| # taz.de -- Berliner Anhörung zur Schuldenbremse: Dreieckiger Kreis im Quadrat | |
| > Auch die Aussagen von Wirtschaftsexperten bringen das Parlament zumindest | |
| > spontan nicht weiter. Großen Ausgaben stehen große Einsparungen | |
| > gegenüber. | |
| Bild: Die Schuldenbremse war auch Thema beim Rosenmontagszug im Kölner Karneval | |
| Berlin taz | Die „Quadratur des Kreises“ ist ein Begriff, der am | |
| Mittwochmittag im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses wiederholt zu hören | |
| ist, einmal sogar in der Zuspitzung, „den Kreis zum Dreieck zu machen“. Es | |
| geht um nicht weniger als die Frage, wie das Land Berlin all die | |
| gegenwärtigen finanziellen Herausforderungen bewältigen und bezahlen soll, | |
| vor allem die des Klimawandels. Mit der Schuldenbremse in jetziger Form, so | |
| ist man sich bis auf die AfD einig, geht das nicht. Aber wie sonst? Das | |
| sollen in einer Anhörung des Hauptausschusses drei Wirtschaftsexperten und | |
| Rechnungshofchefin Karin Klingen beantworten. Viel weiter ist das Parlament | |
| aber auch danach nicht – zu beschränkt sind die landesrechtlichen | |
| Möglichkeiten, weil die Bremse Bundesrecht ist. | |
| Von der CDU sind – wie auch in anderen Landtagen – andere Töne zur | |
| Schuldenbremse zu hören, [1][als sie CDU-Bundeschef Friedrich Merz im | |
| Bundestag von sich gibt]. Der mag an ihr nicht rütteln. Die Länder aber | |
| klagen fast unisono, dass sie ohne Kredite dringende Ausgaben nicht stemmen | |
| können. Im Plenarsaal sehen das auch der Haushaltsexperte der CDU-Fraktion, | |
| Christian Goiny, und Finanzsenator Stefan Evers (CDU) so. | |
| In Kenntnis der heutigen Situation wäre die Bremse aus Goinys Sicht so nie | |
| beschlossen worden. Eine komplette Aussetzung der Schuldenbremse, wie sie | |
| die Grünen in einem dann vertagten Antrag fordern, kommt aber auch für die | |
| Berliner CDU nicht infrage: Aus Evers’ Sicht würde das den Druck nehmen, | |
| Ausgaben zu priorisieren. | |
| ## Experte: Nicht alles ist Investition | |
| Die eingeladenen Experten sind sich dazu nicht einig. „Eine grundsätzliche | |
| Reform wäre empfehlenswert“, hören die Abgeordneten von Florian Schuster. | |
| Der Spielraum dafür aber ist für Fritz Söllner nach jetzigem geltendem | |
| Recht „sehr begrenzt“. Er, Professor an der TU Ilmenau, kritisierte einen | |
| „sehr inflationären“ Umgang mit dem Wort „Investitionen“: Alle politis… | |
| gewollten Ausgaben würden so bezeichnet, teils sogar als | |
| „Zukunftsinvestitionen“, auch wenn sie haushaltsrechtlich gar keine seien. | |
| Als Beispiel nannte er die Förderung von Lastenrädern oder grünem Stahl. | |
| „Das sind keine Investitionen, sondern Subventionen.“ | |
| Achim Truger schließlich erinnert an eine aktuelle Empfehlung des | |
| Sachverständigenrats – er selbst ist dienstältestes Mitglied dieses | |
| Gremiums, das besser als „die fünf Wirtschaftsweisen“ bekannt ist. Der Rat | |
| hatte im Januar die Schuldenbremse als zu starr eingestuft [2][und eine | |
| Anpassung nahe gelegt.] Man habe das in Simulationen durchgerechnet: die | |
| Ergebnisse seien ermutigend gewesen. | |
| Regierungschef Kai Wegner (CDU) hatte sich [3][bereits im Herbst für eine | |
| Reform ausgesprochen]. Dass die kurzfristig weiterhelfen kann, bezweifelt | |
| allerdings Rechnungshofchefin Klingen: Dem Beschluss der Bremse 2009 seien | |
| jahrelange Diskussionen vorangegangen, die sie nun auch wieder erwartet. In | |
| Berlin stehen währenddessen Großkosten für Brückensanierung, Wohnungsbau, | |
| Flüchtlingsunterbringung sowie den [4][Umbau des Fernwärmenetzes] an. Es | |
| drohen milliardenschweren Kürzungen spätestens ab 2026. | |
| 10 Apr 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Rolle-der-Union-in-der-Haushaltskrise/!5977227 | |
| [2] https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/presse/details/policy-brief-… | |
| [3] /Jahresbericht-des-Landesrechnungshofs/!5971545 | |
| [4] /Wechsel-beim-Berliner-Fernwaermenetz/!5989481 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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