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# taz.de -- Probleme bei der BVG: In der Krise punkten
> Die Grünen legen einen Plan vor, um die angeschlagene BVG wieder auf Kurs
> zu bringen – und verteidigen dabei ihr eigenes verkehrspolitisches Erbe.
Bild: Soll wieder richtig rollen: die Berliner U-Bahn
Berlin taz | Lange Wartezeiten und überfüllte Wagen bei der U-Bahn,
abgespeckte Fahrpläne auch bei den Bussen: [1][Bei der BVG läuft schon seit
Längerem vieles nicht nach Plan.] Einen „8-Punkte-Plan“, um das zu ändern
und die landeseigenen Verkehrsbetriebe aus der Krise zu führen, hat nun die
Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus präsentiert. Nur so lasse sich die
„Abwärtsspirale“ unterbrechen, in der sich das Unternehmen befinde, sagten
die verkehrspolitischen Sprecherinnen Antje Kapek und Oda Hassepaß bei der
Vorstellung am Dienstag.
Die Kritik der beiden Politikerinnen am Status quo ist vernichtend: Der
überalterte Fuhrpark und der akute Personalmangel führten bei der U-Bahn
mittlerweile zu Ausfällen „im systemrelevanten Bereich“, so Kapek: Familien
müssten früher aufstehen, weil Schulen die regelmäßig ausfallende U-Bahn
nicht mehr als Entschuldigungsgrund akzeptierten. Kitagruppen machten keine
Ausflüge mehr, weil Busse und Bahnen zu voll seien, Menschen kämen zu spät
zur Arbeit. Hassepaß verwies auf die wachsende Zahl an Menschen in einer
alternden Stadt, die auf den ÖPNV angewiesen seien und von der Teilhabe am
öffentlichen Leben abgeschnitten würden.
Über die massiven Probleme mit dem Angebot habe zudem [2][nicht die BVG
proaktiv und transparent informiert], meinen die Grünen-Politikerinnen –
vielmehr hätten die NutzerInnen selbst und schließlich Medienberichte ein
Bewusstsein für die missliche Lage geschaffen. Dass es an der längst
fälligen Inbetriebnahme neuer U-Bahn-Züge wegen Lieferengpässen des
Herstellers Stadler Rail hapere, sei auch Pech, räumte Kapek ein. Wichtig
sei aber schon jetzt, die Finanzierung auszuweiten, um die
Leistungsfähigkeit der BVG als „Rückgrat einer funktionierenden Stadt“ zu
sichern.
An erster Stelle des „8-Punkte-Plans“ steht deshalb ein entschiedenes Nein
zu Mittelkürzungen für den ÖPNV, wie sie aktuell von Mitgliedern der
schwarz-roten Koalition ins Spiel gebracht werden. Eigentlich gibt es
zwischen Land und BVG einen Verkehrsvertrag mit Laufzeit bis 2035, der die
bestellten Leistungen und den dafür vom Land gezahlten Preis fixiert.
Dieser Vertrag geht allerdings alle fünf Jahre in die „Revision“ durch den
Senat und die Verkehrsbetriebe, das nächste Mal im kommenden Jahr. „Daraus
ergibt sich für die Politik ein Handlungsfenster, um zu sparen“, warnt
Kapek.
Statt Einschnitten, die das Angebot weiter verschlechterten, brauche es im
Gegenteil höhere Investitionen, fordern die Grünen. Zwar sehe der
Rahmenvertrag mit Stadler bis zu 1.500 neue U-Bahn-Wagen vor, aber nur für
1.000 davon sei die Finanzierung sicher.
## An der Schuldenbremse vorbei
Um auch diese trotz der öffentlichen Geldnöte kaufen zu können, schlägt die
Oppositionsfraktion sogenannte Transaktionskredite vor, die den
Landeshaushalt nicht belasten und so die Schuldenbremse umgehen. Sie sollen
auch die schleppende Anschaffung von E-Bussen beschleunigen, von denen erst
rund 200 auf den Straßen unterwegs sind. Eigentlich soll bis 2030 die
gesamte BVG-Flotte von 1.500 Bussen elektrisch fahren.
Zu den weiteren Punkten des grünen Plans gehören [3][bessere
Arbeitsbedingungen für das BVG-Personal], die Bevorzugung der Netzsanierung
vor kostspieligen U-Bahn-Neubauplänen, mehr Sauberkeit und Sicherheit auf
allen Linien – und eine „Transparenzoffensive“, bei der Apps und
Bahnsteiganzeigen endlich wieder ehrlich über Verspätungen und Ausfälle von
Bus und Bahn informieren sollen. Die BVG habe signalisiert, dass das
technisch nicht zu leisten sei, so Antje Kapek, „aber die DB kann das ja
auch, dann muss man eben die entsprechende Software kaufen“.
Die beiden Sprecherinnen hatten am Dienstag auch gleich vorgebaut – denn
sie müssen ihre Partei immer wieder gegen den Vorwurf verteidigen, die
aktuelle ÖPNV-Krise sei in Wirklichkeit ein grünes Erbe. Sie verteilten
Tabellen und Grafiken, um das Gegenteil zu belegen: Tatsächlich waren es
Verkehrssenatorin Regine Günther und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (beide
Grüne), unter denen 2019 die Vergabe des laufenden, bislang größten
Beschaffungsauftrags an Stadler Rail stattfand. Und dass das Land der BVG
in diesem Jahr für den laufenden Betrieb mit 845 Millionen Euro das
Dreifache der Summe von 2014 überweise, liege am Verkehrsvertrag, für den
der aktuelle Senat gar nichts könne.
Der ebenfalls unter grüner Ägide beschlossene Nahverkehrsplan wiederum sehe
Investitionen von 28 Milliarden Euro bis 2035 vor. Für den Sprecher des
Fahrgastverbands IGEB, [4][der die grüne Verkehrspolitik von 2016 bis 2023
zuletzt häufiger scharf kritisiert hat], besagt Letzteres allerdings nicht
allzu viel: „Mit Plänen kann sich die IGEB ihre Räume flächendeckend
tapezieren“, so Jens Wieseke zur taz. Und Geschwindigkeit bei der
Ausschreibung neuer U-Bahnen unter Regine Günther sei „nicht das Erste, was
mir dazu einfällt“.
Wieseke verweist auch auf den Anteil von Sozialdemokraten wie dem
Friedrichshainer Abgeordneten Sven Heinemann bei der Aushandlung des
Verkehrsvertrags mit der BVG: „Den Orden gebe ich den Grünen ganz bestimmt
nicht alleine.“
8 Oct 2024
## LINKS
[1] /Ausfaelle-bei-der-U-Bahn/!6040893
[2] /Berliner-Verkehrsbetriebe-in-der-Krise/!6039189
[3] /Tarifverhandlungen-bei-der-BVG/!5999480
[4] /Berliner-Nahverkehrslobbyist/!5995820
## AUTOREN
Claudius Prößer
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