# taz.de -- A26-Ost in Hamburg: Verbände klagen gegen Hafenautobahn | |
> BUND und Nabu wollen gegen den Bau der A26-Ost klagen. Die Zerstörung der | |
> Natur werde nicht rechtlich zulässig kompensiert. | |
Bild: Erst bohren, dann Autobahn bauen: Der Boden auf dem Gelände des stillgel… | |
HAMBURG taz | Seitdem im Dezember der erste Planfeststellungsbeschluss zum | |
[1][Bau der A26-Ost] erlassen wurde, sind die Moorburger*innen | |
alarmiert. Schon im kommenden Jahr sollen die Bauarbeiten für die neue | |
Autobahn beginnen. Im dem Hamburger Stadtteil hängen an vielen Häusern | |
Transparente, mit der Forderung das 2,3 Milliarden Euro teure Bauprojekt zu | |
stoppen und die Moore ringsum zu erhalten. Die rund zehn Kilometer lange | |
A26-Ost soll die aus Stade im Alten Land kommende A26-West verlängern und | |
bei Hamburg-Stillhorn an die A1 anschließen. Seit 2008 wird das Projekt | |
geplant, 2033 soll die sogenannte Hafenpassage fertig sein. | |
Die [2][Moorburger*innen sind direkt betroffen]. Die Hafenpassage soll | |
an ihrem ohnehin von der Hafenerweiterung bedrohten Stadtteil vorbeiführen. | |
Ende Januar trafen sich rund 150 von ihnen, um den Protest gegen die neue | |
Autobahn zu organisieren. Gemeinsam mit den Umweltverbänden Nabu und BUND | |
diskutierten sie, welche Möglichkeiten es noch gibt, gerichtlich gegen den | |
Bau vorzugehen. | |
Am Dienstag teilten die Hamburger Landesverbände von Nabu und BUND nun mit, | |
dass sie gemeinsam vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen den | |
Planfeststellungsbeschluss klagen wollen. Dazu nutzen sie das | |
Verbandsklagerecht, das Umweltverbänden erlaubt, in | |
Naturschutzangelegenheiten zu klagen. Auch die Bundesverbände unterstützen | |
die Klage. Die Entscheidung sei nach eingehender fachlicher und | |
juristischer Untersuchung des Planfeststellungsbeschlusses getroffen | |
worden. Ob sie auch einen Eilantrag stellen, werde noch geprüft. Ein | |
Eilantrag könnte den Bau und vorbereitende Maßnahmen blockieren. | |
## Kein Bedarf mehr für eine neue Autobahn | |
Ende Dezember vergangenen Jahres war der [3][Planfeststellungsbeschluss für | |
den ersten von insgesamt drei Bauabschnitten] erlassen worden. Er betrifft | |
den rund zwei Kilometer langen Abschnitt, der in Moorburg vom Autobahnkreuz | |
Hamburg-Hafen an der A7 bis zur Anschlussstelle Hamburg-Moorburg führt. | |
Eingeleitet worden war das Verfahren im März 2017. | |
Die Verbände fordern, ganz auf die A26-Ost zu verzichten. Es gebe aufgrund | |
veränderter Rahmenbedingungen gar keinen Bedarf mehr für das insgesamt zehn | |
Kilometer lange Autobahnstück. Ursprünglich war die Idee der Hafenpassage | |
an einen erwarteten exponentiell wachsenden Containerumschlag im Hamburger | |
Hafen geknüpft. Tatsächlich [4][stagniert der Umschlag seit 2011], im | |
vergangenen Jahr ist er sogar zurückgegangen. | |
Grundsätzlich kritisieren Nabu und BUND, dass die neue Autobahn wertvolle | |
Natur zerstöre, dass sie mit den Klimazielen nicht vereinbar sei und dass | |
sie zu teuer sei. 2,28 Milliarden Euro soll das Straßenbauprojekt kosten, | |
ursprünglich hatte die verantwortliche Projektmanagementgesellschaft Deges | |
[5][1,85 Milliarden Euro veranschlagt]. | |
Damit die Verbände klagen können, braucht es rechtliche Anhaltspunkte. „Wir | |
sind zu der Auffassung gekommen, dass die Planung zur A26 Ost im Konflikt | |
mit dem Gesetz steht“, schreiben die Umweltverbände nun. Konkret geht es um | |
die Zerstörung der Natur und deren Kompensation. Das vorgelegte | |
Ausgleichskonzept für die zu erwartenden Schäden erfüllt nach Auffassung | |
von BUND und Nabu nicht die rechtlichen Vorgaben, denn die Kompensation | |
erfolgt rund 15 Kilometer weiter im Hamburger Osten. Wirksam und damit | |
rechtlich zulässig sein könne ein ökologischer Ausgleich aber nur, wenn er | |
in räumlicher Nähe stattfindet, sagt Malte Siegert vom Nabu zur taz. Einem | |
Frosch in Moorburg nütze eine Ausgleichsfläche in Bergedorf wenig. | |
## Mehr Verkehr für weniger Hafen | |
Vor allem im nun planfestgestellten Teilabschnitt seien die Auswirkungen | |
durch den Bau erheblich, so Siegert. Zerstört würden wertvolle | |
Biotopflächen, darunter auch Moor- und Torfböden, die angesichts des | |
Klimawandels eine wichtige Rolle spielen, weil sie Treibhausgase binden. | |
Allein im Abschnitt Moorburg geht es laut Nabu um 46 Hektar Biotopflächen, | |
in denen seltene und gefährdete Tiere und Pflanzen leben, darunter der | |
streng geschützte Moorfrosch und etliche Arten der „Roten Liste“. Das sei | |
bei der Planfeststellung nicht hinreichend berücksichtigt worden. | |
Das Projekt konterkariere zudem die Hamburger und bundesdeutschen | |
Klimaziele, so BUND und Nabu. Die Behauptung, das Autobahnprojekt sei | |
[6][ein Beitrag zum Klimaschutz], sei „allein kommunikativ eine Farce“. Im | |
September 2021 hatte die Deges ihre Planunterlagen um ein Kapitel zum | |
Klimaschutz ergänzt und berechnet, wie viel CO2 Bau und Betrieb produzieren | |
würden. Dabei hatte sie einberechnet, dass der Autoverkehr zwar steigen | |
werde, aber wegen der Elektrifizierung des Autoverkehrs weniger CO2 | |
produzieren würde. | |
Die Elektrifizierung des Pkw-Verkehrs komme jedoch kaum in Gang, | |
kritisieren die Verbände: „Für eine echte Verkehrswende müssen die | |
Pendler-Ströme auf die Schiene verlagert werden, anstatt weitere | |
Fernstraßen zu bauen.“ Im Ergebnis bedeute der aktuelle Trend eine zu | |
langsame Mobilitätswende. Unklar bleibe auch, wie die CO2-Emissionen etwa | |
für den Beton der geplanten aufgeständerten Brücke über die Elbe | |
kompensiert werden sollen. | |
Als Alternative setzen sich die Umweltverbände weiterhin für einen | |
ursprünglich geplanten Ausbau der Ost-West-Verbindung auf dem Veddeler Damm | |
ein. Diese bereits bestehende Haupthafenroute liegt rund zwei Kilometer | |
weiter nördlich und sei im aktuellen Verfahren nicht ausreichend | |
berücksichtigt worden. Infrastrukturell, finanziell und ökologisch sei der | |
Erhalt der bestehenden Verbindung angemessen, zumal eine Köhlbrandquerung | |
ohnehin gebaut werden müsse, so BUND und Nabu. Die alte Köhlbrandbrücke | |
soll dabei durch einen Tunnel ersetzt werden. | |
## Senat setzt auf Hafenpassage und Köhlbrandquerung | |
Der Senat ist überzeugt, dass sowohl die Hafenpassage als auch der Ausbau | |
der Köhlbrandquerung notwendig sind. Im vergangenen Jahr hatten die | |
Hamburger Grünen das im rot-grünen Koalitionsvertrag vereinbarte | |
[7][Projekt jedoch infrage gestellt] und gefordert, es angesichts der | |
Klima- und Energiekrise grundsätzlich zu überdenken. | |
Der Industrieverband Hamburg drängt angesichts der Klage der Umweltverbände | |
auf den Bau der A26-Ost. Es sei fraglich, warum die Umweltverbände bei der | |
viel längeren A 26-West auf eine Klage verzichtet haben, „aber nun bei dem | |
letzten Teilstück, bei dem der Natureingriff viel geringer ist und im | |
Wesentlichen Industrie- und Gewerbeflächen für den gesamten Bau betroffen | |
sind, doch klagen wollen“, teilte er am Dienstag mit. Das geplante | |
Teilstück bündele den Hafenverkehr und verbessere die Erreichbarkeit des | |
Standortes Hamburg. Zugleich entlaste sie innerstädtischen Quartiere. | |
6 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Autobahn-Plaene-der-Ampel/!5921657 | |
[2] /Widerstand-gegen-Verkehrsprojekt/!164040/ | |
[3] https://www.hamburg.de/bwi/np-aktuelle-planfeststellungsverfahren/17968808/… | |
[4] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/29789/umfrage/containerumsch… | |
[5] /Archiv-Suche/!5841515 | |
[6] /Streit-um-Klima-Bilanz-der-A26/!5844468 | |
[7] /A26-Ost-infrage-gestellt/!5908654 | |
## AUTOREN | |
Robert Matthies | |
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