# taz.de -- Berliner Verkehrsbetriebe in der Krise: BVG übt sich in Selbstkrit… | |
> BVG-Chef Henrik Falk will das U-Bahnchaos „schonungslos“ auswerten und | |
> kündigt Sofortmaßnahmen beim Personal an. Experten sagen, das kommt Jahre | |
> zu spät. | |
Bild: Besser noch reinquetschen – die nächste U-Bahn kommt vielleicht erst i… | |
Berlin taz | Die BVG ist berüchtigt für ihre [1][ranschmeißerischen und | |
selbstbejubelnden Pressemitteilungen]. Insofern nimmt sich die jüngste | |
Mitteilung aus der Pressestelle von Mittwochnachmittag nahezu | |
selbstkritisch aus. Mit Blick auf die Vorwoche ist die Rede von | |
„verständlichem Ärgernis der unzureichenden Fahrgastinformationen“ und von | |
„ungeplanten Ausfällen in größerem Ausmaß“ bei der U-Bahnflotte. Es kli… | |
fast demütig. | |
Tatsächlich steckt die BVG tief in der Krise. Hohe Krankenstände, | |
ausgedünnte Fahrpläne oder digitale Anzeigetafeln mit Fantasiewartezeiten | |
sind schon länger ein Problem. Nach dem Ende der Sommerferien hatte die BVG | |
schließlich angekündigt, [2][„Stabilität in das Angebot“ zu bringen]. Das | |
Gegenteil trat ein. Etliche U-Bahnlinien sind aus dem Takt geraten. Von | |
Stabilität keine Spur. | |
Noch vor zwei Wochen hatte BVG-Chef Henrik Falk versucht, gut Wetter zu | |
machen. „Wir haben tatsächlich Startschwierigkeiten gehabt“, sagte Falk. | |
Und dass sich die Situation aber bereits deutlich gebessert habe. Also: | |
Schwamm drüber. Kurz darauf machte das U-Bahnsystem dann aber komplett die | |
Grätsche. [3][Klagen über Wartezeiten von 20 Minuten und mehr] zur | |
Hauptbetriebszeit häuften sich. | |
Nun verspricht das landeseigene Unternehmen gegenzusteuern. Die BVG habe | |
nicht nur begonnen, „die vergangenen Tage schonungslos zu analysieren und | |
auszuwerten“. Auch seien kurzfristige Maßnahmen „aufgesetzt“ worden, um … | |
Ursachen für den aktuell „sehr hohen“ Krankenstand anzugehen. | |
## Führungskräfte in der Fahrerkabine | |
So sollen jetzt auch Mitarbeiter:innen aus der Verwaltung und | |
Führungskräfte einspringen und Fahrdienste übernehmen, um Ausfälle bei den | |
Fahrer:innen zu kompensieren. Auf die Fahnen schreibt sich die BVG | |
zudem, die zuvor von Beschäftigten kritisierten „Dienstplananpassungen“ | |
zurückgezogen zu haben. Die hatten die Arbeit noch unattraktiver gemacht | |
und sollen ein Grund dafür gewesen sein, dass es Anfang vergangener Woche | |
reihenweise zu Krankmeldungen kam. | |
Den Problemen bei den Fahrgastinformationen sei die BVG darüber hinaus | |
„kurzfristig mit zusätzlichen Ressourcen begegnet“. So wurde nach Angaben | |
des Unternehmens am Mittwoch „ein zusätzlicher und vorerst provisorischer | |
Arbeitsplatz“ in der Leitstelle der BVG eingerichtet, „der die | |
Echtzeit-Fahrgastinformation künftig deutlich verbessern wird“. | |
Expert:innen kritisieren gegenüber der taz, dass die BVG mit diesen | |
Maßnahmen Jahre zu spät kommt. Der Personalmangel lasse sich ohnehin nicht | |
so schnell abstellen, erst recht nicht mit provisorischen Arbeitsplätzen. | |
Bei den Disponent:innen etwa, die in der Leitstelle für einen möglichst | |
gleichmäßigen Betrieb sorgen sollen, seien in der Regel noch nicht einmal | |
zu „normalen“ Zeiten alle Plätze besetzt. | |
Schließlich ist da noch das Hauptproblem des Berliner U-Bahnsystems: | |
[4][der überalterte und störanfällige Fuhrpark]. Teilweise werden 60 Jahre | |
alte Züge eingesetzt. Entlastung sollen schon vor Jahren bestellte neue | |
Züge des Herstellers Stadler bringen. Die werden laut BVG allerdings nicht | |
vor 2025 ausgeliefert – und auch hier hat das Unternehmen auf taz-Anfrage | |
zuletzt ein „voraussichtlich“ hinterhergeschoben. | |
In der Pressemitteilung erweckt die BVG den Eindruck, die Führungsetage | |
habe inzwischen bei Stadler noch einmal auf den Putz gehauen: „Einen | |
verbindlichen Auslieferungstermin hat die BVG beim Hersteller mit Nachdruck | |
eingefordert.“ | |
26 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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