# taz.de -- Offener Brief Netzwerk Klimajournalismus: Mehr Klima bitte | |
> Die Klimakrise bleibt im Wahlkampf oft unberücksichtigt. Das Netzwerk | |
> Klimajournalismus fordert in einem offenen Brief mehr Einsatz der Medien. | |
Bild: Auf Wahlplakaten wird es gepredigt, in den Medien weniger | |
Das Jahr 2024 wird das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen | |
gewesen sein, mit Bildern von Waldbränden, [1][Flutkatastrophen] und | |
Menschen, die ihr Zuhause verlieren. Darauf deuten vorläufige Analysen hin. | |
Trotz dieser Katastrophenmeldungen sind [2][effektive Klimaschutzmaßnahmen] | |
bei den demokratischen Parteien im Bundestagswahlkampf kaum Thema. | |
Der offene Brief des Netzwerks Klimajournalismus, der Anfang Januar [3][auf | |
ihrer Website veröffentlicht wurde], soll nun dafür sorgen, dass das Klima | |
im Wahlkampf auf die Agenda gesetzt wird. Das Netzwerk wurde 2021 von acht | |
Journalist:innen gegründet, um die Klimakrise [4][in den öffentlichen | |
Diskurs] zu tragen und einen Austausch zu konstruktiver | |
Klimaberichtserstattung zu ermöglichen. | |
Der Brief richtet sich an die Kolleg:innen der Medienwelt. Sie | |
appellieren, die Klimakrise in ihrer Arbeit – bei allen Themen | |
ressortunabhängig – mitzudenken und die Zusammenhänge klarzumachen. „In | |
jedem Interview, jeder Talkshow, jedem Podcast mit Politiker:innen | |
Fragen zur Klimakrise zu stellen“, heißt es in dem Schreiben. Zudem sei es | |
wichtig, das Klima nicht als parteipolitisches oder grünes Thema zu | |
behandeln. Der Brief wurde mit 50 Erstunterzeichner:innen | |
veröffentlicht und über Instagram, Newsletter und direkte Anschreiben | |
verbreitet. Unterzeichnen können alle, die als Journalist:in oder in der | |
Journalismusforschung tätig sind. | |
Zur Motivation für den Brief schreibt das Netzwerk der taz: „Es war | |
abzusehen, dass Klima im Wahlkampf keine große Rolle spielen würde.“ | |
Insbesondere Medienschaffende hätten in ihrer Arbeit die Verantwortung, | |
heißt es weiter, über die Krise aufzuklären. Berufen wird sich auf das | |
Pariser Klimaabkommen, zu dem sich Deutschland verpflichtet hat, und die | |
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021. | |
„Die genaue Umsetzung ist eine Denkaufgabe für Journalist:innen“, sagt | |
Leonie Sontheimer, eine der Initiator:innen des Schreibens dem | |
Deutschlandfunk. Klar sei, dass die Klimakrise in jedem Thema stecke. Die | |
Unterzeichner:innen des Briefs befürchten einen | |
„Anti-Klimaschutz-Wahlkampf“. Im Wahlkampf weist alles in diese Richtung. | |
So fordert die CDU, sowohl das Verbrenner-Aus als auch das Heizungsgesetz | |
zurückzunehmen. | |
Allen voran wird jedoch von der AfD über das Klima geredet, ohne die Krise | |
überhaupt anzuerkennen. „Wir reißen alle Windkraftwerke nieder“, sagte | |
Kanzlerkandidatin Alice Weidel auf ihrem Parteitag in Riesa. | |
Permanente Gleichzeitigkeit ist schwer zu ertragen. Im selbstgemachten | |
Chaos von Aufräumen, Socken sortieren, WhatsApp-Nachrichten beantworten und | |
Bad putzen ist man meistens effektiver, wenn man nicht alles gleichzeitig | |
macht, sondern priorisiert. In der öffentlichen Medienwelt fordert die | |
Klimakrise permanente Aufmerksamkeit, neben akuten Krisen. | |
## Noch gezielter nachfragen | |
Vanessa Kokoschka, Doktorandin am Promotionszentrum | |
Nachhaltigkeitswissenschaften Darmstadt, untersucht, inwiefern Algorithmen | |
der Social-Media-Plattformen Einfluss auf redaktionelle Entscheidungen im | |
Journalismus nehmen. Sie sieht das Problem, dass die Klimakrise von anderen | |
Krisen verdrängt werde, obgleich sie auch in Deutschland sichtbar sei: „Für | |
viele Menschen ist es aber spürbarer, wenn sie von der Inflation betroffen | |
sind oder keinen bezahlbaren Wohnraum finden“, sagt sie. | |
„Aufgabe der Journalist:innen ist es dann, noch gezielter nachzufragen | |
sowie Zeit und Raum für diese große Dimension Klima zu schaffen.“ Dabei | |
könne es auch helfen, das Klima versteckter zu verpacken und es zum | |
Beispiel nicht direkt im Titel zu nennen, um nicht abschreckend zu wirken. | |
Um neue Erzählansätze zu entwickeln, wünscht sie sich eine engere | |
Zusammenarbeit zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und der | |
journalistischen Praxis. | |
Aufzuzeigen, wie die Klimakrise mit dem Leben vor der eigenen Haustür | |
zusammenhängt, sei Aufgabe des Lokaljournalismus. „Ich glaube, dass junge | |
Menschen in den Klein- und Großstädten sich auch unglaublich für ihre Stadt | |
interessieren. Deshalb ist es sinnvoll, auch ihre Plattformen zu bespielen, | |
wie Instagram, Youtube und Tiktok“, sagt Kokoschka. | |
Eine zielgerichtete Ansprache und Ausrichtung der Plattform sowie | |
Community-Arbeit seien hilfreich. „Redaktionen könnten diese Räume noch | |
viel stärker nutzen“, sagt sie. „Das ist aber auch schwierig, weil | |
Klimathemen oft eher negativ konnotiert sind und auch mit apokalyptischen | |
Szenarien dargestellt werden.“ | |
Auch im Wahlkampf ploppt die Klimakrise abstrakt auf den Bildschirmen in | |
Form von Nachrichten auf und breitet sich im realen Leben aus. Das Netzwerk | |
Klimajournalismus ruft deshalb dazu auf, sich nicht auf den Gewinner zu | |
konzentrieren und zu fragen: „Was steht auf dem Spiel?“ | |
16 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Das-Reissen-des-15-Grad-Ziels/!6051565 | |
[2] /Klimaschutz-in-Berlin-unter-CDU-und-SPD/!6058603 | |
[3] https://klimajournalismus.de/de/offener-brief-journalismus-im-wahlkampf | |
[4] /Medien-und-Krisen/!5965714 | |
## AUTOREN | |
Johanna Weinz | |
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