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# taz.de -- Waldbesetzung in Hamburg: Vom Baum geholt
> Am frühen Donnerstagmorgen hat die Polizei mit der angedrohten Räumung
> des Baumhauses im Vollhöfner Wald begonnen.
Bild: Die Aktivist*innen haben unzählige Seile durch den Wald gespannt
Hamburg taz | Ob er freiwillig herunterkomme, wenn ihm eine Leiter
hingestellt werde, fragt ein Polizist den Besetzer. Der Mann, der in einem
Tripod hängt, einem Dreibein aus Holz, verneint. „Aus ethischen Gründen
möchte ich so viel Widerstand leisten wie möglich“, sagt er. Dann wird eine
Leiter an den Tripod gelehnt, ein Polizist klettert hinauf, sichert sich.
Jedes der drei Beine des Tripods wird jetzt von jeweils drei Polizisten
gehalten. Ein weiterer sägt reihum stückchenweise die Beine kürzer.
Solange, bis der Polizist sich und den Aktivisten das letzte Stück abseilt
und beide am Boden ankommen. Die Aktion der Polizei sorgt für Protest unter
den in den umliegenden Bäumen hängenden Besetzer*innen. Der Tripod sei
nicht sicher, das Absägen der Stämme zu gefährlich. „Und ihr kümmert euch
um unsere Sicherheit“, ruft eine Aktivistin.
Der Besetzer aus dem Tripod bekommt einen orangefarbenen Aufkleber auf die
Brust, Fotos werden von ihm gemacht. Die Beamten sprechen kurz mit ihm,
bevor er aus dem Wald gebracht wird, so wie vor ihm an diesem Tag schon
einige andere Besetzer*innen.
Am frühen Donnerstagmorgen hatte die Polizei begonnen, das Baumhaus im
Vollhöfner Wald zu räumen. Einen Tag vorher war ein [1][Ultimatum
abgelaufen], bis zu dem die Besetzer*innen den Wald räumen sollten. Die
Besetzung sei eine nicht angemeldete [2][Versammlung auf nicht öffentlichem
Grund], die die Eigentümerin, die Hamburg Port Authority (HPA), nicht
dulden müsse, sagte ein Polizeisprecher.
## Die Polizei zerstört das Baumhaus
Polizei und Feuerwehr rückten mit großem Gerät an. Doch dahin, wo die
Waldbesetzer ihr Baumhaus gebaut hatten, gelangt man nur zu Fuß. Eigentlich
war das Waldgebiet als Hafenerweiterungsfläche vorgesehen. Am Dienstag
verkündete der Senat, bis 2023 solle dort alles so bleiben, wie es ist. Den
Besetzer*innen reicht das nicht. Sie fordern, dass die Fläche zum
Naturschutzgebiet erklärt wird.
Bis Donnerstagmittag seilten die Kletterer der Polizei die Besetzer*innen
aus dem Baumhaus ab. Danach wurde der Besetzer vom Tripod geholt. 17
Menschen wurden nach Polizeiangaben in Gewahrsam genommen, einige seien
bereits am Nachmittag wieder freigelassen worden.
Doch wie sie die übrigen Besetzer*innen von den Bäumen herunterbekommen
sollte, wusste die Polizei offenbar nicht. Die Besetzer*innen hatten mit
Bergsteigerseilen unzählige Traversen durch das Gebiet gespannt, sogar bis
auf die andere Seite der Alten Süderelbe, an der das Baumhaus stand. Gegen
17 Uhr zog sich die Polizei dann nach Angaben der Bürgerschaftsabgeordneten
Christiane Schneider (Die Linke) weitgehend zurück. Sieben Aktivist*innen
hingen da noch in den Bäumen. Die innenpolitische Sprecherin der
Linksfraktion kam am Nachmittag in den Wald.
Gudrun Schittek, Grünen-Abgeordnete der Bezirksversammlung Harburg, hatte
zuvor versucht, die Besetzer*innen zu überzeugen, herunterzuklettern. Sie
hätten ein Zeichen gesetzt, es sei aber zu gefährlich so hoch in den
Bäumen. Die Besetzer*innen weigerten sich und sagten, sie müssten nicht so
hoch klettern, wenn die Polizei nicht da wäre.
## Umweltsenator nennt Einsatz überflüssig
Kritik am Vorgehen der Polizei kam auch von Umweltsenator Jens Kerstan
(Grüne). Er nannte den Einsatz auf Twitter überflüssig. Es bestehe
[3][keine Notwendigkeit für eine Räumung]. Stephan Jersch,
umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion, nannte die Räumung
unbegreiflich. Es sei nicht hinnehmbar, dass Proteste kriminalisiert
würden.
Dennis Gladiator, innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, sprach
hingegen von einer rechtswidrigen Besetzung. Die Polizei habe mit der
Räumung das Recht durchgesetzt.
24 Oct 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Marthe Ruddat
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