# taz.de -- Klimaschutz in Berlin unter CDU und SPD: Nichts als heiße Luft | |
> Mit der aktuellen Finanzplanung verabschiedet sich Berlins Senat | |
> endgültig von seinen großen Zielen beim Klimaschutz. Selbst in der SPD | |
> rumort es. | |
Bild: Es raucht und raucht und raucht:: Bis 2030 will Berlin eigentlich seinen … | |
Berlin taz | Umwelt- und Klimaschützer:innen sind Kummer gewohnt im | |
schwarz-rot regierten Berlin. Trotzdem ist der Puls erneut hochgegangen, | |
als der Senat am Dienstag [1][die Investitionsplanung des Landes Berlin für | |
die Jahre 2024 bis 2028] vorgestellt hat. | |
„Schlimmer geht immer“, kommentiert der Umweltverband BUND. Die Planung | |
zeige wieder vor allem eines, sagt Matthias Krümmel, der Fachreferent für | |
Klimaschutzpolitik des Verbands, zur taz: In Sachen Klimaschutz herrsche in | |
der Koalition nur noch „inhaltliche Leere und Konzeptionslosigkeit“. | |
Was nun pünktlich zur Halbzeit des Senats für die kommenden Jahre | |
festgezurrt wurde, kommt dabei in klimaschutzpolitischer Hinsicht einem | |
Harakiri gleich. So werden allein [2][die Mittel für das „Berliner Programm | |
für nachhaltige Entwicklung II“] ab 2026 mehr als halbiert. Statt der 2023 | |
zugesagten 71,6 Millionen Euro pro Jahr gibt es künftig nur noch 33,5 | |
Millionen. | |
Mit dem auch von der EU unterstützten Programm sollen unter anderem die | |
klimagerechte energetische Sanierung öffentlicher Gebäude, der Schutz der | |
grünen Infrastruktur oder Projekte der Verkehrswende gefördert werden. Die | |
Betonung liegt auf „sollen“. | |
„Zur Wahrheit gehört, dass die Mittel bislang nicht so gut abgerufen | |
wurden“, sagt Linda Vierecke, die klimaschutzpolitische Sprecherin der | |
SPD-Fraktion. Aber statt das Programm nun auch noch runterzuschrauben, | |
hätte der Senat dafür sorgen müssen, dass es stärker genutzt wird, so | |
Vierecke zur taz. | |
## Große Versprechen | |
Dabei war die Koalition zu ihrem Amtsantritt im April 2023 mit großen | |
Versprechen gestartet. „Deutlich vor dem Jahr 2045“ sollte das Land Berlin | |
klimaneutral werden, ihre Politik wollten CDU und SPD „konsequent am | |
1,5-Grad-Ziel“ ausrichten, den Klimaschutz sogar „als Staatsziel in der | |
Berliner Verfassung“ verankern. So steht es im Koalitionsvertrag. | |
CDU-Senatschef Kai Wegner sprach vom „neuen Schub“ für den Klimaschutz. | |
In der Realität erlebte Berlin nicht nur keinen Schub. „Klimaschutz, | |
Nachhaltigkeit, das wird inzwischen wie ein Nice-to-have behandelt“, sagt | |
Matthias Krümmel vom BUND. Von der CDU habe er nicht viel mehr erwartet. | |
„Das Kernproblem ist eher, dass die SPD inhaltlich komplett ausgebrannt | |
ist, auch beim Klimaschutz.“ | |
Das stimme so nicht, widerspricht die SPD-Abgeordnete Linda Vierecke. „Die | |
SPD hat sehr wohl verstanden, dass die Transformation hin zu einer | |
klimaneutralen Wirtschaft und Energieversorgung dringend beschleunigt | |
werden muss.“ Es sei die CDU, die blockiere. | |
Von 12 Anträgen, die Vierecke zum Umwelt- und Klimaschutz in der Koalition | |
eingereicht hat, wurden mindestens 8 von der Union abgelehnt. Darunter auch | |
der, dem Klimaschutz Verfassungsrang zu geben. Vierecke sagt: „Ich war | |
keine Freundin der Koalition, aber hatte mir dann Mühe gegeben, das | |
Positive zu sehen. Inzwischen bin ich von der CDU enttäuscht.“ | |
## Gescheitertes Sondervermögen | |
Bis vor einem Jahr hatten sich nicht nur Viereckes Augen erwartungsvoll auf | |
das Sondervermögen Klimaschutz gerichtet. Bis zu 10 Milliarden Euro wollte | |
der Senat als Kredit aufnehmen, um die notwendigen Investitionen zu | |
stemmen. Die CO₂-neutrale Umstellung der Wirtschaft, der Umbau der | |
Wärmeversorgung, energetische Gebäudesanierungen: Das Klimasondergeld | |
sollte es möglich machen. | |
Im Februar 2024 folgte das Aus. Ein Gutachten kam zu dem Schluss, [3][dass | |
das Sondervermögen nicht mit der Schuldenbremse vereinbar ist] – und | |
beerdigte die Pläne. | |
„Das Erwägen von Alternativen ist Bestandteil vorausschauenden | |
Verwaltungshandelns“, hatte Finanzsenator Evers damals wissen lassen. | |
Berlin, so die Überlegung, könnte die einzelnen [4][Klimaschutzprojekte | |
über Landesunternehmen realisieren lassen], die dafür – unter Umgehung der | |
Schuldenbremse – entsprechende Kredite aufnehmen. Passiert ist seither: | |
nichts. | |
Stattdessen wurde im Herbst bei der Kürzungsrunde für 2025 [5][der | |
Klimaschutz-Etat der zuständigen CDU-Senatorin Ute Bonde] brachial rasiert. | |
Eine Politik, die mit der jetzt beschlossenen Investitionsplanung für die | |
kommenden Jahre fortgeschrieben wird. | |
## Warten auf die Alternativmodelle | |
Danny Freymark macht keinen Hehl daraus, dass er sich für seinen Bereich | |
insgesamt mehr gewünscht habe. „Das Scheitern des Sondervermögens war im | |
Grunde ein Rückschritt für all die Klimaschutzprojekte in der Stadt“, sagt | |
der klimaschutzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion zur taz. | |
Zugleich gibt sich Freymark zuversichtlich, dass Berlin die Maßnahmen noch | |
irgendwie hinbekommt, die im Rahmen des Sondervermögens aufgeschrieben | |
wurden: „Das ist ja nicht alles auf der Müllhalde gelandet.“ Ob durch | |
Gewinnentnahmen oder Kreditaufnahmen: „Sicher nicht die große Summe von 10 | |
Milliarden, aber einen wesentlichen Teil davon werden die über 60 | |
Landesunternehmen in Umsetzung bringen.“ | |
Gibt es einen Plan oder gibt es ihn nicht? Linda Vierecke von der SPD reißt | |
langsam der Geduldsfaden: „Ich verstehe nicht, warum die | |
Darlehensalternativen nicht längst auf dem Tisch liegen. Das ist der Job | |
eines Finanzsenators.“ | |
Die Finanzverwaltung selbst mahnt derweil zur Geduld. Ein „Klimapakt mit | |
wichtigen Landesunternehmen“ sei „in Vorbereitung“, teilt eine Sprecherin | |
auf taz-Nachfrage mit. Bis zum Ende des ersten Halbjahres sollen mit den | |
paktierenden Unternehmen Klimaziele und konkrete Klimaschutzinvestitionen | |
vereinbart werden, „die der Senat, soweit erforderlich, auch mit | |
Eigenkapitalzuführungen in den Jahren ab 2026 unterstützen wird“. | |
## BUND sieht schwarz | |
Anders als Vierecke, die bis zum Ende der Legislatur im – voraussichtlich – | |
September 2026 noch ein paar klimapolitische Dinge auf dem Zettel hat, „die | |
ich erreichen will“, hat der BUND die Hoffnung restlos aufgegeben. | |
„Die Erwartung ist leider die, dass wichtige infrastrukturelle, aber auch | |
gesetzgeberische Maßnahmen auf der Strecke bleiben, auch wegen gewisser | |
ideologischer Hemmnisse“, sagt Fachreferent Matthias Krümmel vor allem mit | |
Blick auf die Union. Er habe daher seine Zweifel, „dass wir in Berlin noch | |
sicher auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Weg zur Klimaneutralität bis | |
2045 sind“. | |
Eigentlich will Berlin schon bis 2030 seine CO₂-Emissionen gegenüber 1990 | |
um 70 Prozent reduziert haben. Und mit 14,5 Millionen Tonnen hatte das Land | |
2023 den Ausstoß bereits auf gut 50 Prozent unter den Vergleichswert | |
gedrückt. Gegen den Trend ging es gleichwohl in einem Bereich bergauf: dem | |
Straßenverkehr. Mit fast 4 Millionen Tonnen wurde der Wert von 1990 hier | |
sogar übertroffen. Die erst Ende dieses Jahres kommenden Zahlen für 2024 | |
dürften kaum besser werden – der Autopolitik der CDU sei Dank. | |
15 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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