# taz.de -- Einigung über neue EU-Kommission: Grünes Licht für von der Leyen… | |
> Das EU-Parlament hat trotz erheblicher Bedenken sein „Go“ zur neuen | |
> EU-Kommission gegeben. Zum ersten Mal seit 1999 hat es kontroverse | |
> Kandidaten nicht abgelehnt. | |
Bild: Die umstrittene Kandidatin für die neue EU-Kommission, die Spanierin Ter… | |
Brüssel taz | Trotz erheblicher Bedenken will das Europaparlament doch noch | |
grünes Licht für die neue EU-Kommission geben. Die Fraktionschefs der | |
Konservativen, der Sozialdemokraten und der Liberalen einigten sich am | |
Mittwochabend nach stundenlangen Beratungen hinter verschlossenen Türen in | |
Brüssel darauf, alle 26 Kandidaten zu unterstützen. Auch [1][der | |
umstrittene italienische Rechtsaußen-Politiker Rafaele Fitto] soll der | |
Brüsseler Behörde angehören. | |
Das Team war von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aufgestellt | |
worden. Ursprünglich sollte es bereits in der vergangenen Woche bestätigt | |
werden. Doch die Anhörungen liefen nicht nach Plan. Die meisten Kommissare | |
lasen nur die von der Kommissionschefin vorgefertigten Sprechzettel ab; die | |
Frankfurter Allgemeine Zeitung verhöhnte sie daraufhin als „Sprechpuppen“. | |
Zum Schluss konnten sich die Parlamentarier nicht auf eine Bewertung | |
einigen. | |
Neben Fitto waren auch [2][die spanische Kandidatin Teresa Ribera] und der | |
ungarische Bewerber Olivér Várhelyi umstritten. Nun sollen alle | |
Wackelkandidaten durchkommen. Es wäre das erste Mal seit 1999, dass das | |
Europaparlament auf sein demokratisches Recht verzichtet, kontroverse | |
Kandidaten abzulehnen. Nach der letzten Europawahl 2019 wäre beinahe sogar | |
von der Leyen durchgefallen. | |
## Ursula von der Leyen führt Regie | |
Diesmal hingegen führte die deutsche CDU-Politikerin die Regie. Sie empfing | |
die Fraktionschefs der drei großen Parteien lächelnd im Berlaymont, dem | |
Brüsseler Kommissionsgebäude, und setzte sich hinter den Kulissen für eine | |
„Paketlösung“ ein. Das heißt: Trotz offenkundiger Schwächen wird kein | |
Kandidat abgelehnt, kein Posten neu verteilt. Alle Kommissare kommen im | |
„Paket“ durch. | |
Einzige nennenswerte Änderung: Várhelyis Aufgabengebiet wird beschnitten. | |
Der Vertraute des rechtslastigen ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán | |
soll sich nun doch nicht – wie zunächst geplant – um Reproduktionsmedizin | |
und Pandemien kümmern. Demgegenüber soll Fitto trotz massiver Vorbehalte | |
der Sozialdemokraten zum Vizepräsidenten der Kommission ernannt werden und | |
die milliardenschweren EU-Regionalfonds verwalten. | |
## Deutsche Sozialdemokraten gegen italienische Postfaschisten | |
Es sei ein Unding, den Kandidaten der postfaschistischen italienischen | |
Regierungschefin Giorgia Meloni mit so viel Macht auszustatten, hieß es bei | |
den deutschen Sozialdemokraten. Das sei „inakzeptabel“, sagte ihr Sprecher | |
René Repasi. Doch die deutschen Genossen haben in Brüssel nicht viel zu | |
melden; den Ausschlag gaben die spanischen Sozialisten. Um ihre Kandidatin | |
Ribera zu retten, erklärten sie sich bereit, die „Kröte“ Fitto zu | |
schlucken. | |
Zuvor hatte die mächtigste Fraktion, die konservative Europäische | |
Volkspartei EVP, gedroht, Ribera zu blockieren. Die amtierende spanische | |
Umweltministerin soll sich als Vizepräsidentin um die Wettbewerbspolitik | |
und den grünen Wandel kümmern. Konservative und rechtsextreme Abgeordnete | |
aus Spanien werfen ihr vor, im Oktober [3][nicht rechtzeitig vor den | |
schweren Überschwemmungen in der Region Valencia gewarnt zu haben]. | |
## „Taktische Machtspielchen“ | |
Das „Go“ für die Kommission wird durch einen „pro-europäischen Pakt“ | |
ergänzt. Darin verpflichten sich die Anhänger von der Leyens, in den | |
nächsten fünf Jahren nicht mit rechtsradikalen Parteien im Parlament zu | |
paktieren. Allerdings hat die EVP dieses Gebot bereits gebrochen. Die | |
Vereinbarung verpflichte die Konservativen zu nichts, hieß es bei den | |
Grünen. Der deutsche Abgeordnete Michael Bloss sprach von „taktischen | |
Machtspielchen“. | |
Die neue EU-Kommission soll am 1. Dezember ihre Arbeit aufnehmen. Zuvor | |
muss sie allerdings noch ein Votum im Plenum des Parlaments überstehen, das | |
am kommenden Mittwoch in Straßburg geplant ist. Angesichts des Gezerres bis | |
zur letzten Minute könnte die Abstimmung noch einmal spannend werden. | |
Einige SPD-Politiker und Grüne wollen mit „Nein“ stimmen. Es drohe eine | |
„Normalisierung der extremen Rechten“, [4][warnt die Co-Vorsitzende Terry | |
Reintke]. | |
21 Nov 2024 | |
## LINKS | |
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[3] /Erneut-Hochwasser-in-Spanien/!6049322 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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