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# taz.de -- Gutachten zur Verkehrsprojekten: Den Autobahnen an den Kragen
> Der Umweltverband BUND hält den Bundesverkehrswegeplan für
> verfassungswidrig. Und damit auch Bauprojekte wie die Küstenautobahn A20
> und die A39.
Bild: Ausbauarbeiten der A26 bei Hamburg: Weg ins nichts?
Hamburg taz | Viele Umweltschützer:innen im Norden schöpfen Hoffnung:
Die Grundlagen aller großen Straßenverkehrsprojekte – der
Bundesverkehrswegeplan sowie der Fernstraßenbedarfsplan – sind
verfassungswidrig; [1][geplante Autobahnprojekte wie die A20 in
Schleswig-Holstein], die A26-Ost bei Hamburg oder die A39 durch den Osten
Niedersachsens dürfen demnach nicht umgesetzt werden.
Zu diesem Ergebnis kommt zumindest ein Rechtsgutachten, dass der
Umweltverband BUND in Auftrag gegeben und Ende vergangener Woche
veröffentlicht hat. „Darauf muss die künftige Bundesregierung reagieren,
andernfalls werden wir den Rechtsweg einschlagen“, sagt Ole Eggers,
Geschäftsführer des BUND in Schleswig-Holstein.
Die Autor:innen des Gutachtens prüften anhand des Klimabeschlusses des
Bundesverfassungsgerichts vom März, welche Auswirkungen sich daraus für
Verkehrspläne auf Bundesebene ergeben. Der Beschluss fordert die Politik
auf, den Klimaschutz bei allen Maßnahmen stärker als bislang zu
berücksichtigen.
Laut dem Gutachten ist das bei den Verkehrsplänen nicht der Fall: Die
rechtlichen Grundlagen für den Neubau der vielen Autobahnen und
Bundesstraßen im Norden seien demnach nichtig.
## Urteil des Verfassungsgerichts
Sie verstießen gegen das Grundgesetz. „In der Folge ist fraglich, ob der
Bedarfsplan für einzelne Fernstraßenprojekte noch eine Bindungswirkung
entfalten kann“, schreiben die Autor:innen des Gutachtens von der
Kanzlei Baumann, die auf Verwaltungsrecht und insbesondere auf Verkehrs-
und Infrastrukturplanung spezialisiert ist.
Sie kritisieren, es fehle an konkreten Prüfungen, wie sehr die
[2][Umsetzung der Bauvorhaben in die Umwelt eingreif]e. Zudem werde nicht
ausgeführt, wie die jeweiligen Vorhaben das Erreichen der nationalen
Klimaschutzziele beeinflussen.
Zwar ist es kaum überraschend, dass ein vom Umweltverband in Auftrag
gegebenes Gutachten zu einem solchen Ergebnis kommt – schon seit Langem
machen Umweltschützer:innen gegen Straßenbauprojekte mobil. Neu ist
jedoch, dass das Bundesverfassungsgerichtsurteil diese Ansichten dem
Gutachten nach offenbar untermauert.
Hinzu vollzieht sich damit ein strategischer Wandel bei den
Umweltschützer:innen: Statt den Klageweg gegen einzelne Vorhaben zu
beschreiten, will der Umweltverband nun den großen Hebel gegen alle
Vorhaben ansetzen. „Wir wissen aus der Erfahrung, dass wir mit Einzelklagen
solche Projekte verzögern, aber nicht verhindern können“, sagt Eggers.
Denn solche Klagen beruhen meist auf dem Vorwurf, dass gegen Artenschutz
und das Wasserrecht verstoßen werde. Werden dann Ausgleichs- und
Ersatzmaßnahmen in die Wege geleitet oder vergrößert, stehe den Projekten
rechtlich nichts im Weg.
Das Gutachten ploppt nun vor den anstehenden Koalitionsverhandlungen in
Berlin auf. Aus Sicht des BUND gebe das Gutachten der Politik ohnehin nur
Rückenwind: „Letztlich erneuern wir nur Robert Habecks Forderung nach einem
Moratorium beim Bau von Autobahnen und Bundesstraßen“, sagt Eggers.
Der grüne Ko-Chef und ehemalige schleswig-holsteinische Minister Habeck
hatte das vor rund einem Jahr gefordert – und dabei vor allem auf den Bau
der A20 geschielt. Aus Eggers Sicht ist ein Moratorium die einzige logische
Schlussfolgerung aus dem Gutachten.
## Viele Proteste gegen Autobahnen
Ein solches Moratorium würde viele umstrittene Bauprojekte im Norden
treffen: Die A20 soll künftig vom Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns kommend
auf schleswig-holsteinischem Grund über Lübeck und Bad Segeberg bis nach
Glückstadt führen. [3][Es ist eines der teuersten und umstrittensten
Verkehrsprojekte bundesweit.] Südlich der Elbe, wo die A20 weiterführen
soll, kam es am Sonntag zu Protesten gegen das Vorhaben. 200
Teilnehmer:innen bildeten eine Menschenkette auf der Trasse.
Auch in Lüneburg nahmen Umweltschützer:innen am Sonntag das Gutachten
zum Anlass, um gegen den Ausbau der A39 zu protestieren. Eigentlich wollten
sie mit Fahrrädern auf einem Teilstück der Autobahn demonstrieren, doch das
Verwaltungsgericht Lüneburg untersagte das. Dennoch protestierten 250
Menschen am Sonntag gegen das Vorhaben. Bislang endet die A39 von Westen
kommend bei Lüneburg. Sie soll aber zwischen Lüneburg und Wolfsburg auf
einer Gesamtlänge von 105 Kilometern ausgebaut werden.
In der Nacht von Freitag auf Samstag kam es in Kiel zu einer Baumbesetzung.
Dort ist der Ausbau der A21 und der sogenannten Südspange umstritten. Die
Zusammenführung würde einige Grünflächen und Gehölze vernichten. „Es ist
ein veraltetes Projekt aus den 80er-Jahren, das in enormem Widerspruch zu
dem in Kiel ausgerufenen Klimanotstand steht“, gaben die Besetzer:innen
bekannt.
10 Oct 2021
## LINKS
[1] /Protest-gegen-Weiterbau-von-A20-und-A26/!5792701
[2] /Waldprotest-im-Ammerland/!5767634
[3] /Studie-zur-geplanten-Kuestenautobahn-A20/!5738984
## AUTOREN
André Zuschlag
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