# taz.de -- A26 Ost infrage gestellt: Hamburger Grüne gegen Hafenautobahn | |
> Fraktionschef Lorenzen wendet sich gegen Denkverbote und verweist auf den | |
> Bund. Ampelkoalition hat vereinbart, Bundesverkehrswegeplan zu | |
> überarbeiten. | |
Bild: Umstrittenes Projekt: Hafenpassage A26 Ost | |
HAMBURG taz | Eines der zentralen Straßenbauprojekte in Hamburg ist von den | |
Grünen infrage gestellt worden. „Das ist die pro Kilometer teuerste | |
geplante Autobahn in Deutschland und ihr Nutzen ist zweifelhaft“, sagte | |
Fraktionschef Dominik Lorenzen dem Hamburger Abendblatt. Das Projekt gehe | |
von überholten Prognosen aus. Auch unter den „neuen Vorzeichen der Klima- | |
und Energiekrise sei es nötig, das Projekt zu überdenken, sagte er der taz. | |
Lorenzens Forderung knüpft an ein Papier zum Klimaschutz im Verkehr an, das | |
der Vorstand der Grünen-Bundestagsfraktion am Donnerstag beschlossen hat. | |
Das Papier enthält ein dickes Maßnahmenbündel für eine „umfassende | |
[1][Mobilitätswende]“. Zum Thema Straßen heißt es darin, das deutsche | |
Autobahn- und Bundesstraßennetz sei eines der dichtesten Fernstraßennetze | |
Europas. Statt dieses weiter auszubauen, sei „die volle Konzentration auf | |
die Sanierung von Brücken und vorhandenen Schnellwegen“ notwendig. | |
Wenn Verkehrswege ausgebaut werden sollten, dann in Form der Schiene. „Nur | |
wenn die Bahn in Deutschland verlässlich und leistungsstark ist, wird sie | |
ihr Potenzial zur Verkehrsverlagerung von Straße und Flugzeug auf die | |
Schiene tatsächlich ausschöpfen“, formuliert der Fraktionsvorstand. Die | |
Grünen wehren sich damit [2][gegen Bestrebungen der FDP und SPD,] im Zuge | |
der geplanten Planungsbeschleunigung für Infrastrukturprojekte auch das | |
Fernstraßennetz auszubauen, als gäbe es keine Klimaschutzziele. | |
Heruntergebrochen auf Hamburg stellt sich für Fraktionschef Lorenzen „die | |
Frage, ob es zwei teure Querverbindungen von der A1 zur A7 braucht“. Eine | |
dieser Querverbindungen gibt es schon heute, jedoch nicht als Autobahn. Sie | |
führt über die Köhlbrandbrücke, die alt, niedrig und überlastet ist, und | |
deshalb durch einen Tunnel ersetzt werden soll. Lorenzen zufolge könnte | |
daraus auch eine Autobahn durch den Hafen werden. | |
## Überholte Analysen | |
„Eine Köhlbrandquerung brauchen wir für den Verkehr innerhalb des Hafens | |
ohnehin“, sagt Lorenzen, „und sie würde über bereits versiegelte Fläche | |
führen“. Demgegenüber sei der mächtige [3][ökologische Fußabdruck] der | |
zusätzlichen, „Hafenpassage“ genannten Querung zu bedenken, zumal die | |
Bedarfsanalysen dafür überholt seien. | |
Ausformuliert haben das aktuell die Umweltverbände Nabu und BUND anlässlich | |
ihrer Stellungnahme zum achtstreifigen Ausbau der A1 im Süden Hamburgs. | |
„Den Ausbau der A1 unter anderem mit dem Neubau der A26 zu begründen, zeugt | |
traurigerweise davon, dass den politischen Entscheidern mittlerweile | |
jegliches Krisenbewusstsein abhanden gekommen zu sein scheint“, schreiben | |
die Verbände. | |
Für eine klimaneutrale Zukunft sei der Verkehrssektor zentral. Deshalb sei | |
der Aus- und Neubau von Fernstraßen zu stoppen. „Die Rechnung ist ganz | |
einfach“, sagt Sabine Sommer, Verkehrsreferentin des BUND Hamburg. | |
„Menschen nutzen die Infrastruktur, die vorhanden ist. Wenn wir weiter | |
Autobahnen neu oder ausbauen, zementieren wir auf Jahrzehnte die | |
Abhängigkeit vom Auto.“ | |
Die Autobahnausbaupläne basierten auf falschen Erwartungen. So seien die | |
Prognosen für den Containerumschlag im Hafen für 2030 stark korrigiert | |
worden. Sie stagnieren seit Jahren. Auch die erwarteten Passagierzahlen für | |
den Helmut-Schmidt-Airport seien übertrieben, zumal der Flugverkehr schon | |
aus Klimaschutzgründen in den nächsten Jahrzehnten zurückgehen müsse statt | |
weiter zu wachsen. | |
## Wirtschaft alarmiert | |
Die Handelskammer hält dem entgegen, es sei eine nationale Aufgabe, die | |
Erreichbarkeit des Hamburger Hafens zu verbessern. „Um wettbewerbsfähig zu | |
bleiben und gleichzeitig den Umbau zur Klimaneutralität zu erreichen, | |
werden wir uns immer wieder neue Entwicklungsräume erschließen müssen“, | |
ergänzt der Industrieverband Hamburg. „Unser Standort kann nur florieren, | |
wenn Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsräume gut miteinander vernetzt sind.“ | |
Der ADAC wies darauf hin, dass die Hafenpassage den Ost-West-Verkehr und | |
den Hafenverkehr bündele und aus der Stadt heraus halte. „Wie wollen wir | |
den Anwohnern an der Bundesstraße 73 erklären, dass die ersehnte Entlastung | |
nun doch nicht kommt und sie weiter den zunehmenden Verkehr vor ihrer | |
Haustür ertragen müssen?“, fragt Hanno Huijssen, Vorstandsvorsitzende ADAC | |
Hansa. | |
Die Hamburger Grünen haben im Koalitionsvertrag eine klare Zusage zum | |
Projekt A26 Ost gegeben. „Wenn man jetzt über den Umweg der Bundespolitik | |
das Projekt doch noch verhindern möchte, ist das ein klares Foulspiel“, | |
findet Huijssen. | |
Rot-Grün in Hamburg habe vereinbart, [4][den Bund beim Bau der A26 Ost zu | |
unterstützen], sagt Lorenzen. Das heiße aber nicht, dass die Koalition im | |
Bund das Projekt nicht überdenken dürfe. „Wenn der Bund sich für den Bau | |
entscheidet, werden wir das mittragen, aber wir werden nicht den Werbefilm | |
für die A26 Ost drehen“, sagt Lorenzen. | |
13 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Verkehrswende-im-Kanzleramt/!5905157 | |
[2] /Beschleunigung-von-Verkehrsausbau/!5905228 | |
[3] /Streit-um-Klima-Bilanz-der-A26/!5844468 | |
[4] https://www.hamburg.de/fernstrassen/a-26-hafenpassage-hamburg/das-gesamtpro… | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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