# taz.de -- Lüneburger Initiativen beschweren sich: Ordnungsamt bremst Demos a… | |
> 19 Initiativen aus Lüneburg werfen dem dortigen Ordnungsamt vor, | |
> Versammlungen durch Auflagen und kurzfristige Änderungen zu erschweren. | |
Bild: Wenn es geht, dann geht was: Klima-Demo am 15. März 2019 in Lüneburg | |
HAMBURG taz | Zu restriktiv, zu kurzfristig: So agiere das Ordnungsamt | |
Lüneburg, klagt eine Reihe von Gruppen, Initiativen und Vereinen in einem | |
offenen Brief. In den vergangenen zwei Jahren habe das Ordnungsamt | |
wiederholt mit unverhältnismäßigen Auflagen und spontanen Änderungen | |
erschwert, dass Versammlungen durchgeführt werden können. Die | |
Entscheidungen des Amts seien von Gerichten in Eilantragsverfahren vielfach | |
abgewiesen worden. | |
So forderte das Ordnungsamt im Juli 2020 die Organisator:innen einer | |
„Black Lives Matter“-Demonstration zwei Tage vor der Demo auf, die geplante | |
Startzeit wegen der vielen Einkaufspassant:innen zu verändern. „Im | |
Kooperationsgespräch hatten wir die Route jedoch schon so verändert, dass | |
wir kaum Passant:innen begegnen würden. Das Verwaltungsgericht gab uns | |
zwar recht mit unserem Eilantrag, aber so stand erst am Vorabend der Demo | |
die endgültige Uhrzeit fest“, erzählt Nana Amoah von der mitorganisierenden | |
Leuphana [1][African Students Organisation]. | |
Die Hansestadt Lüneburg hat bislang nicht auf das Schreiben reagiert, das | |
die insgesamt 19 Gruppierungen am Montag der vergangenen Woche | |
veröffentlichten. | |
Auf taz-Anfrage nimmt eine Pressesprecherin der Stadt kaum Bezug auf die | |
Inhalte des Briefes. Das Versammlungsrecht sei ein unverzichtbares | |
Grundrecht und die Stadt weise die Vorwürfe zurück, erklärt sie. Es würde | |
länger dauern, neue Protestformen wie Camps oder Proteste auf Autobahnen zu | |
prüfen. Zudem habe die Zahl an Versammlungsanmeldungen zugenommen: Demnach | |
habe es bis 2018 nur rund 20 Versammlungen pro Jahr gegeben, 2019 dagegen | |
schon 110 und in den Jahren 2020 und 2021 jeweils über 200. „In den | |
vergangenen Jahren hat die Hansestadt Lüneburg keine einzige Versammlung | |
untersagt“, so die Pressesprecherin. | |
Das eigentliche Problem sehen die Briefschreiber:innen aber nicht im | |
Verbot von Versammlungen, sondern in den „zweifelhaften Entscheidungen“ des | |
Ordnungsamts, das „zu rigoros Aspekte von politischen Versammlungen | |
verbietet“. | |
## Viele Klagen gegen Ordnungsamt-Entscheidungen | |
Für Jonas Korn sieht das nach einer „Verzögerungstaktik“ aus. Er engagiert | |
sich für das [2][„KlimaKollektiv“], ein Lüneburger Zusammenschluss für | |
Klimagerechtigkeit, der den offenen Brief initiiert hat. Korn und seine | |
Mitstreiter:innen kannten viele der anderen Gruppierungen durch | |
Zusammenarbeit in der Vergangenheit und fragten herum, welche Probleme bei | |
diesen aufgetreten seien. | |
So sammelten sie eine Liste mit elf politischen Veranstaltungen aus den | |
vergangenen zwei Jahren, bei denen das Ordnungsamt Routen kurzfristig | |
ändern ließ, Zeiten ändern wollte oder Versammlungen nicht in der | |
ursprünglichen Form genehmigte. | |
Die Veranstalter:innen waren gezwungen, „die Durchsetzung | |
demokratischer Rechte oft auf dem Rechtsweg“ zu erstreiten, heißt es im | |
offenen Brief. Und weiter: „Die vielen positiven Entscheidungen der | |
Gerichte für die Versammlungsanmeldenden zeigt, dass das Ordnungsamt oft zu | |
repressiv entscheidet.“ | |
Das „KlimaKollektiv“ musste beispielsweise für eine „Demonstration gegen | |
die [3][A39] und für die Mobilitätswende“ im Dezember 2020 die | |
Originalroute auf der Lüneburger Ostumgehung vor dem Verwaltungsgericht | |
erklagen. Die Unterzeichner:innen, zu denen neben vielen Klimaschutzgruppen | |
auch der [4][Asta der Universität], die [5][Sozialistische Jugend] und die | |
[6][Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen] gehören, weisen darauf hin, | |
dass der Weg vor das Gericht wegen mangelnder Erfahrung oder aus | |
Geldgründen nicht allen Personen gleichermaßen offenstünden. Gemessen an | |
der Anzahl der Versammlungen insgesamt habe es „nur in sehr geringem | |
Umfang“ Gerichtsverfahren gegeben, sagt die Sprecherin der Stadt. | |
Abseits der rechtlichen Fragen führen die sehr späten Entscheidungen des | |
Ordnungsamtes zu Organisations- und Mobilisationsproblemen, da häufig erst | |
kurz vor den Versammlungen die relevanten Aspekte feststünden, sagen die | |
Unterzeichner:innen. Sie fordern nun von der Stadt, | |
„versammlungsfreundliche Verhältnisse“ herzustellen. Denn eine lebendige | |
Demokratie brauche diese. | |
1 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://silaso.wixsite.com/laso?fbclid=IwAR00FqjM0Qa7YhHoRVS0UiqbD-4xHTANUR… | |
[2] https://www.facebook.com/KlimaKollektivLueneburg/ | |
[3] /Gutachten-zur-Verkehrsprojekten/!5804187 | |
[4] https://www.asta-lueneburg.de/ | |
[5] https://falken-nordniedersachsen.de/ | |
[6] https://antifa-lg-ue.org/ | |
## AUTOREN | |
Hagen Gersie | |
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