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# taz.de -- Klima-Sondervermögen in Berlin: Trübe Aussichten
> Berlin scheitert mit Plan von einem Klima-Sondervermögen. Der Fetisch
> Schuldenbremse verträgt sich nicht mit der Milliardenaufgabe Klimaschutz.
Bild: Klimaschutz kostet Geld. Auch in Berlin
Mach mit, mach’s nach, mach’s ähnlich schlecht: Nachdem das
Bundesverfassungsgericht Ende 2023 ein Klima-Sondervermögen des Bundes
kassiert hat, kann nun auch Berlin seinen geplanten Schattenhaushalt für
den Klimaschutz in die Tonne treten. Nicht mit der Schuldenbremse vereinbar
und daher nicht zu realisieren: Zu diesem Schluss kommt ein [1][jetzt
veröffentlichtes Rechtsgutachten], das die Berliner Landesregierung nach
dem Urteil aus Karlsruhe selbst in Auftrag gegeben hat.
Dabei wollte der CDU/SPD-Senat doch bloß groß denken und zugleich [2][ein
guter Klimapionier sein]. Zusätzlich zu den bereits vorhandenen über 60
Milliarden Euro Landesschulden sollten im Zuge des Klima-Vermögens neue
Kredite in Höhe von bis zu 10 Milliarden Euro aufgenommen werden.
Naturgemäß folgte dann zwar auch die Berliner Koalition der bewährten
Regel: Wo viel Geld, da viele eigenartige Begehrlichkeiten. So pochte das
SPD-geführte Innenressort auf die [3][Sanierung der seit Jahren vor sich
hin gammelnden Polizeiwachen]. Der CDU-Fraktionschef wiederum meinte, den
Berliner:innen den [4][Bau einer schmerzlich vermissten
Magnetschwebebahn] spendieren zu müssen, irgendwo in der Stadt, Sinn und
Zweck unwichtig, weil: Hauptstadt und Großdenken.
Jenseits der Schwebebahn gab es sicherlich aber auch viele andere Ideen,
die tatsächlich etwas mit Klimaschutz zu tun hatten. Allein, die
entsprechende Liste mit konkret geplanten Maßnahmen ist bis zuletzt unter
Verschluss geblieben. Warum auch immer. Hat sich nun sowieso erst mal
erledigt.
## Keine Überraschung
Zugegeben, dass das Berliner Sondervermögen nicht in Einklang mit der
Schuldenbremse zu bringen ist, kommt nicht überraschend. Der
Landesrechnungshof hatte [5][mehr als einmal darauf hingewiesen], sowohl
vor als auch nach dem Urteil aus Karlsruhe. Aber die Quälgeister suchen ja
immer ein splissiges Haar in der Haushaltssuppe. Und so haben CDU und SPD
dann auch optimistisch den ersten Schritt vor dem zweiten gemacht und im
Dezember den regulären Doppelhaushalt 2024/2025 verabschiedet.
Gelder für die Schrottimmobilien der Polizei sucht man hier vergeblich.
Dafür, hieß es, komme doch das Sondervermögen. Das nun nicht kommt. Großer
Aufschrei der Gewerkschaft der Polizei, die deshalb für die Wachen – was
sonst? – gleich ein eigenes Sondervermögen fordert. Es ist [6][nicht der
einzige wilde Vorstoß], wie Berlin doch noch an seine Milliarden kommen
könnte. Der CDU-Finanzsenator mahnt zur Ruhe. Im Grunde hat aber auch er
keinen Plan B in der Schublade.
Keine Ahnung, kein Geld: Der gescheiterte Verschuldungswille des Senats mag
andernorts als Ausweis hauptstädtischen Dilettantismus wahrgenommen werden.
Das ist er vermutlich auch. Aber nicht nur. Denn das Problem betrifft alle
Bundesländer wie auch den Bund selbst und es hat einen Namen:
Schuldenbremse. Die vom Bundesverfassungsgericht unterstrichenen
Prinzipien, wonach – kurz gefasst – [7][Kredite für Investitionen im
ausgeschriebenen Haushaltsjahr abgerechnet werden müssen], machen
Nebenhaushalte für Beschleunigungsmaßnahmen auf dem Weg zur
Klimaneutralität praktisch unmöglich. Das sind Dauerherausforderungen, die
nicht in einem Haushaltsjahr zu stemmen sind.
So bitter das Scheitern des Berliner Sondervermögens für alle ist, die sich
in der Stadt für Klimaschutz einsetzen, es unterstreicht gleichwohl eines:
Die aus dem Fetisch der schwarzen Null resultierende Schuldenbremse muss im
besten Fall abgeschafft, mindestens aber für die Milliardenaufgabe
Klimaschutz gelockert werden. Ansonsten kann sich nicht nur Berlin seine
Klimaziele gleich in die Vitrine stellen.
1 Mar 2024
## LINKS
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[4] /Sondervermoegen-Klimaschutz/!5971034
[5] /Jahresbericht-des-Landesrechnungshofs/!5971545
[6] /Loesungssuche-im-Abgeordnetenhaus/!5992200
[7] /Sondervermoegen-Klimaschutz/!5988709
## AUTOREN
Rainer Rutz
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