| # taz.de -- Koalition in der EU-Kommission: Showdown im Europaparlament | |
| > Am letzten Tag der Anhörungen der neuen EU-Kommission droht ein massiver | |
| > parteipolitischer Streit zwischen Sozialdemokraten und Konservativen. | |
| Bild: Kommissionspräsidentin von der Leyen ging einen Deal mit Italiens postfa… | |
| Brüssel taz | Bisher läuft alles nach Plan: Das Europaparlament hat 19 von | |
| 20 Kandidaten für die neue EU-Kommission durchgewunken. Doch an diesem | |
| Dienstag, dem sechsten und letzten Tag der parlamentarischen Anhörungen in | |
| Brüssel, wird es ernst. Nun droht ein Showdown zwischen Sozialdemokraten, | |
| Liberalen und Grünen auf der einen, Konservativen und Rechtspopulisten auf | |
| der anderen Seite. | |
| Platzt die große Koalition, die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen | |
| nach der Europawahl im Juni zu einer zweiten Amtszeit verholfen hat? Oder | |
| hält das Stillhalte-Abkommen, das die etablierten Parteien im EU-Parlament | |
| geschlossen haben? In Brüssel wagt niemand eine Prognose. Immerhin ist | |
| klar, wie die Wackelkandidaten heißen. | |
| Problemfall Nummer eins ist der ungarische Kandidat Olivér Várhelyi. Er hat | |
| zwar bereits eine Amtszeit als Erweiterungskommissar hinter sich. Doch ob | |
| er auch über die nötigen Qualifikationen verfügt, um sich in der neuen | |
| EU-Kommission um Gesundheit und Tierschutz zu kümmern, wie dies von der | |
| Leyen wünscht, ist umstritten. | |
| Sozialdemokraten und Grüne haben Zweifel, Várhelyi musste deshalb | |
| nachsitzen. Wenn er abgelehnt werden sollte, müsste Ungarns | |
| rechtsnationaler Regierungschef Viktor Orbán einen neuen Kandidaten | |
| nominieren. Dies könnte nicht nur die Anhörungen verzögern, sondern auch | |
| den Start der neuen EU-Kommission, der im Dezember geplant ist. Die | |
| Entscheidung wurde auf Mittwoch verschoben. | |
| ## Umstrittene Kandidaten für „exekutive“ Vizepräsidenten | |
| Noch brisanter ist der Streit um die designierten neuen Kommissare Raffaele | |
| Fitto und Teresa Ribera. Beide sollen „exekutive“ Vizepräsidenten werden, | |
| also Topposten in der neuen Kommission bekleiden. Fitto wurde von der | |
| postfaschistischen italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni nominiert, | |
| Ribera vom spanischen Sozialisten Pedro Sánchez. | |
| Damit ist eigentlich schon alles gesagt: Es geht um einen | |
| [1][parteipolitischen Streit zwischen Rechten und Linken], nur am Rande um | |
| die fachliche Qualifikation. Fällt Fitto am Dienstagmorgen als | |
| Regionalkommissar durch, dürften sich Konservative und Rechte am Abend | |
| rächen und auch die Klima- und Wettbewerbskommissarin Ribera „abschießen“. | |
| Schon jetzt steht fest, dass die spanischen Konservativen, die der | |
| Europäischen Volkspartei um Manfred Weber (CSU) angehören, hart mit Ribera | |
| ins Gericht gehen werden. Sie wollen die immer noch amtierende und durchaus | |
| erfolgreiche Umweltministerin für die Flutkatastrophe in Valencia | |
| mitverantwortlich machen. | |
| Umgekehrt planen die Sozialdemokraten, dem Rechtspolitiker Fitto die Flügel | |
| zu stutzen. Er könne zwar EU-Kommissar werden, jedoch nicht Vizepräsident, | |
| heißt es. „Uns Sozialdemokrat:innen stellt sich bis heute die Frage, | |
| warum Frau von der Leyen ausgerechnet jemanden der Rechtspopulisten | |
| Fratelli d’Italia zu einem Vizepräsidenten befördern will“, sagt der Chef | |
| der SPD-Gruppe, René Repasi. | |
| ## Von der Leyens Deal mit Meloni | |
| Die Antwort liegt auf der Hand: Die CDU-Politikerin ist einen Deal mit | |
| Meloni eingegangen. Um ihre Wiederwahl zu sichern, hat sie der | |
| Rechtspopulistin aus Rom einen einflussreichen Posten in Brüssel | |
| versprochen. Außerdem werden die Stimmen der rechtskonservativen | |
| Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) gebraucht, die de facto von | |
| Meloni geführt wird. | |
| Alle angehenden Kommissare brauchen eine Zwei-Drittel-Mehrheit in den | |
| Fachausschüssen, um weiterzukommen. Für diese Mehrheit wird jedoch auch die | |
| EKR benötigt – von der Leyens große Koalition reicht nicht. Die | |
| „Brandmauer“ gegen rechts wird so klammheimlich durchbrochen – auch wenn … | |
| zweiten Wahlgang eine einfache Mehrheit reicht. | |
| Streit gibt es auch um den Franzosen Stéphane Séjourné und die Estin Kaja | |
| Kallas. Beide sollen ebenfalls Vizepräsidenten werden. Séjourné wird zu | |
| große Nähe zu Präsident Emmanuel Macron und fehlende Erfahrung vorgehalten. | |
| Kallas ist wegen ihrer harten Haltung zu Russland umstritten. | |
| „Sie steht für ein eindimensionales Denken und eine kompromisslose | |
| Kriegspolitik gegenüber Russland“, kritisiert der Europaabgeordnete und | |
| frühere UNO-Diplomat Michael von der Schulenburg (BSW). Damit werde sich | |
| die EU international weiter isolieren; „zu Friedenslösungen wird eine Kalla | |
| jedenfalls nicht beitragen können“. | |
| Das sieht von der Leyens Koalition im Parlament völlig anders. Kallas sei | |
| „fit für die Welt von morgen“, sagte EVP-Chef Weber nach einer | |
| Vorbesprechung mit Kallas, die künftig als EU-Außenbeauftragte arbeiten und | |
| die Ukraine-Politik entscheidend mitbestimmen soll. | |
| 12 Nov 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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