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# taz.de -- Baumbesetzung in Hamburg: Aktivisten wollen Wald retten
> Im Völlhöfner Wald in Hamburg haben Aktivisten ein Baumhaus gebaut. Sie
> wollen verhindern, dass das weitgehend unberührte Gebiet platt gemacht
> wird.
Bild: Solide Sache: Baumhaus im Vollhöfner Wald
Hamburg taz | Der Weg zu den Baumbesetzern im [1][Vollhöfner Wald] ist eine
Zumutung. Doch jeder, der ihn geht, versteht sofort, warum sich so viele
Menschen für dieses Stück Natur engagieren: Auf einem Trampelpfad gilt es
über umgestürzte Bäume zu klettern – bemoost, durchlöchert, mit Pilzen
bewachsen – unter ihnen hindurch zu kriechen und dem Matsch ausweichend
durchs Kraut zu stapfen.
Dieser Wald ist erkennbar [2][Jahrzehnte lang nicht bewirtschaftet] worden,
was nicht einmal über viele Nationalparks in Deutschland gesagt werden
kann. Sein Glück aus naturschützerischer Sicht war, dass er als
[3][Hafenerweiterungsfläche] vorgesehen war. Die Hafenbehörde HPA würde
hier gern riesige Lagerhallen hinsetzen, so wie in der Nachbarschaft.
Dabei gibt es hier an der Alten Süderelbe eine Menge wertvoller
Lebensräume: feuchte Auwälder ebenso wie Trockenrasen und auch etwas
profane Birkenhaine. „Das erste Mal, als ich da durchgelaufen bin, kam ich
aus dem Staunen nicht mehr raus“, sagt einer der Besetzer, der sich Tenzin
nennen lässt, nach dem Vornamen des Dalai Lama.
Neben Tenzin hängt eine Fahne der Freien Republik Wendland. Er hat eine
grobe Fleecejacke an, eine etwas löchrige Strumpfhose und ist barfuß. Jeder
der Besetzer, unter denen auch eine junge Frau ist, spricht grundsätzlich
für sich, aber als Tenzin von der Plattform herunter Antworten gibt,
korrigiert ihn auch keiner.
## Hambi ist der Mutterwald
Das [4][Fällmoratorium], das der grüne Umweltsenator Jens Kerstan und der
parteilose Wirtschaftssenator Michael Westhagemann bis zur
Bürgerschaftswahl vereinbart haben, reicht ihnen nicht aus. „Das ist nur
ein Ausnutzen der kurzen Aufmerksamtkeitsspanne unserer Bevölkerung“, sagt
Tenzin. Sobald die Öffentlichkeit nicht mehr hinschaue, drohten Fakten
geschaffen zu werden.
Der Kampf um den [5][Hambacher Forst] zwischen Köln und Aachen, der einem
Braunkohletagebau weichen soll, ist das Vorbild für die Besetzer. „Hambi
ist der Mutterwald“, sagt die Besetzerin auf dem Dach des Baumhauses. „Der
Hambacher Forst war unglaublich wichtig als Instrument für die
Politisierung unserer Generation“, bestätigt Tenzin.
Bei der Besetzung gehe es darum, „ein klares Zeichen gegen die Zerstörung
und Ausbeutung von Mensch und Natur zu setzen“. Der Hafen sei ein
entscheidender Umschlagplatz von Rüstungsgütern und klimaschädlichen
Energierohstoffen und somit ein Symbol schädlicher Wirtschaftsinteressen.
Der Naturschutzbund (Nabu) sprang den Besetzern bei. Seit Mitte September
hätten mehr als 6.500 Menschen unter dem Hashtag [6][#völlibleib]t an
Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) geschrieben. „In Zeiten von
Artensterben und Klimakrise kann das Abholzen eines wertvollen Naturwaldes
keine verantwortungsvolle Stadtentwicklungspolitik mehr sein“, sagt Anne
Ostwald vom Nabu.
## Hütte soll winterfest werden
Die [7][Landesvorsitzende der Grünen, Anna Gallina], versprach, sich in
möglichen Koalitionsverhandlungen nach der Bürgerschaftswahl 2020 für den
Wald stark zu machen. „Wir wollen den grünen Ring und den Biotopverbund
Süderelbe erhalten und stärken. Das schließt die Vollhöfener Weiden mit
ein.“
Die Besetzer sind nach eigenen Angaben schon länger im Wald, was auch das
mit viel Material aufwendig gebaute Baumhaus nahelegt. „Für uns wär’s rec…
gewesen, wenn wir bis Februar nicht entdeckt worden wären“, sagt Tenzin.
Dann wäre mehr Zeit gewesen, eine Infrastruktur aufzubauen, um den Wald
verteidigen zu können. Als nächstes solle die Hütte winterfest gemacht
werden.
Auch die Polizei war mit einem Streifenwagen vor Ort. Zum weiteren Vorgehen
konnte sie gestern noch nichts sagen.
Aktualisierung: Die Proteste gegen die Abholzung des Vollhöfner Waldes in
Altenwerder scheinen gefruchtet zu haben. Wie die Senatspressestelle
mitteilte, sind sich die Wirtschafts- und die Umweltbehörde einig, „dass
eine Nutzung der Fläche für hafenwirtschaftliche Zwecke in den nächsten
Jahren nicht ansteht“. Rodungen seien nicht geplant. Stattdessen sollen die
Biotope auf dem Gelände in den nächsten Monaten kartiert werden. Das
Baumhaus, mit dem Aktivisten gegen eine Nutzung des Gebiets für Lagerhallen
protestieren, liege in einem Wald, der nicht zur Bebauung vorgesehen sei
und in dem es verboten sei, Feuer zu machen. Die Polizei kläre die Besetzer
„aktuell über die Rechtslage auf“. (taz)
18 Oct 2019
## LINKS
[1] /Baugrunderkundungen-im-Biotop/!5572125
[2] /Protest-gegen-Wald-Rodung/!5622775
[3] https://www.rege.hamburg/aktuelle-projekte/altenwerder-west/
[4] /Archiv-Suche/!5626606&s=Vollh%C3%B6fner&SuchRahmen=Print/
[5] /Aktuelle-Stunde-zum-Hambacher-Forst/!5624746
[6] https://mitmachen.nabu.de/voellibleibt
[7] https://www.gruene-hamburg.de/person/anna-gallina/
## AUTOREN
Gernot Knödler
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Antikapitalismus
Protest
Besetzung
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