| # taz.de -- Sondervermögen Klimaschutz: Düstere Aussichten für Klimaträume | |
| > Demnächst dürfte geklärt sein, ob das vom Senat geplante | |
| > Klima-Sondervermögen in der Form überhaupt möglich ist. Die Zweifel daran | |
| > sind groß. | |
| Bild: Die Radbahn unter der U1-Trasse in Kreuzberg: Nur eine von vielen Prima-K… | |
| Berlin taz | Theresa Keilhacker glaubt nicht mehr, dass das von der | |
| schwarz-roten Koalition geplante Berliner Klima-Sondervermögen in der jetzt | |
| angedachten Form kommen wird. „Wir können uns die Zeit sparen für Debatten | |
| über den derzeitigen Gesetzentwurf des Senats zum Sondervermögen, die sind | |
| im Grunde perdu“, sagt die Präsidentin der Architektenkammer Berlin zur | |
| taz. | |
| Richtig klar geworden sei ihr das nach der Anhörung eines Experten aus der | |
| Senatsfinanzverwaltung bei der jüngsten Sitzung des Berliner | |
| Klimaschutzrates, deren Mitglied Keilhacker ist. | |
| Der noch vom rot-rot-grünen Vorvorgängersenat ins Leben gerufene Rat soll | |
| die Landesregierung und das Abgeordnetenhaus in Klima- und Energiefragen | |
| beraten. Allein, bei den Verhandlungen über das Errichtungsgesetz für das 5 | |
| bis 10 Milliarden Euro schwere Klima-Sondervermögen blieb das 18-köpfige | |
| Gremium außen vor. [1][Der formal bei Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU) | |
| angedockte Rat protestierte.] Mit Erfolg. | |
| Nachträglich wurden die Expert:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und | |
| Zivilgesellschaft nun doch noch miteinbezogen. Die Senatsverwaltung für | |
| Finanzen informierte den Rat bei besagter Sitzung Ende Januar über den im | |
| Sommer 2023 beschlossenen Gesetzentwurf. Keilhackers Fazit danach: „Das | |
| vorgelegte Gesetz würde vor Gerichten keinen Bestand haben.“ | |
| ## Rechtssichere Begründung gesucht | |
| Klimaschutzrat-Mitglied Reiner Wild konkretisiert, dass der Mitarbeiter von | |
| Finanzsenator Stefan Evers (CDU) eigentlich versucht habe, möglichst wenig | |
| preiszugeben. Ihm sei es darum gegangen, „Optimismus zu verbreiten mit dem | |
| Ziel, ein solches Sondervermögen doch noch zu ermöglichen“, so der Eindruck | |
| des ehemaligen Geschäftsführers des Berliner Mietervereins. | |
| Wirklich gefruchtet hätten die Ausführungen beim Klimaschutzrat nicht. | |
| „Unsere Interpretation war düster“, sagt Wild zur taz. Zumal Evers’ | |
| Mitarbeiter eben auch deutlich gemacht habe, dass es „sehr schwer“ sei, die | |
| geplante Kreditaufnahme noch rechtssicher zu begründen. | |
| Nicht nur im Klimaschutzrat, auch in der schwarz-roten Koalition schaut man | |
| deshalb umso gespannter auf den 22. Februar, wenn eine vom Senat | |
| beauftragte Anwaltskanzlei ihr Gutachten zum Errichtungsgesetz vorlegt. Mit | |
| dem Rechtsgutachten soll geklärt werden, inwieweit das Urteil des | |
| Bundesverfassungsgerichts zu einem anderen Sondervermögen auch die Berliner | |
| Pläne betrifft. | |
| Zur Erinnerung: Mitte November hatten die Richter:innen in Karlsruhe die | |
| Finanzierung des Klima- und Transformationsfonds auf Bundesebene mit Blick | |
| auf die Schuldenbremse für verfassungswidrig erklärt. „Das Urteil kann | |
| nicht auf die Regelungen im Land Berlin übertragen werden“, [2][hieß es | |
| danach aus der Senatsfinanzverwaltung]. Mittlerweile sieht man die Sache | |
| offenbar nicht mehr ganz so locker. | |
| ## Keine Notsituation im Sinne der Schuldenbremse | |
| Das Hauptproblem aus juristischer Sicht: Der Entwurf des | |
| Errichtungsgesetzes beruft sich zuvorderst auf den russischen Angriffskrieg | |
| gegen die Ukraine, der seit 2022 zu einer massiven Verteuerung der | |
| Energiepreise in Europa geführt hatte. Unterstrichen wird in dem | |
| Zusammenhang auch die „dringende Notwendigkeit“, die „energiepolitische | |
| Abhängigkeit Berlins insbesondere von fossilen Energieträgern zu | |
| reduzieren“. | |
| Beides zusammen ergibt die „Notsituation“, mit der die Kreditaufnahme | |
| begründet wird. Dass die „Anstrengungen intensiviert werden“ müssen, „d… | |
| Resilienz des Landes Berlin gegenüber negativen Konsequenzen des | |
| Klimawandels zu stärken“, folgt erst in einem weiteren Begründungsschritt. | |
| Das alles sei zu allgemein gehalten, monierte im Herbst bereits der | |
| Landesrechnungshof. Aus seiner Sicht stellten weder der Klimawandel noch | |
| die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen „eine außergewöhnliche | |
| Notsituation im Sinne der Schuldenbremse“ dar. Denn unter einer Notlage sei | |
| laut Schuldenbremse [3][eine aktuelle Krise zu verstehen], nicht lange | |
| absehbare Krisen. | |
| Oder wie es Architektenkammer-Präsidentin Theresa Keilhacker formuliert: | |
| „Hier wird der Klimaschutz als Daueraufgabe zum Sonderfall erklärt. Damit | |
| macht man es sich zu einfach.“ | |
| ## Fehlende Investitionssicherheit für Klimaschutzprojekte | |
| Reiner Wild sieht das ähnlich. Er sagt, er sei gespannt auf die Begründung. | |
| Auch weil es zunächst „kaum möglich“ scheine, die Aufgabe des Klimaschutz… | |
| mit dem vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Prinzip der „Jährigkeit“ | |
| in Einklang zu bringen. Die festgelegten Mittel und Projekte sind demnach | |
| nur für das ausgeschriebene Haushaltsjahr gültig. Eine | |
| Investitionssicherheit für Klimaschutzprojekte ist damit faktisch nicht | |
| mehr gegeben, bestätigen auch andere Expert:innen aus dem Umweltbereich. | |
| In der Verwaltung von CDU-Umweltsenatorin Manja Schreiner will man den | |
| Pessimismus im Klimaschutzrat nicht kommentieren – und auch nicht teilen. | |
| „Wir wissen doch nicht, wie das Gutachten ausfällt aber wir gehen vom | |
| Positiven aus“, sagt Schreiners Sprecherin Britta Elm zur taz. Einen Plan B | |
| für den Fall eines negativen Urteils gibt es aber anscheinend auch noch | |
| nicht. | |
| Klar sei aber allen, dass die Gelder aus dem geplanten Sondervermögen | |
| dringend gebraucht werden. Man müsse dann, so Elm, „mehr Fantasie an den | |
| Tag legen, wie das Gesetz rechtssicher gestaltet werden kann“. Anders | |
| formuliert: Der Entwurf geht dann wohl oder übel noch einmal in eine | |
| weitere, längere Bearbeitungsschleife. | |
| Aus der Finanzverwaltung heißt es auf Nachfrage, wie sich das Haus darauf | |
| vorbereitet, sollte das Rechtsgutachten in anderthalb Wochen nach hinten | |
| losgehen, nur kurz und knapp: „Das Erwägen von Alternativen ist Bestandteil | |
| vorausschauenden Verwaltungshandelns.“ Böse Zungen werden behaupten, dass | |
| das angesichts der bisherigen Arbeit des schwarz-roten Senats ein durchaus | |
| gewagter Satz ist. | |
| 11 Feb 2024 | |
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| Rainer Rutz | |
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