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# taz.de -- Arbeitskampf bei der BVG: Streiken gegen Kürzungspolitik
> Die Beschäftigten der Berliner Verkehrsbetriebe machen mit einem
> 24-Stündigen Ausstand ernst. Sie fordern Finanzierungszusagen von Land
> und Bund.
Bild: Unterbezahlt und verdammt wütend: Beschäftigte der BVG ärgern sich üb…
Berlin taz | Die politische Sprengkraft dieses Tarifkonflikts wird
deutlich, als der CDU-Politiker Lukas Krieger das Mikro auf der
Streikkundgebung am BVG-Betriebshof in der Cicerostraße ergreift. Die
Aufforderung, Verdis Forderungen zu unterstützen, lehnt der Direktkandidat
im Charlottenburger Wahlkreis ab: „In den Zeiten knapper Kassen werden
Gehaltssteigerungen in der Höhe nicht möglich sein“, sagt Krieger und
erntet Buh-Rufe von den gelben Warnwesten tragenden BVG-Beschäftigten.
„Frag doch mal in den anderen Bundesländern, die kriegen das hin“, ruft ein
Busfahrer aus den hinteren Reihen.
Da gerade Wahlkampf ist, lud Verdi die Direktkandidaten der demokratischen
Parteien des Wahlkreises Charlottenburg-Wilmersdorf zur Kundgebung ein. Die
Politiker:innen sollten sich zu den Gewerkschaftsforderungen
positionieren, indem Verdi sie aufforderte, eine Petition zu
unterschreiben.
Gekommen sind neben CDU-Mann Lukas Krieger auch die Grüne Lisa Paus, der
ehemalige Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Niklas Schenker von der
Linken. Während Krieger sich weigerte, unterschrieben die drei anderen
bereitwillig die Petition, die sich unter anderem für einen unbefristeten
Streik ausspricht, falls es zu keiner Einigung kommt.
Die Politik sitzt mit am Verhandlungstisch, das machte Verdi beim ersten
Warnstreik der BVG-Beschäftigten deutlich. „Sowohl das Land als auch der
Bund sind in der politischen Verantwortung“, sagt Verdi-Pressesprecher
Kalle Kunkel der taz.
## Politische Lösung notwendig
Aus eigenen Mitteln werden die Berliner Verkehrsbetriebe die Forderungen
nicht erfüllen können. Die Mehrkosten würden Schätzungen Verdis als auch
des Senats zufolge eine Viertelmilliarde Euro betragen. „Im Land müssen die
Bedingungen dafür geschaffen werden, sonst muss die BVG das von den
Fahrgästen holen“, sagt Kunkel.
[1][Finanzsenator Stefan Evers (CDU) warnte am Sonntag als Gastredner bei
der SPD-Klausurtagung in Dresden vor einem zu hohen Tarifabschluss.] Das
Land hätte keine Möglichkeiten die Zuschüsse zu erhöhen, Kürzungen im
Angebot der BVG könnten die Folge sein.
„Das Geld ist mobilisierbar, aber politisch nicht gewollt“, widerspricht
Schenker der Position der CDU. Möglich seien neben einer Entlastung des
Haushalts durch den stärkeren Einsatz von Krediten eine Erhöhung von
Einnahmen. Schenker schlägt dafür die Einführung besonderer
Touristentickets vor.
Mit dem 24-stündigen-Warnstreik, der um 3 Uhr begann, will Verdi den Druck
auf die BVG vor der nächsten Verhandlungsrunde am 31. Januar erhöhen. Die
Gewerkschaft wirft dem Verkehrsunternehmen vor, kein Angebot vorgelegt zu
haben, obwohl die Forderungen schon seit dem Oktober bekannt sind.
## Personalkrise verschärft sich
Die Beschäftigten fordern eine deutliche Lohnerhöhung, die im Schnitt 25
Prozent beträgt. [2][„Im bundesweiten Vergleich sind wir bei den Gehältern
auf dem letzten Platz“, kritisiert Verhandlungsleiter Jeremy Arndt], auch
eine Anpassung der Gehälter an die Inflation habe es bislang nicht gegeben.
Mit der Lohnerhöhung will Verdi der Personalkrise bei der BVG
entgegenwirken. In den vergangenen Jahren sank die Zuverlässigkeit immer
weiter, ein Grund sind neben kaputten Zügen auch fehlende Fachkräfte. „Den
Personalaufwuchs schafft man nur, wenn man konkurrenzfähige Löhne zahlt“,
fordert Arndt.
Doch die BVG schätzt den Aufholbedarf deutlich geringer ein, laut Arndt nur
um einen „mittleren einstelligen Prozentbetrag“. Das Unternehmen
bezeichnete die Auftaktrunde als „konstruktiv“, kritisierte jedoch den
Warnstreik als „unverhältnismäßig“.
Die Haltung der Unternehmensleitung sorgt für Unmut bei den Beschäftigten.
„Wir sind unterbezahlt, viele suchen das Geld woanders“, sagt ein
Busfahrer, der namentlich nicht genannt werden will, der taz. [3][Der
Personalmangel belastet die Beschäftigten zusätzlich]. Es sei keine
Seltenheit, dass vereinbarte Ablösungen zu spät erfolgen und die Fahrgäste
länger warten müssen. „Den Ärger kriegen wir ab und nicht die
Unternehmensleitung“.
## Bewegung gegen Kürzungspolitik
Dem Argument, dass Lohnerhöhungen angesichts knapper Kassen nicht möglich
seien, widerspricht auch Isabelle Emig vom Bündnis Berlin steht zusammen.
Mit einer Handvoll weiterer Aktivist:innen unterstützt sie die
Beschäftigten der BVG. „Mit der Kürzungspolitik sehen wir einen klaren
Klassenkampf von oben. Da müssen wir eine gemeinsame Antwort finden“, sagt
Emig.
Das Bündnis aus Verdi und Fridays for Future, [4][das bei den
Manteltarifvertragsverhandlungen bei der BVG im vergangenen Jahr noch als
„Wir fahren zusammen“ firmierte], verfolgt dieses Mal einen breiteren
Ansatz. Es will die parallel verlaufenden Tarifverhandlungen im
öffentlichen Dienst mit dem Arbeitskampf bei der BVG verbinden und so eine
Bewegung gegen die Sparpolitik aufbauen.
„Weg mit der Schuldenbremse und für eine Besteuerung der Superreichen“,
fordert ein Sprecher des Bündnisses auf der Kundgebung. Zusammen mit Verdi
organisiert das Bündnis am 22. Februar eine Großdemo gegen Kürzungspolitik.
27 Jan 2025
## LINKS
[1] /Klausurtagung-der-Berliner-SPD-Fraktion/!6061899
[2] /Streik-bei-Berliner-Verkehrsbetrieben/!6061912
[3] /Probleme-bei-der-BVG/!6038421
[4] /WirFahrenZusammen/!5995633
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
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