaus im Dickicht, das eine Woche später geräumt wurde. | |
Doch der Protest war erfolgreich. [4][Bei den Koalitionsverhandlungen | |
Anfang 2020 erreichten die Grünen, dass der Wald erhalten bleiben sollte]. | |
Im Gegenzug gaben sie ihren Widerstand gegen eine neue Autobahn, die A26 | |
Ost, durch den Süden Hamburgs auf. Das entsprach einem Deal, den Nabu und | |
BUND Jahre zuvor dem Senat vorgeschlagen hatten. | |
Der Nabu wertete die Unterschutzstellung als „erfreuliches Zeichen, auch | |
wenn dafür an anderer Stelle wertvolle ökologische Flächen verloren gehen“. | |
Er forderte den Senat auf, innovativer und sparsamer mit den reichlich | |
vorhandenen Flächen im Hafen umzugehen. Ziel müsse es sein, gar keine | |
Naturareale im Hafen zu planieren. | |
Denn leider hat der jetzige Senatsbeschluss einen Pferdefuß: Im Gegenzug | |
für die Erhaltung des Waldes dürfen zwei ähnliche, wenn auch etwas kleinere | |
Gebiete innerhalb des Hafens plattgemacht werden. Zudem sind auf einem Teil | |
des geschützten Areals Standorte für Windräder vorgesehen. | |
12 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Hafen-wird-noch-groesser/!5201080 | |
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Fluss-Greiskraut | |
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Sumpf-G%C3%A4nsedistel | |
[4] /Waldbesetzung-in-Hamburg/!5633289 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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