| # taz.de -- #WirFahrenZusammen: Klima- und Arbeitskampf vereint | |
| > In Berlin streiken zum ersten Mal Klimaaktivist:innen und Bus- und | |
| > Bahnfahrer:innen gemeinsam. Nicht alle sind mit dem Bündnis | |
| > zufrieden. | |
| Bild: Selfies – immer beliebt: Klimaaktivistin Luisa Neubauer (l.) beim Klima… | |
| Berlin taz | Gelbe Warnwesten lassen den Invalidenpark in Mitte | |
| aufleuchten. Im Hintergrund wirft das Gebäude des | |
| Bundesverkehrsministeriums einen langen Schatten auf die Beschäftigten der | |
| Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Sie sind die ersten, die am Freitagmorgen | |
| am Streikort eintreffen, denn um 9 Uhr findet die Streikgelderfassung | |
| statt. Auf der Anzeigetafel an der Straßenbahnhaltestelle steht: | |
| „[1][Streik bis Freitag, 14 Uhr.] U-Bahnen, Straßenbahnen und die meisten | |
| Buslinien fahren nicht“. | |
| Eine Stunde später sieht der Invalidenpark deutlich bunter aus. Immer mehr | |
| Plakate, genauer: Fridays-for-Future-Plakate ragen aus der Menge heraus. | |
| Immer mehr Transparente, die eine Verkehrswende und die Einhaltung von 1,5 | |
| Grad fordern, werden herausgeholt und aufgehängt. Bunte Seifenblasen wabern | |
| über die Menge. | |
| Es ist Klimastreiktag und hier der Höhepunkt der Kampagne | |
| #WirFahrenZusammen: Klimaaktivist:innen und | |
| Verdi-Gewerkschafter:innen schließen sich zusammen. Im Invalidenpark | |
| geht es dann auch um Klima- und Arbeitskampf gleichermaßen. | |
| Ohne bessere Arbeitsbedingungen für Bus- und Bahnfahrer:innen wird es | |
| keine Verkehrswende geben – das ist zumindest die These von Fridays for | |
| Future und Verdi. Gemeinsam fordern sie den Ausbau des öffentlichen | |
| Personennahverkehrs. „Um eine gerechte Verkehrswende zu schaffen, muss | |
| jetzt in den ÖPNV investiert werden“, heißt es in dem Aufruf zum | |
| Klimastreik. [2][„Notwendig sind 100 Milliarden bis 2030.“] | |
| Die Beschäftigten der BVG streiken zum zweiten Mal in dieser | |
| Verhandlungsrunde. Am 2. Februar bekamen sie an den Streikposten | |
| Unterstützung von Fridays-for-Future-Aktivist:innen – diesmal zeigen sich | |
| die Bus- und Bahnfahrer:innen solidarisch mit dem Klimastreik. | |
| ## „Die Klimaaktivisten dürfen uns unterstützen“ | |
| Doch nicht alle freuen sich über die Zusammenarbeit zwischen den beiden | |
| Gruppen. Martina arbeitet seit 1983 bei der BVG und ist ebenso lange | |
| Mitglied bei Verdi. Ihren Nachnamen will sie, wie die anderen | |
| BVG-Mitarbeiter:innen auch, nicht in der Zeitung lesen. Martina sagt, sie | |
| könne nicht mehr zählen, an wie vielen Streiks sie in ihrem Leben schon | |
| teilgenommen hat. Zum ersten Mal in ihrer Laufbahn bei der BVG findet der | |
| Streik nicht an einem der Betriebsbahnhöfe statt, sondern im Invalidenpark. | |
| „Wir streiken als BVG-Mitarbeiter vor dem Verkehrsministerium, unserem | |
| Arbeitgeber“, sagt sie der taz. „Die Klimaaktivisten dürfen uns | |
| unterstützen. Nicht andersherum.“ | |
| Sie macht sich Sorgen, „dass der Streik politisch wird“ – und nicht mehr | |
| als Kampf für Arbeitnehmer:innen-Rechte gesehen wird. Tatsächlich ist es in | |
| Deutschland nicht erlaubt, die Arbeit niederzulegen, um politische | |
| Forderungen durchzusetzen. Auch ihre Kollegin Manuela hat Bauchschmerzen | |
| mit der Kampagne #WirFahrenZusammen. „Unsere Forderungen rücken in den | |
| Hintergrund, weil es jetzt nur noch um den Klimastreik geht“, sagt sie. | |
| „Ich will nicht mit deren Forderungen gemein gemacht werden.“ | |
| Andere BVG-Mitarbeiter:innen sehen das Bündnis weitaus positiver. „Viele | |
| BVG-Beschäftigte streiken nur, damit sie ihr Geld bekommen“, sagt etwa | |
| Michael, der seit 20 Jahren in der technischen Abteilung der BVG arbeitet. | |
| Ebenfalls seit 20 Jahren ist er Mitglied bei Verdi und versteht die | |
| Zusammenarbeit mit den Klimaaktivist:innen als Chance. [3][„Die | |
| Fridays-for-Future-Leute streiken, damit es uns allen besser geht.“] | |
| Genau deshalb sind auch Jakob, Lillya und Julia mit ihren | |
| Klassenkamerad:innen hier. „Wir brauchen einen gut ausgebauten ÖPNV“, | |
| sagt Lillya zur taz. „Und das geht nicht ohne bessere Arbeitsbedingungen | |
| für Bus- und Bahnfahrer:innen.“ Sie ist in der 9. Klasse und hat die Schule | |
| geschwänzt. „Heute ist Streiktag“, sagen sie alle gemeinsam. Sie tragen ein | |
| Schild mit der Aufschrift „Futur II gibt es nur im Deutschunterricht“. | |
| Es ist nicht das erste Mal, dass die Neuntklässler:innen an einem | |
| Klimastreik teilnehmen. Für sie ist es schon lange Realität, für | |
| klimagerechte Politik auf die Straße zu gehen. Das Interesse an dem Streik | |
| scheint aber längst nicht mehr so verbreitet zu sein, wie es zu Beginn der | |
| Fridays-for-Future-Zeit mal war. Die Organisation selbst spricht von | |
| tausenden Demonstrant:innen am Freitag. Nach Angaben der Polizei waren | |
| es rund 600 Teilnehmer:innen. Beim letzten Klimastreik im September 2023 | |
| sprach die Polizei noch von 12.500 Demonstrant:innen. | |
| Doch das irritiert die Klimaaktivist:innen nicht. „Viele Menschen | |
| sind heute zum ersten Mal dabei, vor allem viele ÖPNV-Beschäftigte“, sagt | |
| Darya Sotoodeh, Sprecherin von Fridays for Future. „Der Fokus liegt heute | |
| darauf, Menschen zu motivieren, für die sozial gerechte Verkehrswende aktiv | |
| zu werden.“ | |
| 1 Mar 2024 | |
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| [3] /Buendnis-von-Fridays-for-Future-und-Verdi/!5993196 | |
| ## AUTOREN | |
| Clara Suchy | |
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