# taz.de -- Haushaltspolitik: Klimaliebling Polizei | |
> Noch immer ist unklar, wofür genau das milliardenschwere Sondervermögen | |
> Klimaschutz verwendet werden soll. Die Innensenatorin hat da eine Idee. | |
Bild: Falls dann doch mal eine Polizeiwache saniert wird: Die Bauarbeiterhelme … | |
BERLIN taz | Die Berliner SPD ist um Selbstlob nicht verlegen. Das bis zu | |
10 Milliarden Euro schwere „Sondervermögen Klimaschutz, Transformation und | |
Resilienz“ des Senats sei „bundesweit einmalig und beispielgebend“ und | |
natürlich „maßgeblich von der SPD vorangetrieben“, heißt es im Leitantrag | |
für den Landesparteitag an diesem Samstag. Die Parteispitze gibt sich | |
überzeugt: „Berlin kann so zur Vorreiterin der urbanen Klimawende werden.“ | |
Beobachter:innen bezweifeln, dass am Ende des Tages viel von der | |
Vorreiterin zu sehen sein wird. Zwar gehört es nach wie vor zu den gut | |
gehüteten Geheimnissen des schwarz-roten Senats, wofür der | |
[1][Sondervermögen genannte Milliardenkredit] im Detail verwendet werden | |
soll. Umso offensichtlicher sind indes die Begehrlichkeiten der einzelnen | |
Senatsverwaltungen. | |
So überraschte Innensenatorin [2][Iris Spranger] (SPD) am Montag mit dem | |
Vorstoß, auch die Sanierung maroder Polizeiwachen aus dem Sondervermögen zu | |
finanzieren. Im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses bezifferte Spranger | |
den diesbezüglichen Sanierungsstau auf immerhin 2,1 Milliarden Euro. Und | |
tatsächlich sucht man Mittel für Polizeiwachen-Sanierungen im Senatsentwurf | |
für den Doppelhaushalt 2024/25 vergeblich. Also immer her mit dem | |
Sondergeld? | |
Der Landesgeschäftsführer des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), | |
Tilmann Heuser, ist angesichts solcher Vorschläge alarmiert. Es sei ja „ein | |
guter Ansatz“, dass CDU und SPD mit ihrem Sondervermögen den Klimaschutz | |
voranbringen wollen. Aber die Gelder sollten eben unter anderem für | |
[3][energetische Gebäudesanierungen] verwendet werden, nicht dazu, | |
jahrelang vernachlässigte landeseigene Immobilien vor dem Einsturz zu | |
bewahren. „Wenn jetzt mit den Mitteln Polizeiwachen grundsaniert werden, | |
wird das Sondervermögen Klimaschutz komplett entwertet“, sagt Heuser zur | |
taz. | |
## Verschiebebahnhof Sondervermögen | |
Vasili Franco, der Innenexperte der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, | |
sieht das ähnlich. Es helfe wenig, wenn der Abbau des Sanierungsstaus bei | |
den Polizeiwachen von Spranger „mantraartig als Priorität benannt“ werde, | |
das im Haushalt dann aber mit keinem Euro untersetzt sei. „Die | |
Innensenatorin schiebt die gesamte Aufgabe des Sanierungsstaus in das | |
Sondervermögen ab“, kritisiert Franco im Gespräch mit der taz. Es habe aber | |
„nichts mit Klimaschutz zu tun, wenn lediglich reguläre Haushaltslöcher | |
gestopft werden sollen“. | |
Ob das Haus von Iris Spranger an ihren sondervermögenden Wünschen in Sachen | |
Wachen festhält, steht in den Sternen. Erst Anfang Oktober will die | |
Innenverwaltung einen Bericht darüber vorlegen, wie die angedachte | |
Mittelverwendung im Rahmen des Sondervermögens im Einzelnen aussehen soll. | |
Etwas weiter ist Schwarz-Rot inzwischen wenigstens mit Blick auf die | |
[4][Investitionsplanung für die Jahre 2023 bis 2027]. Auch die sollte | |
eigentlich schon längst beschlossen worden sein, wurde vor zwei Wochen aber | |
von der Tagesordnung des Senats genommen. Es gab da „einiges an | |
Nachfragebedarf“, sagt Finanzsenator Stefan Evers (CDU) am Dienstag im | |
Anschluss an die Senatssitzung, auf der der Beschluss der mittelfristigen | |
Finanzplanung nun nachgeholt wurde. | |
Evers macht bei der Gelegenheit erneut deutlich, dass die fetten Jahre bald | |
vorbei sind. „Berlin muss künftig besser funktionieren, auch mit weniger | |
Geld“, sagt Evers. Zwar liege der Anteil der Investitionen am | |
Landeshaushalt bei durchschnittlich 9,5 Prozent, wobei der Schulbau | |
unverändert den größten Einzelbatzen darstelle. Insgesamt müsse Berlin aber | |
mit den Ausgaben runter. Es werde deshalb „zu priorisieren sein, in der | |
kommenden Zeit, in den kommenden Jahren“. | |
## Hartes Sparprogramm droht | |
Wie berichtet, wollen CDU und SPD zur Finanzierung all ihrer großzügig | |
versprochenen Projekte in den nächsten zwei Haushaltsjahren massiv an die | |
[5][Milliarden-Rücklagen des Landes] gehen. „Aber das geht nur einmal“, | |
referiert Evers das Offensichtliche – und mahnt, ebenfalls erneut, zur | |
„Rückkehr in den haushaltspolitischen Normalmodus“. | |
Ab 2026 könnte also drohen, wovor viele schon länger warnen: ein hartes | |
Sparprogramm. Ein ausgewiesener Haushaltsexperte fasst die Finanzpläne des | |
Senats gegenüber der taz so zusammen: „Das alles ist auf Kante genäht und | |
folgt dem Motto: Nach uns die Sintflut.“ | |
19 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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