| # taz.de -- 29-Euro-Ticket in Berlin vor dem Aus: Fahrt aufs Abstellgleis | |
| > Im Zuge der Sparpläne für 2025 beerdigt Schwarz-Rot das 29-Euro-Ticket. | |
| > Für Unmut sorgt aber vor allem die geplante Preiserhöhung beim | |
| > Sozialticket. | |
| Bild: Alles nur Simulation: Wirtschafts- und Betriebesenatorin Franziska Giffey… | |
| Berlin taz | Das war es dann mit dem 29-Euro-Ticket. Im Zuge der | |
| [1][Beratungen zum 3-Milliarden-Euro-Sparpaket] für das kommende Jahr haben | |
| sich CDU und SPD am Sonntagabend darauf geeinigt, das erst im Juli | |
| eingeführte Sonderticket für den ÖPNV-Tarifbereich AB wieder abzuschaffen. | |
| Insgesamt verspricht sich die Regierungskoalition durch diesen Schritt | |
| Einsparungen in Höhe von 100 Millionen Euro. Das geht aus einer Liste mit | |
| den bis zuletzt noch offenen und nun geeinten Sparvorhaben hervor. Das | |
| Dokument liegt der taz vor. | |
| Das Ticket war [2][das zentrale Versprechen der SPD] und ihrer damaligen | |
| Spitzenkandidatin Franziska Giffey im Berliner Wiederholungswahlkampf | |
| Anfang 2023. Die CDU war ohnehin nie eine große Freundin des | |
| „Giffey-Tickets“, ebenso wenig wie die im Mai gewählten neuen | |
| SPD-Landeschef:innen Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel. | |
| Auch die Grünen und der Umweltverband BUND kritisierten immer wieder die | |
| teure hauptstädtische Extrawurst und warben dafür, stattdessen das | |
| deutschlandweit gültige 49-Euro-Ticket für bestimmte | |
| Nutzer:innengruppen zu rabattieren. Ein Vorschlag, der im Senat auf | |
| taube Ohren stieß. Nun wird es weder ein Rabattsystem noch das | |
| 29-Euro-Ticket geben. | |
| ## „Wahrscheinlich nicht zum 1. Januar“ | |
| Wann genau das Ticket abgeschafft wird, ist vorerst offen. Zwar wird die | |
| BVG in dem Koalitionspapier vom Sonntag „angewiesen, die Beschlusslage | |
| schnellstmöglich umzusetzen“. Zugleich wird aber auch „anerkannt“, dass … | |
| Abschaffung „wahrscheinlich nicht bereits zum 1. Januar erfolgen kann“. | |
| Schon zuvor hatte die Koalition durchblicken lassen, dass im Fall eines Aus | |
| für das 29-Euro-Ticket bereits abgeschlossene Jahresabos bis zum jeweiligen | |
| Vertragsende gültig bleiben. | |
| Giffey selbst teilt am Montag mit, dass sich niemand Einsparungen leicht | |
| mache: „Dennoch müssen wir verantwortungsvoll mit den öffentlichen | |
| Ressourcen umgehen.“ Es gehe schließlich darum, „die soziale und sichere | |
| Stadt zu erhalten“, so die SPD-Wirtschaftssenatorin. Zur Wahrheit gehört: | |
| Das in der Koalition vor allem von ihr und SPD-Fraktionschef Raed Saleh | |
| durchgedrückte Konkurrenzangebot zum 49-Euro-Ticket hat sich nie zu einem | |
| Verkaufsschlager entwickelt. | |
| Während sich das Bedauern über das Abräumen des „Giffey-Tickets“ im | |
| politischen Raum insgesamt dann auch in Grenzen hält, sorgt die | |
| [3][ebenfalls anstehende Preiserhöhung für das Sozialticket] von derzeit 9 | |
| auf dann 19 Euro für umso lautere Kritik. Auch hier ist noch unklar, wann | |
| die Maßnahme umgesetzt werden soll. | |
| Dem Vernehmen nach baut Schwarz-Rot aber darauf, rund 25 Millionen Euro an | |
| Zuschüssen im Etat von Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) damit | |
| einsparen zu können. Antragsberechtigt für das „Berlin-Ticket S“ sind unt… | |
| anderem Wohn- oder Bürgergeldbezieher:innen – alles in allem wird es | |
| derzeit von gut 200.000 Berliner:innen in Anspruch genommen. | |
| ## Sozialticket: Geringer Spareffekt, großer Schaden | |
| Hier zuzuschlagen sei ein Unding, findet der haushaltspolitische Sprecher | |
| der Linksfraktion, Sebastian Schlüsselburg. „Für eine unterm Strich derart | |
| kleine Summe soll einfach mal die Teilhabe und Mobilität von | |
| armutsbetroffenen Menschen eingeschränkt werden. Das geht überhaupt nicht“, | |
| sagt Schlüsselburg zur taz. | |
| Ähnlich sieht das André Schulze von den Grünen. Die Erhöhung treffe | |
| ausgerechnet jene Berliner:innen, die ohnehin über die geringsten | |
| finanziellen Möglichkeiten verfügen, sagt der Haushaltspolitiker zur taz. | |
| „Raed Saleh hatte versprochen, dass es keine Kürzungen im Sozialen geben | |
| wird. Das Versprechen hat er mit diesem krassen Anstieg klar gebrochen“, so | |
| Schulze. | |
| Nicht minder erschreckend sei das geplante überproportional große | |
| Streichkonzert beim Umwelt- und Klimaschutz. Von den 350 Millionen Euro, | |
| die ursprünglich im Haushaltsjahr 2025 für entsprechende Projekte zur | |
| Verfügung stehen sollten, sollen bis zu 80 Millionen gestrichen werden, | |
| fast 20 Prozent. Schulze erinnert daran, dass Schwarz-Rot 2023 angetreten | |
| war, mehr in den Klimaschutz zu investieren: „Auch davon ist jetzt nichts | |
| mehr übrig.“ | |
| ## Kritik auch aus den Reihen der Koalition | |
| Selbst die Umwelt- und Klimaschutzpolitiker:innen der Koalition | |
| kritisieren die Pläne. Der CDU-Abgeordnete Danny Freymark spricht von | |
| „einem harten Schlag“. Natürlich sei ihm bewusst, dass der Landeshaushalt | |
| dringend konsolidiert werden müsse. Aber er wolle doch daran erinnern, dass | |
| es 2023 einen [4][wenn auch am Ende erfolglosen Volksentscheid] gab, in dem | |
| sich fast 450.000 Berliner:innen für mehr und nicht weniger Klimaschutz | |
| ausgesprochen haben. | |
| Deutlicher noch wird seine Fachkollegin Linda Vierecke. „Ich verstehe | |
| nicht, warum man ausgerechnet diesen Bereich doppelt so stark belastet wie | |
| andere“, sagt die umwelt- und klimaschutzpolitische Sprecherin der | |
| SPD-Fraktion zur taz. Die geplanten Einschnitte seien „ein absolut fatales | |
| Signal“ für Berlin. In Zeiten der globalen Klimakrise müsse sich die Stadt | |
| auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten. „Mir scheint, dass hier | |
| noch nicht alle die Dramatik der Situation ganz begriffen haben.“ | |
| 18 Nov 2024 | |
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| [2] /Revival-des-29-Euro-Tickets-in-Berlin/!5964026 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rainer Rutz | |
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