# taz.de -- Geheimes Gutachten zur Köhlbrandbrücke: Hoffnung für Hamburger W… | |
> Die Köhlbrandbrücke sollte abgerissen werden. Nun wird diskutiert, ob sie | |
> doch erhalten werden kann. Zehn Fragen und Antworten. | |
Bild: Elegant sieht sie aus, die Köhlbrandbrücke im Abendlicht. Aber wie lang… | |
Warum redet ganz Hamburg plötzlich über die Köhlbrandbrücke? | |
Die Köhlbrandbrücke ist eines der Hamburger Wahrzeichen. Wer hier | |
rüberfährt, hat einen fantastischen Blick über die Stadt und den Hafen. Bis | |
vor Kurzem schien festzustehen, dass das elegant [1][geschwungene Bauwerk | |
abgerissen werden soll]. Ob das so sein muss, steht jetzt infrage. Denn Die | |
Zeit hat ein 15 Jahre altes Gutachten öffentlich gemacht, von dem zwar | |
immer wieder die Rede war, das aber bisher weder Bürgerschaftsabgeordnete | |
noch Medienleute einsehen konnten. | |
Was steht in dem Gutachten? | |
Experten der Technischen Universität Hamburg (damals noch TU Hamburg) | |
ermittelten, dass die Brücke mit einem jährlichen Aufwand von 1,5 Millionen | |
Euro pro Jahr bis 2030 befahren werden könnte. Um sie danach weitere | |
Jahrzehnte erhalten zu können, müssten die Spannbetonrampen, die zum | |
Mittelteil der Brücke hinaufführen, komplett ersetzt werden. Nach damaliger | |
Schätzung hätte das mindestens 90 Millionen Euro gekostet. Der Betrag wäre | |
angesichts der stark gestiegenen Baukosten zwar heute viel höher. Er wäre | |
aber sicher gering im Vergleich zu den Kosten von 5,3 Milliarden Euro, die | |
die Hamburg Port Authority (HPA) für einen Tunnel als Ersatzbau errechnet | |
hat. | |
Wer will die Brücke abreißen und warum? | |
Die Hafenwirtschaft und die Mehrheit der in der Bürgerschaft vertretenen | |
Parteien – SPD, CDU, AfD, FDP – glauben, dass der Hafen als | |
Logistikdrehscheibe auf absehbare Zeit das Herz Hamburgs bleiben wird. | |
Deshalb müsse die [2][wichtigste Querverbindung zwischen dem östlichen und | |
westlichen Teil des Hafens erneuert werden]. Die Wirtschaftsbehörde | |
argumentiert, die Erbauer hätten nicht voraussehen können, wie stark der | |
künftige Verkehr die Brücke belasten würde. Heute fahren werktags 40.000 | |
Fahrzeuge darüber, ein Drittel davon Lastwagen, die eine Straße um ein | |
Vielfaches mehr verschleißen als Pkws. Berechnet wurde sie für 31.000 | |
Fahrzeuge täglich. Wegen der Belastung müssen die Laster Abstand halten und | |
dürfen nicht überholen. Zudem sei die Brücke mit 53 Meter nicht mehr hoch | |
genug für die heutigen Schiffe. | |
Müssen die Riesenschiffe unbedingt unter der Brücke durch? | |
Hinter der Brücke liegt Hamburgs modernster Containerterminal Altenwerder. | |
Hier wird aber nur deutlich weniger als ein Drittel aller Container | |
umgeschlagen. Die anderen Terminals sind ohne Höheneinschränkungen | |
anzulaufen. | |
Wie hat der Senat die Öffentlichkeit informiert? | |
Über das Gutachten hat kurz nach seiner Fertigstellung 2008 die Bild | |
berichtet. In den beiden Artikeln ist von den Schäden an den Auffahrten die | |
Rede und auch von den 90 Millionen Euro für eine Sanierung. Der | |
Bürgerschaft gegenüber hat der Senat immer wieder unter Verweis auf das | |
Gutachten mitgeteilt, dass ab 2030 der Unterhaltungsaufwand so hoch würde, | |
dass ein Neubau fällig wäre. Publik gemacht hat er es bis heute nicht unter | |
Verweis darauf, dass es ja vor dem Inkrafttreten des hamburgischen | |
Transparenzgesetzes erstellt worden sei. Dass die 90 Millionen für eine | |
Sanierung viel billiger wären als ein Neubau, ist der Zeit aufgefallen, als | |
die exorbitante Summe von 5,3 Milliarden Euro für einen Tunnel bekannt | |
wurde. | |
Ist das Gutachten veraltet? | |
Die Berechnungen sind Experten zufolge seriös und nach wie vor gültig, nur | |
sind wir heute im Prognosezeitraum eben 15 Jahre weiter. Der CDU hat der | |
Senat kürzlich mitgeteilt, als Folge der Grundinstandsetzung der Brücke bis | |
2016 und der laufenden Bauwerksprüfungen lägen heute „deutlich präzisere | |
und aktuellere Ergebnisse über den Bauwerkszustand vor“. Das gilt | |
insbesondere für den zwischen den Pylonen hängenden stählernen Mittelteil, | |
der damals als unproblematisch gesehen wurde. Heute bekommt er von der HPA | |
die Note Fünf. Auch diese neueren Untersuchungen will der Senat bisher | |
nicht publik machen. | |
Welche Alternativen zur heutigen Brücke prüft der Senat? | |
Bisher hat die HPA einen gebohrten Tunnel favorisiert. Die Vorplanung hat | |
nun ergeben, dass der Tunnel aufgrund des stellenweise ungeeigneten | |
Baugrundes 5,40 Meter tiefer liegen müsste als erwartet und 165 Meter | |
länger werden müsste. Das macht ihn sehr teuer. Das Problem bei einer neuen | |
Brücke ist die erwünschte Höhe von mehr als 73 Metern. Die Rampen, um dort | |
hinauf zu gelangen, brauchen sehr viel Platz. | |
Der Senat plant drei Kilometer südlich eine Ost-West-Autobahn. Könnten die | |
Lastwagen nicht dorthin ausweichen? | |
Für diese Autobahn läuft gerade das Planfeststellungsverfahren. Der Senat | |
argumentiert, aufgrund ihrer Lage im Verkehrsnetz würden sich Autobahn und | |
Köhlbrandquerung ergänzen, nicht ersetzen. Sie dienten sich gegenseitig als | |
Ausweichroute. Die Autobahn entlaste zudem den Stadtteil Wilhelmsburg. | |
[3][Die Umweltverbände halten eine neue Autobahn durch die Stadt für | |
unzeitgemäß, ebenso Umweltsenator Jens Kerstan] (Grüne). Die Linke beschied | |
schon vor zwei Jahren, mit der alten, aber verstärkten Köhlbrandbrücke | |
könne sie „gut leben“. | |
Spielt der Denkmalschutz eine Rolle? | |
Natürlich nicht. Zwar müsste er, denn die Köhlbrandbrücke ist ein | |
eingetragenes Denkmal, Listennummer 28577. Und der Senat wäre laut | |
Hamburgischem Denkmalschutzgesetz dazu verpflichtet, „durch vorbildliche | |
Unterhaltungsmaßnahmen an Denkmälern für den Wert des kulturellen Erbes in | |
der Öffentlichkeit“ einzutreten. Aber darauf wird im Hafen seit jeher | |
[4][gepflegt geschissen]: Bis 2013 konnte die Hafenverwaltung per Vetorecht | |
die Unterschutzstellung von Anlagen verhindern. Jetzt stehen sie zwar in | |
der Denkmalliste. Aber über Löschung entscheidet der Senat allein. | |
Was tut der Kultursenator? | |
Er [5][bewahrt Statuen reaktionärer Personen wie den kapitalen Bismarck an | |
den Landungsbrücken unter Berufung auf den Denkmalschutz vor | |
Veränderungen]: Es ist beschämend, aber nicht erstaunlich, dass sich | |
Carsten Brosda (SPD) als Fachsenator zum Propagandisten dieses | |
Missverhältnisses macht: Erst profiliert er sich als Erhalter des | |
Bismarck-Denkmals, das einen feudalen imperialistischen deutschen Staat | |
preußischer Prägung repräsentiert. Jetzt karikiert er im NDR dumm-polemisch | |
den Widerstand gegen den Abriss des stadtbildprägendsten Bauwerks der | |
demokratischen Hälfte des 20. Jahrhunderts als Verlangen nach Schönheit. | |
Wenn sie ihren Zweck nicht mehr erfülle, reiche das nicht aus. | |
14 Aug 2023 | |
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[4] https://bildarchiv-hamburg.com/photo/zerkleinerte-mauerreste-bauschutt-kaig… | |
[5] /Kontextualisierung-des-Bismarck-Denkmals/!5947947 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
Benno Schirrmeister | |
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