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# taz.de -- Besetzter Wald in Hamburg: Ultimatum der Polizei verstrichen
> 50 Leute erwarten die Räumung eines Baumhauses im Vollhöfner Wald. Am
> Ende belässt es die Polizei bei einer Aufforderung.
Bild: Kapitalismuskritisch im Wald unterwegs: Eine Baumbesetzerin bringt ein Pl…
Hamburg taz | Es war ein bisschen wie Silvester, Mittwochmittag im
[1][besetzten Vollhöfner Wald]. Als die Zeiger langsam gegen zwölf Uhr
vorrücken, geben die Leute am Baumhaus immer wieder die verbleibenden
Minuten durch. Doch das von der Polizei gesetzte Ultimatum verstreicht,
ohne dass ein Polizist auftaucht, geschweige denn schweres Gerät, das für
die Räumung des Baumhauses in dem bedrohten Wald nötig wäre.
Gut 50 Leute haben sich am Vormittag rund um das Baumhaus versammelt: die
Besetzer, junge Leute, die an Seilen auf dem Bauhaus herumturnen, und auch
Leute von der Klimaschutzinitiative Vollhöfner Wald, die seit Wochen mit
[2][Spaziergängen] auf den Wert dieses Areals aufmerksam macht, das mit
Lagerhallen bebaut werden soll.
Der Vollhöfner Wald ist eine [3][Brachfläche im Hafenerweiterungsgebiet],
in der sich die Vegetation 50 Jahre lang fast ungestört entwickeln konnte.
Hier hausen sechs geschützte Fledermausarten. Hier brüten die
Rote-Liste-Vögel Gelbspötter, Neuntöter und Trauerschnäpper. Hier gibt es
Biotope wie Auwald, Trockenrasen und Staudensäume.
Anlässlich der drohenden Eskalation forderten die großen Umweltverbände,
den Wald zu erhalten. „Alles andere würde den bundesweiten Zielen des
Klima- und Artenschutzes entgegenstehen“, warnt der Nabu. Die
Bürgerschaftsparteien müssten sich im Vorfeld der Wahl klar zum Wald
positionieren. Der BUND fordert, den Wald „aus dem Hafenerweiterungsgebiet
heraus zu nehmen und in das Verwaltungsvermögen der Umweltbehörde oder des
Bezirks Harburg zu übertragen“.
## Streit im Senat
In der Senatsvorbesprechung am Dienstag sorgte das Thema nach
taz-Informationen für Streit zwischen den Grünen und der SPD. Während die
SPD der Hamburger Linie „Räumung binnen 24 Stunden“ folgen wollte, sperrten
sich die Grünen. Allerdings wäre eine Räumung auf dem Gelände zwischen
Deich und Alter Süderelbe, mit Matschboden und umgestürzten Bäumen, eine
ziemliche Herausforderung.
Der Senat verschickte am Dienstagabend die Mitteilung, bis 2023 sei „nicht
geplant, einen Eingriff in die Baumsubstanz der Vollhöfner Weiden
vorzunehmen“. In der Landespressekonferenz hatte Umweltsenator Jens Kerstan
zuvor gesagt, dass „in der heutigen Zeit, wo die Bekämpfung des
Klimawandels im Mittelpunkt steht, es nicht mehr in die Zeit passt einen
solchen Wald für Logistikflächen zu roden“. Im Falle einer künftigen grün…
Regierungsbeteiligung werde darüber zu reden sein, „auf die Inanspruchnahme
des Gebiets grundsätzlich zu verzichten“.
Unterdessen werkelten die Baumbesetzer am Ausbau ihres Baumhauses.
Inzwischen gibt es Schlafkojen, einen Minibalkon mit Bänkchen und einen
Rauchmelder – denn Brandschutz wird groß geschrieben, seit die Polizei
argumentiert, der Wald könnte abbrennen.
## „Unverständliche“ Härte
Die Baumbesetzer verhielten sich verantwortungsbewusst, sagt Hinrich
Brunkhorst von der Klimaschutzinitiative, der sich im Baumhaus umgesehen
hat und sich als „Mitglied der bürgerlichen Mitte“ bezeichnet. Die SPD
fahre „eine Politik der Härte, die wir völlig unverständlich finden“.
Am Mittwoch blieb es aber bei fünf Polizisten, die gegen 14 Uhr zum
Baumhaus kamen und darauf hinwiesen, dass es sich um eine unrechtmäßige
Versammlung handle, die aufzulösen sei.
24 Oct 2019
## LINKS
[1] /Baumbesetzung-in-Hamburg/!5631534
[2] /Protest-gegen-Wald-Rodung/!5622775
[3] /Baugrunderkundungen-im-Biotop/!5572125
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Antikapitalismus
Protest
Schwerpunkt Klimawandel
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