Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- NRW-Ministerpräsident über Verkehrschaos: Wüst und die Wahrheit
> CDU-Mann Wüst will mit Staus wegen einer einsturzgefährdeten Brücke
> nichts zu tun haben. Er war zur fraglichen Zeit Verkehrsminister.
Bild: Wegen Bauarbeiten gesperrt: die A45-Talbrücke Rahmede
Bochum taz | Im Streit über die noch für Jahre gesperrte Autobahn 45 bei
Lüdenscheid und das Verkehrschaos mit Milliardenschäden wächst der Druck
auf Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten [1][Hendrik Wüst] (CDU). Die
Opposition wirft dem Regierungschef vor, seine Mitverantwortung an dem
Desaster verschleiern zu wollen – schließlich war Wüst von 2017 bis 2021
selbst Landesverkehrsminister. Von „Vertuschung“ sprach in einer Aktuellen
Stunde des Landtags SPD-Fraktionsvize Alexander Vogt. FDP-Fraktionschef
Henning Höne erklärte: Es stehe die Frage im Raum, „welches Verhältnis der
Ministerpräsident zur Wahrheit“ habe.
Im Dezember 2021 war die über 450 Meter lange und etwa 75 Meter hohe
Talbrücke Rahmede auf der A45 wegen akuter Einsturzgefahr völlig
überraschend gesperrt worden. Unterbrochen ist seitdem die Hauptverbindung
zwischen Dortmund und Frankfurt, die täglich von mehr als 60.000 Fahrzeugen
genutzt wurde. Die wälzen sich nun durch die Stadt Lüdenscheid und ihre
Nachbarorte, sorgen jeden Tag für kilometerlange Staus.
Lärm, Dreck, Feinstaub und Vibrationen haben nicht nur die Nerven der
Anwohner:innen längst blank gelegt. Die Industrie- und Handelskammer
Südwestfalen rechnet wegen Lieferschwierigkeiten und Umsatzeinbußen mit
Schäden von mindestens 1,8 Milliarden Euro – wenn eine neue Brücke, wie
erhofft, 2026 eingeweiht werden kann. Bisher steht aber nicht einmal ein
konkreter Termin für die Sprengung der alten Brücke fest.
Ministerpräsident Wüst hat bisher jede persönliche Verantwortung für das
Desaster weit von sich gewiesen. „Wann welches Bauwerk saniert wird, ist
eine fachliche Entscheidung, die im Übrigen vor meiner Amtszeit getroffen
wurde“, erklärte er etwa im April 2022. Bis zur [2][gewonnenen
Landtagswahl] waren es da nur noch 5 Wochen – und im Wahlkampf hätte ihm
ein Image als inkompetenter Ex-Verkehrsminister sicher geschadet.
## Neubau in Wüsts Amtszeit immer wieder verschoben
Interne Unterlagen des NRW-Verkehrsministeriums, die der taz vorliegen,
zeigen allerdings: Der zunächst für 2019 geplante Brückenneubau wurde in
Wüsts Amtszeit als Minister immer wieder verschoben – zunächst auf 2020,
dann auf 2022 und schließlich auf 2025. Erst am Dienstag gestand Wüst, dass
sein Ministerium darüber wohl per „Sachstandsbericht“ des damals
zuständigen Landesbetriebs Straßen.NRW informiert wurde.
Zur Frage, ob und wann er selbst von den Verschiebungen erfuhr, äußerte
sich der Christdemokrat aber nicht. Einräumen musste Wüsts Regierung
dagegen, dass in seiner Staatskanzlei und im Verkehrsministerium Mails zum
Neubaubeginn sowohl auf Sender- wie auf Empfängerseite gelöscht wurden.
Wüsts amtierender [3][Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne)], dem die
Opposition vorwirft, ebenfalls Akten zurückgehalten zu haben, verteidigte
seinen Regierungschef dennoch. Sein Ministerium könne keine vollständigen
Unterlagen liefern, da der Brückenneubau seit Januar 2021 von der neuen
Autobahn GmbH des Bundes verantwortet werde, erklärte Krischer.
Verantwortlich für die Rahmede-Brücke sei damit
[4][FDP-Bundesverkehrsminister Volker Wissing]. Und der, klagte der
Grünen-Politiker, setze statt auf den Erhalt der Infrastruktur noch immer
auf Neubauten – dabei gebe es allein in NRW „873 Brücken in der
Zuständigkeit der Autobahn GmbH, die in den nächsten 10 Jahren saniert
werden“ müssten.
25 Jan 2023
## LINKS
[1] /Hendrik-Wuest/!t5810297
[2] /Moegliche-Koalition-mit-CDU-in-NRW/!5854928
[3] /Politische-Debatte-zur-Luetzerath-Raeumung/!5905116
[4] /Offene-Details-beim-Deutschlandticket/!5911300
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Mobilität
Verkehrswende
Nordrhein-Westfalen
Infrastruktur
Nordrhein-Westfalen
Verkehr
Schwerpunkt Klimawandel
A100
Lesestück Recherche und Reportage
Verkehrswende
## ARTIKEL ZUM THEMA
Marode Rahmede-Talbrück: 17.000 Tonnen Beton gesprengt
Eine 70 Meter hohe Brücke bei Lüdenscheid ist am Sonntag gesprengt worden.
Sie ist Teil der wichtigen A 45 und soll schnell wieder aufgebaut werden.
Abitur wegen IT-Problemen verschoben: Kritik nach Abi-Panne in NRW
Nach Computer-Problemen wurden in NRW die Abschlussprüfungen verschoben.
Der Druck auf Landesbildungsministerin Dorothee Feller wächst.
Streit in der Ampelkoalition: Schneller Straßenbau verschoben
Bauprojekte, Agrosprit, Klimaschutz: Beim Krisentreffen im
Koalitionsausschuss blieben Grüne und FDP uneins – außer in einem Punkt.
Koalition streitet über Autobahnbau: Ampel kracht aufeinander
Der Verkehrsbereich liefert nicht beim Klimaschutz. Die FDP will nun aber
schnellere Planungen für Autobahnen durchdrücken. Die Grünen sind dagegen.
Autobahnausbau in Berlin: „Nie so nah dran, die A100 zu stoppen“
Der neue Standort der Zukunft am Ostkreuz gibt den Gegnern einer
A100-Verlängerung Hoffnung. Die Grünen sehen das Projekt schon fast
gescheitert.
Verkehrswende ohne Autos: Überzeugungstäter der Straße
Andreas Knie ist einer der bekanntesten Mobilitätsforscher im Land. Er
wirbt für autofreien Verkehr – und zeigt in Berlin, wie es gehen kann.
A26 Ost infrage gestellt: Hamburger Grüne gegen Hafenautobahn
Fraktionschef Lorenzen wendet sich gegen Denkverbote und verweist auf den
Bund. Ampelkoalition hat vereinbart, Bundesverkehrswegeplan zu
überarbeiten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.