| # taz.de -- Berliner Landeshaushalt: „Jedem muss klar sein: Es wird nicht meh… | |
| > CDU und SPD präsentieren ihre Milliarden-Sparliste. Finanzsenator Stefan | |
| > Evers mag dabei nicht einmal Hoffnung auf die Zukunft machen. | |
| Bild: Auf dem Weg zur Sparlistenverkündung: Die führenden Köpfe der schwarz-… | |
| Berlin taz | „Winter is coming“, hat der Finanzsenator vergangene Woche | |
| [1][mit Blick auf die damals noch anstehenden milliardenschweren | |
| Haushaltskürzungen] angekündigt. Als am Dienstagmorgen im Abgeordnetenhaus | |
| die führenden Köpfe von CDU und SPD vor Journalisten sitzen und genau diese | |
| Kürzungen erklären sollen, fallen vor dem Parlament tatsächlich die ersten | |
| Schneeflocken. Keine lieblichen, nein nasskalte, schier alles | |
| durchdringende. Drinnen müht sich derweil die schwarz-rote Führungsriege um | |
| Regierungschef Kai Wegner (CDU), Gutes an ihren eigenen Beschlüssen zu | |
| finden. | |
| Dass sie unumgänglich waren etwa. Dass Berlin mit dem, was sie | |
| „Kraftanstrengung“ nennen, etwas geschafft habe, was anderen Bundesländern | |
| noch bevorstehe. Dass die Bundesregierung jüngst daran zerbrochen sei, | |
| während in Berlin CDU und SPD an einem Strang gezogen hätten. Dass man | |
| vieles, etwa neue E-Busse, jetzt eben nicht streiche, sondern bloß nicht | |
| mehr direkt aus dem Haushalt finanziere, sondern über Kredite, die trotz | |
| Schuldenbremse erlaubt sein sollen. Das läuft dann unter „alternative | |
| Finanzierungsformen“. | |
| Es ist auch so einiges zu hören, was sich nicht sofort erschließt. Dass die | |
| Koalition es etwa nicht für nötig hält, das bislang – pro Jahr – bloß r… | |
| 10 Euro kostende Anwohnerparken zu verteuern, [2][das etwa in Bonn 360 Euro | |
| kostet]. Die Begründung auf Nachfrage: Das hätte nur einen einstelligen | |
| Millionenbetrag erbracht. Was sich nicht so ganz erschließt, denn das hängt | |
| ja davon ab, ob man verdoppelt oder verzehnfacht. 2026 soll ein alles | |
| umfassendes Parkkonzept vorliegen. | |
| Die Senatsverwaltung für Kultur wäre mutmaßlich auch für diesen angeblich | |
| nur einstelligen Millionenbetrag dankbar gewesen: Auf rund 130 Millionen | |
| soll sie verzichten. Was das vor allem genau für die laufende Sanierung der | |
| Komischen Oper heißt, bleibt offen. | |
| ## Das 29-Euro-Ticket fällt weg | |
| Überhaupt ist von den sieben Parteichefs, Fraktionsvorsitzenden und | |
| Senatsmitgliedern, die da vor den Journalisten sitzen, wenig wirklich | |
| Konkretes zu hören. Nachfragen zu Folgen bei konkreten Haushaltsposten etwa | |
| im Sozialen fallen wenig umfassend aus. Wobei Sozialsenatorin Cansel | |
| Kiziltepe (SPD), selbst nicht im Raum, später am Vormittag als einziges | |
| Senatsmitglied eine eigene Pressemitteilung verschicken und darauf | |
| hinweisen wird, dass sie in ihrem Haushalt weniger als 4 Prozent einsparen | |
| muss. Bei der Kultur sind es rund 12 Prozent. | |
| Den vielleicht schwersten Job hat an diesem Morgen Franziska Giffey: Als | |
| sie Anfang 2023 noch nicht Wirtschaftssenatorin war, sondern als | |
| Spitzenkandidatin von SPD-Wahlplakaten schaute, war das 29-Euro-Ticket ihr | |
| größtes Wahlversprechen. Nun muss sie erklären, warum das Ticket | |
| „schnellstmöglich“ ausläuft. Wie genau und ob schon abgeschlossene | |
| Jahres-Abos weiter gelten, ist unklar – sie selbst geht von | |
| „Vertrauensschutz“ aus. | |
| In einer derartigen Haushaltslage „müssen Sie abwägen, welches Versprechen | |
| Sie halten“, argumentiert Giffey den Journalisten gegenüber. Die | |
| Alternative war offenbar, dass vormals von der SPD durchgesetzte | |
| Umsonst-Angebote wegfallen: das beitragsfreie Schulessen genauso wie freies | |
| Bus- und Bahnfahren für alle Schüler. Beim Sozialticket gibt es den | |
| Mittelweg: Es bleibt erhalten, wird aber teurer. Künftig soll es 19 statt 9 | |
| Euro kosten. Die SPD-Fraktion hat im Abgeordnetenhaus [3][allerdings schon | |
| vor mehreren Wochen darauf verwiesen,] dass ebendieses Ticket 2016 noch 36 | |
| Euro kostete und sich seither staatliche Hilfen erhöhten. | |
| Es ist im Verlauf der 90-minütigen Pressekonferenz zunehmend Finanzsenator | |
| Stefan Evers (CDU), der auf Fragen antwortet. Er hat oft und nicht nur mit | |
| seinem drohenden „Winter is coming“ auf die Kürzungen einzustimmen | |
| versucht. Nun verweist er darauf, dass die jetzigen Beschlüsse nur der | |
| erste Schritt von vielen seien – auch wenn dieser erste als | |
| „Bewährungsprobe“ vielleicht der wichtigste sei. Evers lässt auch erst gar | |
| nicht Hoffnung aufkommen, irgendwann wieder aus dem Vollen schöpfen zu | |
| können: „Jedem muss klar sein: Es wird nicht mehr.“ | |
| ## Evers: Kein Cent Kürzung bei Klassenfahrten | |
| Klarheit gibt es immerhin bei einem Thema, das für breite Diskussion | |
| sorgte, weil es die komplette Schülerschaft zu betreffen schien: | |
| Klassenfahrten seien eben nicht gestrichen, dort wird laut Evers kein | |
| einziger Cent gekürzt. Jenes Schreiben, mit dem er Ende September | |
| untersagte, Zusagen für 2025 zu machen oder Verträge einzugehen, soll nicht | |
| mehr gelten, sobald der Senat in seiner nächsten Sitzung den Entwurf eines | |
| Nachtragshaushalts behandelt. Der soll die nun beschlossenen und trotz | |
| Schuldenbremse erlaubten neuen Kredite beinhalten. | |
| Oppositionspolitiker hatten schon im Vorfeld die Kürzungen kritisiert. | |
| Grünen-Fraktionschefin Bettina Jarasch etwa war schon zwei Stunden vor der | |
| Pressekonferenz im RBB-Radio mit dem Vorwurf zu hören, die Beschlüsse seien | |
| „massiv unsozial“. Bei der Linksfraktion sieht man ebenfalls soziale Härten | |
| und eine drohende Spaltung der Stadt. „Mit den Kürzungen beim Umwelt- und | |
| Klimaschutz sowie beim Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs werden die | |
| Verkehrswende abgeblasen und die notwendige Klimaanpassungsmaßnahmen | |
| verschoben“, reagieren die beiden Fraktionschefs Anne Helm und Tobias | |
| Schulze im Anschluss. | |
| Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) meint, es hätte einen Weg | |
| gegeben, manche Kürzungen zu vermeiden: „Schwarz-Rot ignoriert mögliche | |
| Einnahmen in dreistelliger Höhe.“ Der BUND verweist auf eine Studie, laut | |
| der das Land Berlin durch eine Verpackungssteuer mindestens 40 Millionen | |
| Euro hätte einnehmen können. Zu den unveränderten Parkgebühren heißt es: | |
| „Öffentlicher Raum wird weiterhin für das umweltschädlichste städtische | |
| Verkehrsmittel zum Schleuderpreis zur Verfügung gestellt.“ | |
| In den Stunden nach dieser seit vielen Wochen erwarteten Spar-Präsentation | |
| hört es zwar wieder auf zu schneeregnen. Laut Wetterbericht bleiben aber | |
| noch „Sturmböen und rutschige Straßenverhältnisse“. Donnerstag steht an | |
| derselben Stelle die nächste Plenarsitzung des Parlaments an. Drinnen zwar, | |
| aber mutmaßlich nicht weniger stürmisch. | |
| 19 Nov 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Berliner-Landesfinanzen/!6045701 | |
| [2] https://www.adac.de/verkehr/recht/verkehrsvorschriften-deutschland/anwohner… | |
| [3] /Plenardebatte-im-Abgeordnetenhaus/!6035787 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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