# taz.de -- Von der Leyens Wunsch-EU-Kommission: Männlich, konservativ, ambiti… | |
> EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen stellt ihre neue Wunschkommission | |
> vor. Doch einige Kandidat:innen sorgen bereits jetzt für Ärger. | |
Bild: Ursula von der Leyen am Dienstag im Europäischen Parlament in Straßburg… | |
Brüssel taz | Es war wahrlich eine schwere Geburt: Drei Monate nach der | |
Europawahl – und eine Woche nach dem Zeitplan – [1][hat | |
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen] am Dienstag im | |
Europaparlament in Straßburg ihre neue, 27-köpfige Kommission vorgestellt. | |
Sie bringt neue Gesichter, neue politische Prioritäten – und Ärger. | |
Statt um den Klimaschutz, wie noch bei von der Leyens erster Kommission vor | |
fünf Jahren, geht es nun um Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit der | |
Unternehmen. „Die neuen Schwerpunkte spiegeln wieder, in welcher Zeit wir | |
leben“, sagte von der Leyen. Das Klima sei zwar weiter wichtig, doch der | |
Wettbewerb sei härter geworden. Ihr Programm für die nächsten fünf Jahre | |
hat sechs Prioritäten, darunter schwer verständliche Ziele wie die | |
„technologische Souveränität“ oder den „sauberen, gerechten und | |
wettbewerbsfähigen Übergang“, womit offenbar die Fortsetzung des Green | |
Deals gemeint ist. | |
Ein diffuses Bild ergeben auch die neuen Jobs. Erstmals wird sich ein | |
Kommissar, Litauens Ex-Premier Andrius Kubilius, mit Verteidigung | |
beschäftigen. Dabei ist Brüssel dafür laut EU-Vertrag gar nicht zuständig. | |
Neu sind auch Kommissare für Wohnungsbau (Dan Jørgensen aus Dänemark) und | |
das Mittelmeer (Dubravka Šuica aus Kroatien). Gestrichen wurden die Stellen | |
für Arbeits- und Sozialpolitik und für Gleichstellung. Für Verwunderung | |
sorgte auch, dass von der Leyen ausgerechnet Österreichs Finanzminister | |
Magnus Brunner mit der Asyl- und Migrationspolitik betraut hat, mitten im | |
Wiener Wahlkampf ein fragwürdiges Signal. | |
Am meisten Ärger gibt es um den italienischen Kommissar Raffaele Fitto. | |
Schon im Vorfeld gab es Widerstand gegen die Nominierung des | |
Rechtsaußen-Politikers. Dass ihn von der Leyen nun zu ihrem Vizepräsidenten | |
macht, sorgt für Unverständnis. Fitto soll sich um die Regionalförderung | |
kümmern, was ihm Zugriff auf milliardenschwere EU-Fördertöpfe sichert. | |
## Konstellation birgt Streit | |
„Kann ein Europafeind EU-Fördermittel verwalten“, fragt der Chef der | |
deutschen Grünen im Europaparlament, Rasmus Andresen. Für die Europäische | |
Volkspartei EVP ist dies kein Problem: Fitto sei ein „überzeugter Europäer, | |
ein Christdemokrat, einer aus dem bürgerlichen Lager“, sagt EVP-Chef | |
Manfred Weber. | |
Als rechtslastig gelten auch der designierte Transportkommissar Apostolos | |
Tzitzikostas aus Griechenland und Gesundheitskommissar Olivér Várhelyi aus | |
Ungarn. Várhelyi gilt als Gefolgsmann des ungarischen Regierungschefs | |
Viktor Orbán, der regelmäßig Front gegen die EU und die „Brüsseler | |
Diktatur“ macht. Doch gegen eine zweite Amtszeit Várhelyi hat sich von der | |
Leyen nicht gesträubt. Dass dies durchaus möglich gewesen wäre, zeigt | |
[2][der Fall des Franzosen Thierry Breton]: Fünf Jahre lang war er | |
mächtiger Wettbewerbskommissar. Doch dann schmiss dieser am Montag in | |
letzter Minute hin. | |
Für Frankreich kommt nun der bisherige Außenminister und frühere liberale | |
Europaabgeordnete Stéphane Séjourné. Er soll sich um die Industriepolitik | |
kümmern. Damit erhält der Vertraute von Präsident Emmanuel Macron ein | |
Schlüsselressort. Allerdings verfügt er über weniger Erfahrung als Breton. | |
Die Estin Kaja Kallas ist als Außenbeauftragte vorgesehen. Sie gilt als | |
Hardlinerin in der Russlandpolitik. Die bisherige spanische | |
Umweltministerin Teresa Ribera soll für die Umsetzung der Klimaziele | |
sorgen. Dabei muss die Sozialistin mit dem konservativen Niederländer Wopke | |
Hoekstra zusammenarbeiten, der für neue Klimagesetze zuständig ist. Da ist | |
Streit programmiert. | |
Insgesamt fällt die neue EU-Kommission konservativer und männlicher aus als | |
die letzte. Die CDU-Politikerin von der Leyen belohne nicht nur | |
Rechtsnationale, sondern habe nur elf Posten weiblich besetzt, bemängelte | |
der Vorsitzende der Europa-SPD, René Repasi. Sie habe für mehr Frauen | |
gekämpft, rechtfertigte sich von der Leyen. Ob ihr neues Team wie geplant | |
am 1. November die Arbeit aufnimmt, ist nicht sicher. Zunächst werden alle | |
Kandidaten noch vom Europaparlament „gegrillt“. Dabei werden immer wieder | |
Kommissare abgelehnt oder die Aufgaben neu verteilt. Zudem kann es | |
Verzögerungen geben – als realistischer gilt daher ein Start im Dezember. | |
17 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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